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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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zu. In dieser Hitze kochen auch bei so manchem die Emotionen hoch. Ein Kameramann eines anderen Senders wurde vorhin zu Boden gestoßen, als er der Absperrung zu nahe kam. Ein Unbefugter hat sich schon durchgeschmuggelt, und die Polizei wird dafür sorgen, dass das nicht noch einmal vorkommt. Aber leider kommen diese Bemühungen erst, nachdem das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist.«
    »Haben Sie irgendwelche Informationen über die Identität dieses ›Rambos‹?«
    »Wie ich schon sagte, niemand will sich äußern. Aber wir haben Berichte gehört, wonach die Polizei zurzeit ein Fahrzeug überprüft, das ungefähr zwei Blocks von hier entfernt im Parkverbot stand.«
    »Und man nimmt an, dass es sich dabei um Rambos Wagen handelt?«
    »Offensichtlich. Ein Zeuge hat diesen Mann aus dem Wagen steigen sehen. Auch ein Rambo muss schließlich irgendwie von A nach B kommen.«
    »Aber was ist sein Motiv?«
    »Wir müssen wohl zwei Möglichkeiten in Betracht ziehen. Zum einen, dass dieser Mann gerne den Helden spielen möchte. Vielleicht kennt er eine der Geiseln persönlich und will seine eigene, private Rettungsaktion durchziehen.«
    »Und die zweite Möglichkeit?«
    »Die zweite Möglichkeit ist ziemlich beängstigend. Der Mann könnte nämlich eine Art Verstärkung sein. Er ist vielleicht gekommen, um sich der Geiselnehmerin anzuschließen.«
    Gabriel sank in seinen Stuhl zurück, geschockt von dem, was ihm plötzlich glasklar vor Augen stand. »
Das
sollte es also bedeuten«, sagte er leise. »
Die Würfel sind gefallen.
«
    Abe drehte sich zu ihm um. »Eine verborgene Bedeutung?«
    Gabriel sprang auf. »Ich muss mit Captain Hayder sprechen.«
     
    »Es ist ein Aktivierungscode«, sagte Gabriel. »Die Geiselnehmerin hat beim Radio angerufen, um diesen Satz durchzugeben. Um das Codewort senden zu können.«
    »Ein Aktivierungscode wofür?«, fragte Hayder.
    »Ein Ruf zu den Waffen. Ein Ruf nach Verstärkung.«
    Hayder schnaubte verächtlich. »Warum hat sie nicht einfach gesagt:
Holt mich hier raus, Jungs?
Wozu einen Code verwenden?«
    »Sie waren nicht vorbereitet, oder? Sie waren alle nicht vorbereitet.« Gabriel sah Stillman an, dessen Gesicht in der Backofenatmosphäre des Containers vor Schweiß glänzte.
    »Dieser Mann ist einfach durch Ihre Absperrung spaziert, mit einem Rucksack, der womöglich mit Waffen und Munition voll gestopft ist. Sie waren nicht auf ihn vorbereitet, weil Sie nie damit gerechnet hätten, dass ein Bewaffneter in das Gebäude
eindringt.
«
    »Wir wissen, dass diese Möglichkeit immer besteht«, sagte Stillman. »Das ist ja der Grund, weshalb wir Absperrungen errichten.«
    »Und wie konnte dieser Mann dann durchkommen?«
    »Weil er genau wusste, wie er es anstellen musste. Seine Kleidung, seine Ausrüstung. Das war alles wohl überlegt, Agent Dean. Dieser Mann war bestens vorbereitet.«
    »Und das Boston PD war es nicht. Deswegen haben sie einen Code benutzt. Um Sie zu überrumpeln.«
    Hayder starrte frustriert zur offenen Tür des Containers hinaus. Obwohl sie zwei Ventilatoren aufgestellt hatten und die Straße jetzt am Spätnachmittag schon im Schatten lag, war es immer noch unerträglich heiß im Fahrzeug. Draußen auf der Albany Street standen die Cops schwitzend und mit roten Gesichtern herum, während die Reporter sich in ihre klimatisierten Vans zurückzogen. Jeder wartete darauf, dass etwas passierte. Es war die Ruhe vor dem nächsten Sturm.
    »Allmählich ergibt die Sache einen Sinn«, sagte Stillman. Der Unterhändler hatte sich Gabriels Argumentation angehört, und seine Miene hatte sich dabei zusehends verfinstert. »Betrachten Sie einmal die Abfolge der Ereignisse. Die Geiselnehmerin weigert sich, mit mir zu verhandeln. Sie will nicht einmal mit mir reden. Der Grund dafür ist, dass sie noch nicht bereit ist – sie braucht zuerst Rückendeckung. Sie ruft beim Radio an, und die senden den Aktivierungscode. Fünf Stunden später taucht dieser Mann mit seinem Rucksack auf. Er kommt, weil er gerufen wurde.«
    »Und er lässt sich ohne Bedenken auf ein solches Selbstmordkommando ein?«, wandte Hayder ein. »Hat irgendein Mensch derart loyale Freunde?«
    »Ein Marine ist bereit, sein Leben für seine Kompanie zu opfern.«
    »
Wir waren wie Brüder?
Ja, wer’s glaubt.«
    »Ich nehme an, Sie haben nicht gedient.«
    Hayders von der Hitze gerötetes Gesicht wurde noch einen Ton dunkler. »Wollen Sie damit sagen, dass das so eine Art militärische Operation ist? Und was ist der

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