Schenk mir mehr als diese Nacht
und die Hand wie schützend über der sanften Wölbung, unter der ihr gemeinsames Baby heranwuchs.
Sobald Sebastian realisierte, was geschehen war, brach ihm kalter Schweiß aus. Also hatte er sich einmal mehr aus Aneesas Bett und weichen Armen davongestohlen und in die Nüchternheit seines Büros geflüchtet, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
An diesem Morgen machte sich Daniel auf den Weg, um in der Londoner City diverse Einkäufe zu erledigen. Das Angebot, ihn zu begleiten, lehnte Aneesa ab, da sie sich immer noch nicht ganz von ihrem beängstigenden Ausflug in die Brick Lane erholt hatte. Selbst wenn ihr inzwischen rund um die Uhr zwei Bodyguards zur Verfügung standen.
Auf dem Weg in die Küche schlenderte sie am Arbeitszimmer vorbei und blieb stehen, als sie das Telefon klingeln hörte. Vielleicht war es Sebastian, der ihr doch noch einen guten Morgen wünschen wollte. Mit klopfendem Herzen nahm sie den Hörer auf und schlug enttäuscht die Augen nieder, als sich jemand anderes meldete.
„Spreche ich mit Aneesa Adani?“, fragte eine dunkle, vage vertraute Stimme.
„Ja …“, bestätigte sie zögernd. „Wer ist da bitte?“
Sekundenlang herrschte Schweigen. „Ich bin Jacob Wolfe, Sebastians Bruder.“
„Oh!“ Das Erste, was Aneesa durch den Kopf schoss, war, dass der Mann am anderen Ende der Leitung die Schuld am Tod seines Vaters trug.
„ Oh ist eine absolut verständliche Reaktion“, kam es leicht amüsiert zurück. „Ich rufe an, weil Sebastian sich bisher nicht auf Nathaniels Einladung zu seiner Hochzeit gemeldet hat. Sie wissen doch, dass unser Bruder am nächsten Wochenende heiraten wird?“
„Ja …“, erwiderte sie immer noch zurückhaltend. „Ich … ich habe es in der Zeitung gelesen. Aber ich befürchte, Sebastian hat nicht vor …“
„Das ist genau das, was ich mir bereits dachte“, unterbrach Jacob sie ruhig. „Aber da wir gerade über Zeitungen sprechen … ich habe sie zusammen mit meinem Bruder gesehen.“
„Ich verstehe nicht …“
Als Jacob ihr die Bilder beschrieb, auf denen Sebastian ihr zur Hilfe geeilt und sie vor dem aggressiven Mob in Bethnal Green gerettet hatte, wurde Aneesa blass und schloss gequält die Augen.
„Darf ich fragen, ob es wahr ist?“, erkundigte er sich.
„Was?“, fragte sie benommen.
„Sie erwarten ein Kind von Sebastian?“
Damit hatte sie den endgültigen Beweis, dass die Schlagzeilen der indischen Gazetten ihren Weg in die englische Presse gefunden hatten.
„Ja.“
„Nun, dann müssen wenigstens Sie zur Hochzeit kommen, wenn Sebastian sich schon drückt. Immerhin gehören Sie jetzt zur Familie, und wir alle freuen uns darauf, Sie persönlich kennenzulernen.“
Aneesa umklammerte den Hörer noch fester. Hier war sie, ihre Chance, endlich mehr über Sebastians Vergangenheit herauszufinden. Jacob hat recht! dachte sie trotzig. Irgendwie gehöre ich jetzt zur Familie, ob es Sebastian passt oder nicht!
„Einverstanden …“, sagte sie mit belegter Stimme. „Ich freue mich sehr darauf.“
„Gut“, plötzlich schien Jacob das Gespräch gar nicht schnell genug beenden zu können. „Wir sehen uns dann am Wochenende. Und sag Sebastian Bescheid, dass ich angerufen habe.“
Die vertrauliche Anrede zum Schluss tröstete Aneesa über das abrupte Ende hinweg, und als sie den Hörer aus der Hand legte, schlich sich sogar ein Lächeln auf ihr Gesicht. Versonnen und ohne darüber nachzudenken was sie tat, zog sie die Schreibtischschublade auf und war nicht überrascht, gleich obenauf die Hochzeitseinladung zu entdecken. Dass Sebastian sie nur in zwei Teile zerrissen, aber nicht ganz weggeworfen hatte, weckte einen kleinen Hoffnungsschimmer in ihr.
Ihr Lächeln wurde strahlender, als sie die beiden Hälften an sich nahm, doch es erlosch abrupt, sobald ihr Blick auf den Stapel Immobilienprospekte fiel, der auf einer Ecke des Schreibtisches lag. Hochglanzbroschüren, in denen luxuriöse Ein- bis Zweizimmerapartments angeboten wurden, wie Aneesa beim Durchblättern feststellte. Zum Mieten oder Kaufen – und alle in der Nähe von Sebastians Penthouse … und noch schlimmer: elegante Luxusapartments in Mumbai!
Aneesa spürte einen Stich im Herzen, der ihr den Atem nahm. Gleich darauf hörte sie die Tür ins Schloss fallen und lange Schritte, die sich in ihre Richtung bewegten. Die Tür flog auf, und Sebastian stand vor ihr. Von Kopf bis Fuß jeder Zoll erfolgreicher Business-Tycoon!
„Was ist los?“, fragte er und hob die
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