Scheidung auf Griechisch
Krücken stützen musste, ging ein Raunen durch den Saal. Während die meisten verlegen zu Boden sahen, blickten einige die Neuankömmlinge überrascht an.
Leandros rettete die Situation, indem er Isobel unterhakte und die andere Hand auf Silvias legte und schweigend in die Runde sah. Ein falsches Wort, und ihr lernt mich kennen, schien er der illustren Gesellschaft sagen zu wollen, und zu Isobels Erstaunen verstanden sie die stumme Warnung. Das Getuschel verstummte, und die Menge zerstreute sich allmählich.
Vor drei Jahren hätten sie nicht solchen Respekt vor ihm gehabt, wie Isobel sich eingestehen musste. Offenbar besaß er inzwischen eine natürliche Autorität, deren Wirkung sich niemand entziehen konnte.
“Allmählich wird mir klar, was du gemeint hast”, gestand Leandros und reichte ihr ein Glas Champagner. “Ich fürchte, ich habe die Meute unterschätzt.”
“Das Schlimmste ist überstanden”, erwiderte Isobel, auch wenn sie beide wussten, wie trügerisch diese Hoffnung war. Deshalb stieß sie zwar mit Leandros an, stellte das Glas jedoch wieder ab, ohne einen Schluck getrunken zu haben. Für das, was ihr noch bevorstand, brauchte sie vor allem einen klaren Kopf.
“Isobel!” Eine helle Frauenstimme riss sie aus ihren Gedanken. Noch ehe Isobel sich umdrehte, wusste sie, dass ihr die erste und möglicherweise einzige angenehme Begegnung des Abends bevorstand.
“Wie schön, dich endlich wieder zu sehen!”, begrüßte Eve Herakleides sie und fiel ihr vor Freude um den Hals. Erst als ihre Freundin sie aus der Umarmung entließ, stellte Isobel fest, dass diese in Begleitung zweier Männer gekommen war. Der eine war Leandros’ Onkel Theron, Eves Großvater, den anderen hatte sie nie zuvor gesehen. Trotzdem war sie sicher, dass es sich um Ethan Hayes handelte.
“Ich möchte dir meinen Mann vorstellen”, bestätigte Eve sichtlich stolz ihre Vermutung. Als Leandros schließlich Silvia mit der Familie Herakleides bekannt machte, hatte Isobel das eigenartige Gefühl, dass Theron die Hand ihrer Mutter länger als nötig hielt.
“Ich hoffe, es geht dir gut”, sagte er schließlich zu Isobel und küsste sie zur Begrüßung auf die Wange.
“Wie man’s nimmt”, erwiderte sie.
Wie angebracht die vorsichtige Formulierung war, musste sie erleben, als sich eine weitere Person in die Runde mischte. “Hallo, allerseits”, grüßte Chloe unpersönlich und würdigte sie keines Blickes. Unwillkürlich fragte sich Isobel, ob Nikos’ künftiger Frau Carlotta dasselbe Schicksal drohte. Chloe war das dritte und jüngste Kind von Thea und ihrem verstorbenen Mann Aristoteles. Die männlichen Mitglieder der Familie hatten sie verhätschelt und auf Händen getragen. Entsprechend eifersüchtig reagierte sie, wenn jemand ihr die Liebe und Aufmerksamkeit ihrer Brüder streitig zu machen drohte.
Nach Aristoteles’ Tod war Leandros ihr eine Art Ersatzvater geworden, und so hatte sie in seiner Frau schnell ihre Hauptfeindin ausgemacht. Auch wenn seither drei Jahre vergangen waren, rechnete Isobel nicht damit, dass sich daran etwas geändert hatte.
Die Bestätigung erhielt sie schneller als befürchtet. Leandros’ mahnende Blicke ließen es Chloe ratsam erscheinen, sie wenigstens flüchtig zu begrüßen. Widerwillig reichte sie ihr die Hand, als ihr etwas auffiel. “Ich nehme an, das ist eine Kopie”, sagte sie abfällig und sah missbilligend auf das Kollier.
“Keineswegs”, sprang Leandros Isobel bei, die viel zu überrascht war. “Es handelt sich um denselben Schmuck, den ich kurz nach der Hochzeit habe anfertigen lassen. Erinnerst du dich noch?”, fügte er hinzu, um sicherzugehen, dass Chloe ihn anblickte. “Spaßeshalber haben wir ihn unseren Familienschmuck genannt.”
Der entsetzte Gesichtsausdruck seiner Schwester war der sichtbare Beweis dafür, dass seine Taktik aufgegangen war. Nun wusste Chloe, dass er bis ins Detail darüber informiert war, wie sie mit ihr umgesprungen war. Und genauso musste ihr klar sein, dass er sie dafür bei nächster Gelegenheit zur Rechenschaft ziehen würde.
Vielleicht war es eine glückliche Fügung, dass in diesem Moment das Büfett eröffnet wurde. Zumindest Chloe schien so zu denken, denn sie verschwand augenblicklich in der Menschenmenge, die in den angrenzenden Raum strömte. Schließlich entschuldigten sich auch Eve und Ethan, und nachdem sich Theron wie ein echter Kavalier angeboten hatte, Silvia zu begleiten, waren Leandros und Isobel wieder allein.
“Mein
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