Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
Vom Netzwerk:
zwei Geschosse im weichen Gewebe hinterlassen hatten. Zerrissene Blutgefäße, zerfetzte graue Substanz. Die Erinnerungen eines ganzen Menschenlebens auf einen Schlag vernichtet.
    »Duplexgeschosse sind so konstruiert, dass sie ein Maximum an Zerstörung anrichten.«
    »Das ist das entscheidende Verkaufsargument bei den Dingern.«
    »Ich denke, jetzt steht zweifelsfrei fest, dass dieser Mann kein Klinikangestellter war. Es ist mit einer falschen Uniform und einem falschen Namensschild da reinspaziert, bewaffnet mit einer Munition, die speziell im Hinblick auf ihre tödliche Wirkung konstruiert ist. Mir fällt nur eine brauchbare Erklärung dafür ein.«
    »Die Frau sollte sterben«, sagte Maura leise.
    Einen Moment lang sagte niemand etwas.
    Es war die Stimme von Mauras Sekretärin, die plötzlich die Stille durchbrach. »Dr. Isles?«, tönte es aus der Sprechanlage.
    »Ja, Louise?«
    »Tut mir Leid, dass ich Sie stören muss, aber ich dachte, Sie und Agent Dean sollten es erfahren …«
    »Was ist denn?«
    »Drüben auf der anderen Straßenseite, da tut sich was.«

11
    Sie rannten hinaus, und der schwüle Dunst, der ihnen entgegenschlug, war so dicht, dass Gabriel das Gefühl hatte, in ein heißes Bad einzutauchen. In der Albany Street herrschte das reinste Chaos. Der Beamte an der Polizeiabsperrung rief: »Zurückbleiben, zurückbleiben!«, während der Pulk der Reporter sich auf das Gebäude zuschob wie eine hartnäckige Amöbe, entschlossen, sich durch die Barrieren zu zwängen.
    Schweißüberströmte Beamte des Sondereinsatzkommandos mühten sich, die Absperrung zu verstärken, und einer von ihnen warf einen Blick über die Schulter in die Menge. Gabriel sah seinen verwirrten Gesichtsausdruck.
    Dieser Polizist weiß auch nicht, was hier eigentlich läuft.
    Er wandte sich an eine Frau, die ein paar Schritte von ihm entfernt stand. »Was ist passiert?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das weiß ich auch nicht. Die Cops sind plötzlich alle wie verrückt auf das Gebäude zugestürmt.«
    »Sind Schüsse gefallen? Haben Sie Schüsse gehört?«
    »Ich habe nichts gehört. Ich war gerade auf dem Weg in die Klinik, da fingen plötzlich die Hektik und das Geschrei an.«
    »Das ist das reinste Tollhaus hier draußen«, meinte Abe.
    »Kein Mensch weiß irgendwas.«
    Gabriel lief auf den Container des mobilen Einsatzkommandos zu, doch ein Knäuel Reporter versperrte ihm den Weg. Frustriert packte er einen Kameramann am Arm und riss ihn herum. »Was ist passiert?«
    »He, Mann! Immer schön sachte!«
    »Sagen Sie mir nur, was passiert ist!«
    »Jemand hat die Absperrung durchbrochen. Ist einfach durchspaziert.«
    »Die Geiselnehmerin ist entkommen?«
    »Nein. Es ist jemand ins Gebäude
eingedrungen.
«
    Gabriel starrte ihn an. »Wer?«
    »Kein Mensch weiß, wer der Kerl ist.«
     
    Die halbe Belegschaft des Rechtsmedizinischen Instituts war im Besprechungsraum versammelt und starrte auf den Fernseher. Es liefen die Lokalnachrichten; auf dem Bildschirm sah man eine blonde Reporterin namens Zoe Fossey direkt vor der Polizeiabsperrung stehen. Im Hintergrund liefen Polizisten zwischen geparkten Fahrzeugen umher, und Stimmen riefen hektisch durcheinander. Gabriel warf einen Blick durchs Fenster auf die Albany Street und sah die gleiche Szene, die sie in diesem Moment im Fernsehen verfolgten.
    »… eine außergewöhnliche Entwicklung, mit der ganz offensichtlich niemand gerechnet hat. Der Mann schlüpfte einfach durch die Absperrung, die Sie hier hinter mir sehen; er spazierte in aller Seelenruhe in den überwachten Bereich hinein, als sei das sein gutes Recht. Vielleicht ist es ihm auf diese Weise gelungen, die Polizei zu überrumpeln. Außerdem war der Mann schwer bewaffnet und trug eine schwarze Uniform, ganz ähnlich denjenigen, die Sie im Hintergrund sehen können. So konnte man ihn leicht für ein Mitglied des Sondereinsatzkommandos halten …«
    Abe Bristol schnaubte verächtlich, als wollte er sagen:
Ist das denn zu glauben?
»Der Kerl kommt da einfach von der Straße reingeschneit, und keiner hält ihn auf!«
    »… wie wir hören, gibt es auch noch eine innere Absperrung. Aber die befindet sich in der Eingangshalle, die wir von hier aus nicht einsehen können. Wir haben noch nicht gehört, ob der Mann auch die zweite Sperre durchbrochen hat. Aber wenn man bedenkt, wie mühelos er die äußere überwinden konnte, dann kann man sich vorstellen, dass er die Polizisten im Gebäude auf ähnliche Weise überrumpelt haben

Weitere Kostenlose Bücher