Scheintot
dürfte. Ich bin mir sicher, dass sich da drin alle darauf konzentriert haben, die Geiselnehmerin nicht entkommen zu lassen. Dass jemand mit einer Waffe
hineingeht,
damit haben sie wohl nicht gerechnet.«
»Sie hätten es wissen müssen«, sagte Gabriel, der mit ungläubiger Miene auf den Bildschirm starrte. »Sie hätten damit rechnen müssen.«
»… ist jetzt zwanzig Minuten her, und der Mann ist noch nicht wieder herausgekommen. Anfangs gab es Spekulationen, wonach es sich um eine Art Möchtegernrambo handeln könnte, der eine Ein-Mann-Rettungsoperation starten möchte. Ich muss wohl nicht betonen, dass so etwas katastrophale Folgen haben könnte. Aber bis jetzt haben wir noch keine Schüsse gehört, und es gibt auch sonst keine Anhaltspunkte dafür, dass sein Eindringen in das Gebäude eine Eskalation der Gewalt ausgelöst hätte.«
Der Moderator im Studio schaltete sich ein: »Zoe, wir spielen die Aufnahmen jetzt noch mal ein, damit auch die Zuschauer, die sich gerade erst zugeschaltet haben, diese verblüffende Entwicklung sehen können. Unsere Kameras haben alles live eingefangen…«
Das Bild von Zoe Fossey wurde durch einen Einspielfilm ersetzt. Er zeigte eine Totale der Albany Street – fast der gleiche Blick, den sie vom Fenster des Besprechungsraums aus hatten. Zunächst wusste Gabriel nicht, worauf er sein Augenmerk richten sollte. Dann erschien ein Pfeil auf dem Bildschirm, eine grafische Orientierungshilfe, die der Sender eingefügt hatte. Er zeigte auf eine dunkle Gestalt, die sich am unteren Bildrand entlangbewegte. Der Mann ging zielstrebig an den Polizeifahrzeugen und der mobilen Einsatzzentrale vorbei. Keiner der umstehenden Polizisten versuchte, den Eindringling aufzuhalten, wenngleich einer von ihnen einen unsicheren Blick in seine Richtung warf.
»Hier haben wir den Bildausschnitt vergrößert, damit wir uns den Burschen mal ein bisschen genauer anschauen können«, sagte der Moderator. Der Blickwinkel verengte sich, bis der Rücken des Eindringlings den Bildschirm ganz ausfüllte. »Er scheint ein Gewehr über der Schulter zu tragen und dazu eine Art Rucksack. Mit seiner dunklen Kleidung hebt er sich kaum von den Polizisten um ihn herum ab, weshalb unser Kameramann auch zuerst nicht wusste, was er da vor sich hatte. Auf den ersten Blick würde man vermuten, dass das eine SEK-Uniform ist, die er da trägt. Aber wenn man genauer hinsieht, erkennt man, dass das Abzeichen auf dem Rücken fehlt, das ihn als Mitglied des Teams ausweisen würde.«
Der Film lief ein Stück weiter, dann stoppte er erneut. Diesmal zeigte die Einstellung das Gesicht des Mannes, der gerade den Kopf drehte, um einen Blick über die Schulter zu werfen. Er hatte dunkles Haar, eine Stirnglatze und ein schmales, beinahe hageres Gesicht. Nicht gerade der typische Rambo. Diese Aufnahme war das einzige Bild, das die Kamera von den Zügen des Mannes eingefangen hatte. In der nächsten Einstellung wandte er ihr schon wieder den Rücken zu. Das Video lief weiter und zeigte, wie der Mann auf das Gebäude zuging und schließlich durch die Eingangstür verschwand.
Zoe Fossey erschien wieder auf dem Bildschirm, das Mikrofon in der Hand. »Wir haben versucht, eine offizielle Stellungnahme zu den jüngsten Vorfällen zu bekommen, aber niemand will sich dazu äußern, Dave.«
»Würden Sie sagen, dass das Ganze der Polizei vielleicht ein klein wenig peinlich ist?«
»Gelinde gesagt. Und was es für die Herrschaften noch peinlicher machen dürfte, ist die Tatsache, dass das FBI sich angeblich inzwischen eingeschaltet hat.«
»Ein ziemlich deutlicher Hinweis darauf, dass man die Krise besser hätte managen können?«
»Nun, hier geht es im Moment jedenfalls ganz schön chaotisch zu.«
»Gibt es schon gesicherte Angaben über die Zahl der Geiseln, die in der Klinik festgehalten werden?«
»In ihrem Telefonat mit dem Radiosender hat die Geiselnehmerin behauptet, sie habe sechs Personen in ihrer Gewalt. Inzwischen habe ich aus informierten Kreisen erfahren, dass diese Zahl wahrscheinlich korrekt ist. Drei Klinikangestellte, eine Ärztin und zwei Patienten. Wir versuchen derzeit, ihre Namen in Erfahrung zu bringen …«
Gabriel richtete sich stocksteif in seinem Stuhl auf und starrte wutentbrannt auf den Bildschirm. Auf die Frau, die so begierig darauf war, Janes Identität zu enthüllen. Und die sie damit vielleicht unwissentlich zum Tode verurteilte.
»… wie Sie selbst hören können, geht es hier hinter mir ziemlich laut
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