Scheinbar verliebt
Alarmglocken schrillen.
„Seit ich mit Gott in Kontakt getreten bin, ist mir klar, dass ich einiges gutzumachen habe“, fuhr Clare fort. „Komm und wohne ein paar Tage bei mir. Ich bringe dir alles über das politische Geschehen bei, was ich weiß, und wenn du bereit dazu bist, kannst du mir Fragen über deinen Vater stellen. Aber ich werde dich nicht bedrängen. Ich werde geduldig sein, damit auch ich die Chance bekomme, dich besser kennenzulernen.“
Lucy kaute auf ihrer Wange herum und betete dafür, dass das Schmerzmittel endlich seine volle Wirkung entfaltete. Warum wurde ihr Leben immer komplizierter? Genau aus diesem Grund hatte sie bisher immer ein ehrliches Leben geführt. Unehrlichkeit brachte nur Ärger.
„Schieb deine Verbitterung vorerst beiseite“, sagte Clare. „Wenn diese Wahl vorbei ist, kannst du mich weiter hassen. Dafür mache ich dir keinen Vorwurf. Aber du bist vielleicht der Grund, der Alex diese Wahl gewinnen lässt. Wir können diesen Traum wahr werden lassen. Gemeinsam.“
„Warum kümmert es dich, ob er gewinnt oder verliert?“
„Unsere Familien sind alte Freunde.“ Clare lächelte wissend. „Und er ist bereit, der Welt zu zeigen, wer er wirklich ist. Das ist etwas, womit ich mich verbunden fühle.“
„Ich brauche frische Luft. Ich gehe und suche Alex.“
Lucy ließ ihre Füße auf den Boden gleiten und machte sich schwankend auf den Weg zur Tür. Dann marschierte sie den Flur entlang auf der Suche nach ihrem Scheinfreund. Sie wollte schon innehalten und nach kreischenden Mädchen lauschen, doch da sie nichts dergleichen hörte, suchte sie einfach weiter.
Im Wartezimmer fand sie ihn. Er stand alleine da und hatte ihr den Rücken zugewandt.
„Hey, Kat.“
Lucy erstarrte in der Bewegung, als sie verstand, dass er gerade telefonierte.
„Schön, deine Stimme zu hören“, sagte er. „Tut mir leid, dass ich deinen Anruf nicht gleich entgegennehmen konnte. Ich hoffe, ich störe nicht, aber ich muss dringend mit dir reden –“
Hitze stieg Lucy ins Gesicht. Während sie Clare gegenüber immer größere Schuldgefühle entwickelt hatte, weil die alte Dame ihr helfen wollte, Alex eine gute Partnerin zu sein, hatte er sich hierher verdrückt. Und telefonierte. Mit seiner Freundin. Oder einer von seinen Freundinnen.
„Können wir uns treffen?“ Alex nickte. „Perfekt. Nur wir beide.“ Wie ein Gepard, der seine Beute wittert, wandte Alex sich um. Und seine Augen trafen Lucys.
Er schien nicht überrascht. Eher verärgert.
„Ich melde mich später.“ Er steckte das Handy in die Hosentasche. „Bist du entlassen worden?“
Lucy ging auf ihn zu und fragte sich, ob er es wirklich wert wäre, ihn in Stücke zu reißen. „Ich hatte einen wirklich schrecklichen Tag. Erst finde ich einen Wasserpark in meiner Wohnung. Dann stehen ein paar Spanner vor meinem Fenster und machen Fotos von mir, die morgen wahrscheinlich die ganze Welt sehen wird.“ Sie machte noch einen Schritt auf ihn zu, sodass sie sein Aftershave riechen konnte. Es kostete wahrscheinlich mehr als ihre Krankenhausrechnung. „Dann schleppt mich jemand ins Krankenhaus, obwohl es ein Pflaster auch getan hätte. Und als Nächstes verbietet mir der gleiche Kerl, zurück in mein Apartment zu gehen.“
„Hört sich wirklich nicht wiederholenswert an.“ Seine Stimme war rau und tief und sein Blick hing an ihren Lippen.
„Und zum krönenden Abschluss“, zischte sie, „komme ich hierher und höre, wie du nichts Besseres zu tun hast, als mit einer Gespielin aus deinem Harem zu telefonieren.“ Zum Ende ihrer Standpauke hin war ihre Stimme immer lauter geworden.
Seine Mundwinkel zuckten belustigt. „Eifersüchtig?“
Lucy hielt es für ein Wunder, dass er sich in diesem Moment nicht unter ihren Blicken zu Asche verwandelte. „Eifersüchtig? Auf sie? Auf dich?“ Der Kerl hatte Nerven. „Ich bedaure diese Frau, wer auch immer sie ist. Wenn du nicht einmal einer Scheinfreundin treu sein kannst, dann sicher noch viel weniger einer richtigen Freundin.“
Alex warf einen Blick über ihre Schulter. „Du solltest hier lieber nicht so herumschreien.“
„Das hast du nicht zu entscheiden.“ Alex hielt es noch nicht einmal für nötig, ihren Blick zu erwidern! „Du kannst mich nicht herumkommandieren, das habe ich dir schon gesagt. Und nur zu deiner Information, ich will nicht bei Clare wohnen. Außerdem, was bringt es mir, wenn ich mich in diese ganze Sache hier so reingebe, und mein toller Verlobter mit
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