Scheinbar verliebt
herabhängenden Zweig eines nahestehenden Magnolienbaumes und sang in den Abendhimmel. Dieser Baum hatte Jahrzehnte von Stürmen überstanden und stand immer noch aufrecht und stolz da. Lucy hoffte, dass der Mann, den sie umarmte, genauso stark sein konnte. Sie fragte sich, ob sie noch bei ihm sein würde, wenn seine innere Heilung endlich begann.
„Wir gehen lieber wieder rein und mischen uns unter die Familie.“ Er seufzte müde und umarmte sie noch einmal fest. „Es sei denn, du willst lieber mit mir im Gästehaus herumalbern.“
Sie lächelte, den Kopf an sein T-Shirt gelehnt. „Nein danke.“
„Ich bin ein trauernder Mann, Lucy.“
Und einer, der langsam viel zu unwiderstehlich wurde. „Dann wird es dich umso mehr betrüben zu erfahren, dass ich zwei Tuben von Onkel Bills Bro-Klebstoff bestellt habe.“
„Hört sich an, als hättest du ein Problem.“
Sie kniff ihn frech in sein Kinn. „Ich habe es auf deinen Namen bestellt.“
31. Kapitel
W er auch immer Shopping als Therapie bezeichnete, war noch nie mit einer früheren First Lady im Einkaufszentrum gewesen.
„Ich habe meinen späten Frühstückstee verpasst.“ Clare reichte Julian ihre Handtasche. „Und der Lärm hier drin ist einfach nicht auszuhalten. Was muss ein Mensch tun, um ein bisschen Ruhe und Frieden zu finden?“
„Ich kenne ein gutes Seniorenheim.“ Julian warf seinen Starbucks-Becher in den Müll.
„Ich bin fast fertig mit meinen Einkäufen.“ Lucy konnte sich kaum zusammenreißen. Mittlerweile zweifelte sie an ihrem Verstand, weil sie Julian und Clare erlaubt hatte, sie zu begleiten. Was hatte sie nur geritten? Und sie brauchte immer noch ein paar Dinge für den Familienausflug ins Ferienhaus der Sinclairs am vierten Juli. Es ging auf die Isle of Palms, einer kleinen Insel vor der Küste, nicht weit von Charleston entfernt. Für Alex hatte Lucy schon ein Geschenk, doch sie brauchte noch ein weiteres.
„Meine Ohrringe funkeln so schön.“ Clare betrachtete ihre Neuanschaffung. „Sie sehen nach mindestens fünf Karat aus. Martha Beaumont wird denken, sie sind echt und ausflippen. Lucy, ist es das, was ihr Kinder Klunker nennt?“
Julian starrte sehnsüchtig in ein Schaufenster voller Kaschmir-Pullover. „Man nennt es schlechten Geschmack.“
„Lasst uns etwas zu Mittag essen, ja?“ Clare besah sich die Restaurants. „Ich wollte schon immer ein Happy Meal probieren. Es steht auf meiner Liste. Unter der Nummer zwölf.“
Zehn Minuten später saß Lucy auf einem Stuhl neben Julian und beobachtete Clare, wie sie einen Milchshake schlürfte. Der Strohhalm quietschte im Plastikdeckel.
„Das ist das Geräusch deiner Arterien.“ Julian schüttete sich ein Dressing über seinen Salat und warf einen skeptischen Blick auf die Bodyguards am Nachbartisch.
„Sollen wir unseren Unterricht in Politikgeschichte fortsetzen?“ Clare tunkte eine Pommes in einen Ketchupklecks.
„Mein Gehirn hat die letzte Stunde noch nicht verarbeitet“, wandte Lucy ein.
„Sie schlagen sich wunderbar, Liebes.“ Julian tätschelte ihre Hand. „Die Umfragewerte in der heutigen Zeitung zeigen, dass Alex mittlerweile leicht vor Robertson liegt.“
Lucy hatte sich für Alex gefreut, als sie es gesehen hatte. Sie hatten zur Feier des Tages gemeinsam in einem Café gefrühstückt, aber anstatt froh über den Erfolg zu sein, wollte Alex noch mehr. Er würde nicht zufrieden sein, bis er einen deutlichen Vorsprung vor seinem Gegner hatte. Und irgendwann hatte Lucy bemerkt, dass sie sich den Sieg genauso wünschte wie Alex. Während ihn der ganze Pomp und die offiziellen Anlässe nervten, genoss er die Zeit, die er in persönlichen Gesprächen mit seinen Wählern verbrachte, umso mehr. Und obwohl Alex es immer noch nicht zugab, hatte er, nachdem er letzte Woche mit drei arbeitslosen Shrimpsfischern gesprochen hatte, ein paar Tage später anonyme Schecks verschickt. Das waren die Taten, die ihm an der Politik am besten gefielen. Er hatte mehr mit Will gemeinsam, als er dachte.
Lucy stützte ihr Kinn in die Hand und seufzte wie Clare.
Jetzt, wo die Wahl näher kam, arbeitete Alex noch härter. Er schlief zu wenig, aß kaum noch etwas und wurde von Tag zu Tag unkonzentrierter.
In den letzten drei Tagen hatte er sich in seinem Büro eingeschlossen gehabt und bis auf das schnelle Frühstück heute Morgen hatte sich keine Gelegenheit ergeben, miteinander zu sprechen. Lucy fragte sich mittlerweile, ob die Arbeitswut wirklich der Kampagne galt, oder
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