Scheinbar verliebt
wäre sie durch den Wald gestiefelt. Doch sie war immer noch ein Bild reiner Anmut.
Er brauchte sie.
Lucy grüßte einige Leute, während sie den Blick durch den Raum schweifen ließ. Seltsam, dass sie noch gar nicht lange zusammen waren und er doch genau wusste, was sie dachte. Sie hatte eine Allergie gegen alles Feine, Hochgestochene. Sie war so gut, so anständig. Sie war alles, was er nicht war.
Alex steckte seine Hände in die Taschen, zum ersten Mal in seinem Leben unsicher, wie er sich einer Frau gegenüber verhalten sollte. Die Frauen, mit denen er sich bisher getroffen hatte, hatten immer etwas von ihm gebraucht. Es war nie anders herum gewesen.
Als ihre Augen ihn gefunden hatten, ruhten sie kurz auf ihm. Dann drängelte sich Lucy, seine Lucy, die öffentliche Liebesbekundungen hasste wie die Pest, an einem älteren Herrn mit Sauerstoffgerät vorbei und rannte direkt auf ihn zu.
Ihre Arme umklammerten ihn fest und sie presste ihn an sich. Er erwiderte ihre Umarmung und nahm alles in sich auf, was Lucy ihm schenkte – ihre Freundschaft, ihr Herz, ihre Kraft.
„Es tut mir leid“, flüsterte sie, den Kopf gegen seinen Hals gelegt. „Es tut mir so schrecklich leid.“
Er konnte nicht reden. Alles, was er tun konnte, war, sie an sich zu drücken, als wäre sie sein Rettungsanker, als könnte sie ihm etwas von ihrem Trost abgeben. Etwas von ihrem Glauben.
Als sie sich schließlich von ihm löste, umfasste sie sein Gesicht mit ihren Händen. „Erzähl mir alles.“
Er zuckte mit den Schultern und schüttelte hilflos den Kopf. „Er ist tot.“
„Ich habe es im Fernsehen gesehen.“ Tränen liefen ihr über die Wangen und jede schnitt ihm ins Herz. „Ich hatte dein dummes Handy noch in meiner Tasche und konnte dich nicht anrufen.“
Und sie fühlte sich verantwortlich. Weil sie Lucy war. In ihrer Welt hatten Menschen nicht noch zwei weitere Telefone und hunderte von Leuten um sich herum, die sie über alles informierten. „Wir haben es erfahren, bevor es gesendet wurde. Etwa fünf Minuten, nachdem du das Seniorenheim verlassen hattest.“
Sie zog das Handy aus ihrer Handtasche und reichte es ihm.
Er nahm es und hielt ihre Hand in der seinen. „Aber ich denke, immerhin habe ich die Wette gewonnen.“
Ihr Lächeln war zittrig. „Was kann ich tun?“
Sei einfach du selbst. „Nichts.“
„Ich habe auf dem ganzen Weg hierher für dich gebetet.“
„Ich wusste, dass du das tun würdest.“ Dann küsste er sie. Weil er nicht wusste, was er sagen sollte und weil er etwas anderes als den stechenden Schmerz in seinem Herzen fühlen wollte.
Ihr Körper schmiegte sich an ihn und ihre Lippen berührten die seinen sanft. Er küsste sie nicht leidenschaftlich, sondern lud sie einfach ein, auf ihn zu reagieren. Sie erwiderte seinen Kuss und ihre Finger spielten in seinem Haar. Er konnte seine Augen nicht schließen. Konnte nicht aufhören, sie anzuschauen.
„Alex?“
Er ergriff ihre Hand und drückte sie an sein Herz. „Ich bin froh, dass du da bist.“ Die Worte klangen, als kämen sie von einem nervösen Sechzehnjährigen. Doch der Tod ließ einen das Leben aus einer neuen Perspektive betrachten. Es hatte so viele Dinge gegeben, die er seinem Bruder nie gesagt hatte.
„Mein Brautmagazin hat gesagt, dass ich meinen Verlobten unterstützen soll.“ Sie legte eine Hand auf seine Wange, und in ihren Augen stand etwas, das er nicht lesen konnte.
Fast hätte er in seiner Trauer Dinge gesagt, die er später sicher bereut hätte, doch dann klingelte sein Handy. Schnell nahm er den Anruf entgegen. „Hey, David.“ Er streichelte Lucys Arm. „Luce, ich muss kurz telefonieren. Kannst du noch eine Weile hier bleiben?“
„Ich bleibe hier“, sagte sie. „So lange, wie du mich brauchst.“
30. Kapitel
„ U nd deshalb kann man auch nicht irgendeine Aloe-Vera-Salbe kaufen. Meine kostet nur 29,99 Dollar und ist die Einzige, die auch ein seltenes Pflanzenextrakt enthält, das es nur in den südafrikanischen Regenwäldern gibt.“
Onkel Bill hatte Lucy auf der Terrasse festgenagelt und wendete nun seine Verkaufsstrategien an. Lucy war drauf und dran, ihm ihre Geldbörse zu geben, damit er sie in Ruhe ließ.
„Und wenn Sie sich heute Abend nicht entscheiden können, kann ich Ihnen auch eine Probepackung einer Windelsalbe zukommen lassen, um Sie zu überzeugen.“
„Ich habe keine Kinder.“
„Ich auch nicht.“ Er kratzte sich an seiner großen roten Nase. „Aber ich habe noch immer eine
Weitere Kostenlose Bücher