Scheinbar verliebt
Wohnen entsprungen sein können. Sie war umgeben von edlem, elegantem Weiß, wo sie auch hinsah. Ein Himmelbett war der Mittelpunkt des Zimmers, das mit einem schönen Quilt bedeckt war und auf dem so viele weiche Kissen lagen, dass jedes Mädchen sich dort sofort gerne hineingeworfen hätte. Dem Bett gegenüber stand ein weißer Kamin und darüber hing ein antiker Spiegel.
„Es ist … hübsch“, sagte Lucy in die Stille hinein.
„Ich weiß, dass du nicht hier sein willst. Aber ich denke, es ist ein Segen.“
„Clare, ich weiß noch nicht, was ich mit dieser ganzen Sache anfangen soll. Meine Mutter hat mich angelogen .“ Sie seufzte. „Über meinen Vater. Darüber, wer ich bin. Und das Komische ist, dass ich sie trotzdem nie mehr vermisst habe als gerade jetzt. Ich will noch einmal die Chance bekommen, mit ihr zu reden – sie zu fragen, warum sie dein Geld genommen hat. Warum sie sich hat kaufen lassen. Sie hätte mir doch wenigstens die Wahrheit sagen können.“
Clare setzte sich auf einen Stuhl neben das Bett. „Zuerst einmal glaube ich, dass deine Mutter schreckliche Angst davor hatte, es jemandem zu erzählen. Die Vereinbarung, die sie unterschrieben hat, hat sie an das Schweigen gebunden, gegen eine großzügige Entlohnung.“
„Aber ich war ihre Tochter. Es wäre mein Recht gewesen, darüber Bescheid zu wissen. Und nach einer Weile hatte sie doch nichts mehr zu verlieren. Sie wusste sicher, dass du niemals einen Skandal riskiert hättest.“
„Ja, da hast du recht.“ Clare fuhr mit den Fingern über die Schnitzereien in der Armlehne. „Ich denke, deine Mutter wollte etwas Besseres für dich. Mein Sohn ist von einem Skandal in den nächsten gestolpert. Anna wollte vermutlich, dass du einen Helden zum Vater bekommst. Einen guten Mann. Es gab keinen Grund für sie, dich mit meiner Familie in Verbindung zu bringen.“
„Wie konntest du sie einfach mit Geld abspeisen, als sei sie ein Niemand? Meine Mutter war eine hart arbeitende, gottesfürchtige Frau.“ Lucy beobachtete, wie die Sonne allmählich unterging. Sie war völlig ausgelaugt.
„Das ist doch alles so lange her. Ich war damals anders – das waren wir alle. Ich musste meine Familie und unseren guten Ruf beschützen. Ich war nicht mit einem einfachen Mann verheiratet, ich war die Frau eines Gouverneurs.“ Clare erhob sich und ging zu einem Kleiderschrank. „Du musst mir heute Abend nicht vergeben. Du musst mich nicht einmal mögen. Aber bitte, sprich mit Gott darüber.“
Das hatte Lucy schon versucht. Aber ihr waren nicht die richtigen Worte eingefallen. Alles, was sie Gott zu diesem Thema hatte sagen können, war ein simples Willst du mich auf den Arm nehmen.
„Alex hat eine Tasche hergeschickt, während wir in der Apotheke waren.“ Clare öffnete die Türen des Schrankes. „Er hat ein paar Sachen zusammengepackt, von denen er dachte, du würdest sie brauchen. Ich lasse dich jetzt alleine, damit du ankommen kannst. Und ... Lucy?“ Clare blieb in der Tür stehen, ganz die Dame eines Herrenhauses.
„Ja?“
„Egal, wie du dich nun entscheidest, ob du mir vergibst oder nicht, wir sollten morgen Abend mit unserem Unterricht anfangen. Ich hoffe, du bist erwachsen genug, deine Gefühle zurückzustellen und Alex zu helfen.“
Lucy sagte nichts, während Clare sie verließ.
In dem Kleiderschrank fand sie einen kleinen Koffer, den sie auf das Bett wuchtete. Lucy hatte keine Ahnung, was Alex ihr hatte schicken lassen. Wahrscheinlich das, was seine Assistentin eingepackt hatte.
Sie machte den Koffer auf und fand eine Jeans, ihre roten Lieblingsschuhe und eine weiße Bluse. Außerdem zog sie ein Star Wars-Nachthemd hervor. Ein Zettel flatterte auf den Quilt.
Lucy,
habe zehn Minuten lang nach etwas gesucht, das Spitze hat und sexy ist. Das ist alles, was ich gefunden habe. Hast du jemals von Victoria’s Secret gehört? Sie verkaufen Nachtwäsche. Aus diesem Jahrhundert.
Es tut mir leid, dass dein Tag so schrecklich war – bis zu dem Moment natürlich, als du mich geküsst hast. Zweimal.
Ich war peinlich berührt durch diesen plötzlichen Gefühlsausbruch mir gegenüber, aber als ein Mann des Volkes werde ich natürlich meine Pflicht erfüllen.
Schlaf gut. Ich rufe dich Mittwochmorgen an.
Dein Han Solo
Dieser Mann. Er war nicht so, wie sie es erwartet hatte. Worauf sie sich verlassen hatte. Und das bereitete ihr große Kopfschmerzen. Sie fragte sich immer noch, wann er sie abschieben und gegen ein Upgrade eintauschen
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