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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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nächste Schritt? Wenn das Ganze so logisch ist, dann sagen Sie uns doch, was die da drin als Nächstes geplant haben.«
    »Verhandlungen«, sagte Gabriel. »Die Geiselnehmer haben jetzt ihre Position gefestigt. Ich glaube, Sie werden bald von ihnen hören.«
    Eine neue Stimme mischte sich ein: »Vernünftige Prognose, Agent Dean. Sie haben wahrscheinlich Recht.«
    Alle Augen richteten sich auf den untersetzten Mann, der soeben den Container betreten hatte. Wie üblich trug Agent John Barsanti eine Seidenkrawatte und ein Hemd mit Button-down-Kragen; wie üblich schienen ihm seine Kleider nicht ganz zu passen. Auf Gabriels überraschten Blick des Wiedererkennens nickte er nur. »Das mit Jane tut mir Leid«, sagte er. »Man hat mir gesagt, dass Sie in diese unerfreuliche Geschichte verwickelt sind.«
    »Aber mir hat niemand gesagt, dass Sie es auch sind, John.«
    »Wir beobachten nur die Entwicklung. Wir sind bereit einzugreifen, wenn es nötig ist.«
    »Warum wird jemand aus Washington geschickt? Warum hat man nicht das Bostoner Büro eingeschaltet?«
    »Weil es wahrscheinlich zu Verhandlungen kommen wird. Da erschien es sinnvoll, jemanden mit Erfahrung zu schicken.«
    Die beiden Männer fixierten einander eine Weile, ohne etwas zu sagen. Erfahrung, dachte Gabriel, konnte nicht der einzige Grund sein, weshalb John Barsanti hier aufgekreuzt war. Das FBI würde normalerweise nie einen Mann direkt aus dem Büro des stellvertretenden Direktors schicken, nur um die Verhandlungen in einem Geiseldrama zu überwachen.
    »Und wer ist für das Aushandeln eines Deals verantwortlich? Das FBI oder das Boston PD?«
    »Captain Hayder!«, rief Emerton. »Wir kriegen gerade einen Anruf aus der Klinik! Es ist eine von ihren Leitungen!«
    »Sie sind bereit zu verhandeln«, sagte Gabriel. Genau wie er vorhergesagt hatte.
    Stillman und Barsanti sahen einander an. »Übernehmen Sie das, Lieutenant«, sagte Barsanti. Stillman nickte und ging zum Telefon.
    »Ich habe auf Lautsprecher geschaltet«, sagte Emerton.
    Stillman holte tief Luft, dann drückte er die Verbindungstaste. »Hallo«, sagte er ruhig. »Hier spricht Leroy Stillman.«
    Ein Mann antwortete, nicht minder ruhig. Eine durchdringende Stimme mit einem leichten Südstaatenakzent.
    »Sie sind Polizist?«
    »Ja. Ich bin Lieutenant Stillman vom Boston PD. Mit wem spreche ich?«
    »Sie kennen meinen Namen schon.«
    »Nein, leider nicht.«
    »Warum fragen Sie nicht den FBI-Mann? Da ist doch ein FBI-Mann bei Ihnen? Steht er nicht dort im Container hinter Ihnen?«
    Stillman warf Barsanti einen Blick zu, der zu sagen schien:
Woher zum Teufel weiß er das?
»Es tut mir Leid, Sir«, sagte Stillman. »Ich weiß wirklich nicht, wie Sie heißen, und ich wüsste gerne, mit wem ich spreche.«
    »Mit Joe.«
    »Gut. Joe.« Stillman atmete erleichtert aus. So weit, so gut. Immerhin hatten sie einen Namen.
    »Wie viele Leute sind da bei Ihnen im Container, Leroy?«
    »Sprechen wir doch über Sie, Joe …«
    »Aber das FBI ist schon da. Habe ich Recht?«
    Stillman schwieg.
    Joe lachte. »Ich wusste doch, dass die aufkreuzen würden. FBI, CIA, Militärgeheimdienst, Pentagon. Die wissen alle, wer ich bin.«
    Gabriel las an Stillmans Miene ab, was er dachte.
Wir haben es hier mit einem Mann zu tun,
der
eindeutig unter Verfolgungswahn leidet.
    »Joe«, sagte Stillman, »es gibt keinen Grund, das hier noch weiter in die Länge zu ziehen. Warum reden wir nicht darüber, wie wir die Sache friedlich beenden können?«
    »Wir wollen eine Fernsehkamera hier drin haben. Eine Liveschaltung zu den Medien. Wir wollen ein Statement abgeben, und wir haben ein Video, das wir Ihnen zeigen wollen.«
    »Jetzt mal schön langsam. Wir wollen uns doch erst einmal ein bisschen kennen lernen.«
    »Ich will Sie nicht kennen lernen. Schicken Sie uns eine Fernsehkamera.«
    »Das dürfte schwierig sein. Ich müsste das von höherer Stelle absegnen lassen.«
    »Die steht doch direkt hinter Ihnen, oder nicht? Warum drehen Sie sich nicht um und fragen sie, Leroy? Bitten Sie doch Ihre
höhere Stelle,
die Sache in Gang zu bringen.«
    Stillman zögerte. Joe begriff offenbar ganz genau, was da ablief. Schließlich sagte Stillman: »Wir können keine Liveschaltung bewilligen.«
    »Ganz gleich, was ich Ihnen im Gegenzug anbiete?«
    »Was wäre das denn?«
    »Zwei Geiseln. Wir lassen sie frei, als Zeichen unseres guten Willens. Sie schicken einen Kameramann und einen Reporter rein, und wir gehen live auf Sendung. Sobald unsere Botschaft

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