Schauen sie sich mal diese Sauerei an
Augenblick aneinander, dann brachen wir beide in schallendes Gelächter aus. Das Eis war nun endgültig gebrochen, ich hatte schon immer ein Faible für ältere Damen. »Na jot, wenn ich üch ne jefalle don, ich komm mit üch, ever nur für hück, is och ejal, afhaue kann ich och us et Krankehus, wenn et sin mot.« Mit diesen Worten gab Klara ihren Widerstand auf. Die Nachbarin, die dieser Vorstellung wortlos beigewohnt hatte, wurde gebeten, sich nützlich zu machen und für Frau Hansen eine Tasche zu packen. »Zahnbürste, Schlüpfer, Nachthemd, Zähne, Brillen, Waschlappen usw. Sie wissen schon«, erläuterte ich kurz, was gebraucht wurde. Sie verließ uns nickend mit einem Gesichtsausdruck wie eine 14-jährige Violinenschülerin nach einem Punkkonzert in der Autonomenszene. Endlich war alles so weit - Abfahrt. Im Krankenhaus lief alles glatt, zu glatt für meinen Geschmack. Aber da holte Klara auch schon Luft: »Ähhmmm Dr. ... Wie war Ihr Name, ähm, Lehenbrink - das wollte ich Ihnen noch sagen, von Frauen verstehen Sie auch nichts, im Gegensatz zu dem jungen Mann hier - leben Sie wohl!« Ob mir Klara mit diesem Schlusssatz einen Gefallen tun wollte, weiß ich nicht, ich weiß auch nicht, ob sie wie geplant nach Kanada geflogen ist, ich weiß nur, dass nach über zwei Stunden Einsatzdauer vom Frühstücksbuffet so gut wie nichts mehr übrig war.
14. Unsportliches Verhalten
EM 2008
Mische ein bisschen Torheit in dein ernsthaftes Tun und Trachten! Albernheiten im rechten Moment sind etwas ganz Köstliches. Horaz
I ch weiß, was Sie als Leser bei dieser Überschrift von mir erwarten. EM 2008, Fußball und Rettungsdienst, da kann es nur um Ausschreitungen, Schlägereien und Besoffene gehen. Sie erwarten Erbrochenes, Blut, Gewalt, die ungebändigte Brutalität einer Hooliganhorde, die marodierend und brandschatzend durch die Stadt zieht. Fanblocks, die sich gegenüberstehen und grölend mit der Bestuhlung eines geplünderten Eiscafes bewerfen. Durchgeknallte Fahnenschwenker, die lauthals androhen, allen Franzosen den Kopf abzureißen und ebendiesen die frisch verdaute Bouillabaisse in den Hals zu scheißen. Polizisten, gepolstert wie Footballspieler, die zu fünft einen harmlosen, schmächtigen Jugendlichen in Gewahrsam nehmen. Der arme Kerl war nur zur falschen Zeit am falschen Ort - schließlich hatte er sich nur verteidigt, als er auf dem Rücken eines anderen Fußballfans saß und dessen obere Zahnreihe am Bordstein abwetzte. Solche Ausschreitungen finden in der Regel nach dem Spiel statt. Abpfiff und dann, warum auch immer, ruckzuck Fresse dick. Doch was Hooligans als gesunde Härte bezeichnen, wird nicht Thema dieser Geschichte sein, vielmehr werde ich berichten, wie unterschwellige subtile Gewalt ein Fußballfest zerstören kann. Sie fragen sich: Wer sind diese Menschen, die danach trachten, hinterlistig und perfide die Freude und Anteilnahme am sportlichen Wettkampf zu zerstören? Wer ist es, der ein Sommermärchen raffiniert geplant in einen Albtraum verwandelt? Ich sage es Ihnen. Sie stehen im Supermarkt vor Ihnen an der Kasse, sie wohnen im Appartement über Ihnen, sie sind überall, eiskalt und unberechenbar - Patienten! Wir schrieben den 29. Juni im Jahr des Herrn 2008, Tag des Endspiels der Fußballeuropameisterschaft. Für eine größere Feuerwehr ist ein solcher Tag kein gewöhnliches Ereignis. Zusätzliche Rettungswagen müssen mit Personal besetzt, Fanmeilen müssen gesichert werden, und auch der Alltag auf den Feuer- und Rettungswachen verändert sich. An normalen Tagen wechseln sich Dienst- und Bereitschaftszeiten ab: Es werden Fahrzeuge und Geräte gepflegt, Unterricht erteilt und Übungen durchgeführt; es werden Dienstpläne geschrieben und Einsatzberichte verfasst; kurz gesagt, die Dienstgeschäfte nehmen ihren Lauf. Die Beteiligung der deutschen Fußballnationalmannschaft am Endspiel der EM 2008 veränderte einiges. Das Büro des Dienststellenleiters glich einem Wettbüro englischer Buchmacher; die Kleiderordnung war aufgehoben, wer kein Trikot trug, sah aus wie ein Aussätziger; kleine Deutschlandflaggen zierten nicht nur Fahrzeuge, sondern auch Kühlschränke, Fernseher und Feuerwehrhelme, mit einem Wort - Ausnahmezustand. Feuerwachen sind ein extrem sensibles soziales Gefüge. Sie müssen immer daran denken, dass Sie es mit einer Bande großer Kinder zu tun haben, die sich zwar ihren kindlichen Berufswunsch erfüllt, sich aber ansonsten nicht großartig weiterentwickelt haben. Hier
Weitere Kostenlose Bücher