Scheinbar verliebt
widersprechen, um Worte zu sagen, die sie so verletzen würden, wie er verletzt war.
Aber er konnte es nicht. Nicht bei Lucy. Der Frau, die heimatlose Mädchen rettete und tapfer Abend für Abend an seiner Seite stand. Er presste die Lippen zusammen und wandte sich in Richtung Wasser. Während Alex die salzige Luft einatmete, starrte er in den verblassenden Sonnenuntergang und schwieg eine ganze Weile. „Es gibt nichts, was ich für sie tun kann“, sagte er endlich.
„Keiner verlangt von dir, dass du irgendetwas wiedergutmachst.“ Alex fragte sich, ob Lucy wusste, dass sie ihn nicht länger mit ihrer alten Voreingenommenheit ansah. „Sie leiden genauso wie du und wollen einfach nur in deiner Nähe sein.“
Alex schüttelte den Kopf mit einem Gesichtsausdruck, der so leer war wie sein Herz. Er beobachtete ein Schiff, das an ihnen vorbeifuhr. „Ich kann das im Moment einfach nicht.“
Lucy trat einen Schritt auf ihn zu und ihr zarter Duft umwehte ihn. „Ich weiß nicht, warum du solche Schuldgefühle hast, aber sie kommen nicht von Gott. Sie verleiten dich dazu, deine Familie zurückzustoßen.“
Blitze kamen aus seinen Augen. Wie konnte sie es wagen, ihm zu sagen, dass er seine Schuldgefühle loswerden sollte? Als müsste er einfach nur mit den Fingern schnippen? Jeden Tag betete er zu Gott, dass er sie wegnehmen würde, zusammen mit dem unbarmherzigen Feuer, das ihn zu verschlingen drohte. Er musste seinen Bruder finden und er musste diese Wahl gewinnen. Nichts anderes zählte.
Er riss seine Augen von dem Schiff los und lenkte seinen Blick auf Lucy. „Dein Job“, sagte er, „ist es, heute an meiner Seite zu sein. Das ist alles. Ich brauche weder deinen Rat noch deine Neugier.“
„Ach ja, richtig.“ Er wusste, dass sie darüber nachdachte, wie sie ihn über Bord schmeißen könnte. „Denn ich bin ja nur eine vorübergehende Begleitung.“
Sie war mittlerweile viel mehr als das. Aber Alex wusste nicht, was genau sie für ihn bedeutete, und hatte auch keine Zeit, heute Abend darüber nachzudenken und es herauszufinden. „Stehst du nun an meiner Seite oder nicht?“
„Mach dir keine Sorgen.“ Ihre Worte klangen giftig. „Ich lass dich nicht im Stich.“ Sie trat einen Schritt zurück und schien damit einen unüberbrückbaren Abstand zwischen sie zu bringen. „Du denkst vielleicht, du belügst nur die Welt, aber die eigentliche Tragödie ist dabei, dass du dich selbst belügst.“
„Hey, da seid ihr beide ja.“
Alex’ eisige Erwiderung erstarb auf seinen Lippen, als Morgan und Chuck zu ihnen traten. Lucys Worte nagten an seinem Innersten, während sie sich einfach abwandte, ihn völlig ignorierte und mit ihren Freunden plauderte.
„Schöne Party.“ Morgan umarmte Lucy. „Fast so toll wie letzte Woche mit der Jugendgruppe bei McDonald’s.“
„Kann an eine Partie Minigolf aber nicht rankommen“, sagte ihr Verlobter. In seinem schwarzen Anzug sah Chuck erwachsener aus, als Alex ihn bisher gesehen hatte. Aber er schien sich auch unwohler als je zuvor zu fühlen.
Lucys Freund Sanjay quetschte sich an einer Gruppe junger Frauen vorbei, um zu ihnen zu stoßen. Schnell schnappte er sich ein Glas mit einem Shrimpcocktail und zwinkerte einer Blondine zu. In seinen puderblauen Hosen und den grauen Sportsocken mit gelben Sneakers war er ein absolutes Modedesaster.
„Fast hätten wir das Schiff verpasst“, sagte Sanjay, als sich noch ein paar der anderen Hobbits versammelt hatten. „Ich hatte einen Riesenstreit mit der Dame des Hauses.“
„Stress mit der Freundin?“, fragte Alex.
„Ja, so ähnlich. Ich habe ihr gesagt, dass ich den Müll raustrage, wenn ich Zeit dafür habe. Ich bin der Mann im Haus und sie soll mir nicht immer sagen, was ich zu tun habe.“
„Wenn du nachher nach Hause kommst, ist alles wieder gut.“ Chuck klopfte Sanjay ermutigend auf die knöchrige Schulter. „Lass deiner Mutter einfach Zeit, um sich wieder zu beruhigen.“
„Wie läuft es mit der Hochzeitsplanung?“, fragte Alex Lucys Freundin Morgan.
„Es ist anstrengend, aber es läuft gut.“ Morgans Gesicht wurde ganz weich, als sie ihre Freundin nun richtig in Augenschein nahm. „Lucy, du siehst wunderschön aus heute Abend.“
„Ja, das tut sie.“ Alex streckte seine Hand nach Lucy aus. „Ich bin mit der schönsten Frau auf dem ganzen Schiff gesegnet.“
„Riecht noch jemand toten Fisch?“ Lucy versuchte, einen Schritt von ihm wegzutreten, doch Alex hielt sie mit seinem starken Arm
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