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Schauen sie sich mal diese Sauerei an

Schauen sie sich mal diese Sauerei an

Titel: Schauen sie sich mal diese Sauerei an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Nießen
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spielen sich erwachsene Männer alberne Streiche und werfen im Unterricht mit Papierkügelchen. Stellen Sie sich nun folgende Situation vor: Sie sind stolzer Vater von zwei Jungen im wilden Alter von neun und zehn Jahren. Es ist Weihnachten, und Sie schenken den beiden einen Fernseher. »Da könnt ihr dann schön zusammen fernsehen«, das waren Ihre harmonischen Worte am Heiligen Abend. Ich gebe Ihnen zwei Wochen, dann kaufen Sie einen zweiten Fernseher. Dieses Prinzip gilt auch auf Feuerwachen. Eigentlich bräuchte jeder Kollege im Dienst seinen eigenen Fernseher, die Programmwünsche variieren halt zwischen volkstümlichen Musiksendungen und leicht bekleideten Damen in Pumps, die sich mit einem Jeep in einem Schlammloch festgefahren haben. Private Fernsehgeräte sind auf meiner Wache jedoch verboten, erstens, damit die Nachtruhe eingehalten wird, und zweitens, damit die GEZ nicht alle paar Monate zum Hausbesuch erscheint. Dieses Verbot hat dazu geführt, dass es zumindest mehrere Fernsehräume gibt, doch damit sind die Probleme nicht aus der Welt. Was trennt unsere Gesellschaft am meisten? Raucher oder Nichtraucher - ergo, es gibt einen Raucherfernsehraum und einen Nichtraucherfernsehraum. Die Einrichtung der Fernsehräume unterscheidet sich leider dramatisch. Der Nichtraucherfernsehraum ist groß, bietet allen Kollegen ausreichend Platz, hat aber den Charme eines Schlachthofs. Funktionale Tische und Stühle, karge Wände, alles erinnert ein wenig an ein Verhörzimmer der Stasi. Das völlige Gegenteil ist der Raucherfernsehraum. Der Raucher an sich stirbt ja früher, hat aber einfach mehr Sinn für Gemütlichkeit und geselliges Beisammensein. Niemand weiß mehr, woher die Möbel stammen, vielleicht will sich auch niemand daran erinnern, aber ein Couchtisch, ein mit Fernbedienung elektrisch verstellbarer Sessel sowie zwei Dreisitzer sorgen für angenehmen Sitzkomfort. Angeblich ist der Sessel ein Mitbringsel eines Kollegen. Geschichten erzählen davon, dass seine Mutter - Gott hab sie selig - in diesem Sessel verstorben sei ... es beschleicht einen schon ein komisches Gefühl, wenn Kollegen, die schon mal in dem Sessel eingeschlafen sind, davon berichten, dass sie von einer älteren Dame geträumt haben. Alles ist ein wenig knüselig, die konservierende Patina aus Nikotin und Kaffeeflecken schützt die empfindlichen Oberflächen. Die Couchen sind durch jahrelange Behandlung mit Kollegenschweiß so speckig geworden, dass Flüssigkeiten restlos davon abperlen, quasi ein durch Dreck erzeugter Lotusblumeneffekt. Um die vom Rauch geröteten Augen nicht zusätzlich zu strapazieren, ist die Beleuchtung im Raum grundsätzlich auf ein Minimum reduziert. Kurz, man fühlt sich wie in einem illegalen Spielcasino, in dem die Sauerstoffkonzentration niemals über 16 Vol.% ansteigt. Der aufmerksame Leser hat mitgezählt: Wie viele Sitzplätze hat dieses kleine Refugium, in dem Raucher noch Raucher sein dürfen? Richtig, es sind sieben - unter guten Freunden auch mal neun, dann wird der Drei- zum Viersitzer. Kommen wir nun zum Kern des Problems. Auch bei der Feuerwehr gibt es Spalter und Spielverderber. Von 21 Kollegen im Dienst pochten vier auf ihre Bürgerrechte: Man könne niemanden zwingen, das Endspiel der EM 2008 im Fernsehen zu verfolgen. Unnötig zu erwähnen, dass die vier auch noch Nichtraucher waren und auf der Nutzung ihres Fernsehraumes bestanden. 21-4 = 17. Um 20:45 Uhr spitzte sich die Lage zu. Verteilen Sie mal 17 Mann auf bestenfalls neun Sitzplätze. Längst nicht alle Zuschauer waren Raucher, im Gegenteil: Militante Nichtraucher prostituierten sich durch das Paffen von R6-Zigaretten, nur um in den Genuss eines Sitzplatzes zu kommen. »Im Herzen hab ich immer geraucht«, brachte Franz, der sich nach Jahren der Abstinenz fast übergab, hustend hervor. Mit Sprechchören wie »Nichtraucher raus« begann die erste Halbzeit im Spiel Spanien vs. Deutschland. Den Spielverlauf mit allen Höhen und Tiefen will ich hier nicht wieder in das leidende Gedächtnis rufen, wir alle kennen das Ergebnis dieses tragischen Abends. Mein persönliches Schicksal nahm noch in der ersten Halbzeit eine unheilvolle Wendung. Wie sollte es anders sein, wer besetzte zur besten Sendezeit am Finaltag der EM 2008 den Rettungswagen? Richtig: Hein und ich. Aber wir hatten Grund zur Hoffnung, denn während sportlicher Großereignisse wie einem Europameisterschaftsfinale tendiert die Einsatzfrequenz gegen null. Wer will schon mit einem Herzinfarkt

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