Schenk mir mehr als diese Nacht
Aneesa mit jedem harschen Wort, das über Sebastians Lippen kam. Er hatte so wundervolle Lippen … und seine Küsse.
„Danke“, sagte sie schlicht, beugte sich vor und küsste ihn spontan mitten auf den Mund.
Den Rest des Tages behandelte Sebastian Aneesa wie eine Puppe aus kostbarem Chinaporzellan. Nach einem leichten Dinner bestand er darauf, sie ins Bett zu tragen, um sie nach den überstandenen Ängsten und Anstrengungen des Tages nicht noch mehr zu erschöpfen. Dabei fühlte er sich selbst völlig ausgelaugt.
Es war schon schwer genug gewesen, Daniels Selbstanklagen zu ertragen. Der arme Mann wurde kaum damit fertig, seinen Schützling, wenn auch unbewusst, mitten ins Verderben geschickt zu haben, wie er sich melodramatisch ausdrückte. Innerlich stimmte Sebastian ihm zu, nach außen hin jedoch tat er sein Bestes, um seinen Butler zu beruhigen, weil Aneesas Miene alarmierende Anzeichen äußerster Gereiztheit erkennen ließ.
Das legte sich aber sofort, nachdem er sie in ihr Bett gebracht und fürsorglich zugedeckt hatte, bevor er sich auf der Kante niederließ. „Darf ich mir das Ultraschallbild anschauen?“, fragte er, um sie abzulenken. „Sag mir einfach, wo es ist, ich hole es dann selbst.“
„Ich habe es hier …“, murmelte sie leise und griff nach ihrer Handtasche, die direkt neben dem Bett stand. Kurz darauf hielt sie Sebastian die Aufnahme wortlos entgegen. Ebenso stumm nahm er sie in die Hand und starrte auf das unscharfe Schwarzweißbild.
„Es sieht noch nicht nach besonders viel aus, oder?“, fragte er etwas hilflos.
Aneesa lachte leise. „Ich kann es selbst kaum fassen, was da in mir heranwächst“, gestand sie. „Besonders weil ich noch nicht die leiseste Bewegung spüre.“
Da sie feststellte, dass Sebastian bereits wieder abgelenkt war, folgte sie seinem Blick. Als sie ihn die Zeitung anstarren sah, die auf ihrem Nachttisch lag, biss sie sich auf die Unterlippe.
„Da steht etwas über die Hochzeit deines Bruders Nathaniel drin, die in wenigen Tagen in deinem Londoner Hotel stattfindet“, sagte sie so unverfänglich wie möglich. „Wirst du hingehen?“
Ihr war keineswegs entgangen, wie er sich mit jedem Wort versteifte. Daher wunderte es sie auch nicht, als ein knappes Nein zurückkam.
„Und ich bin auch nicht an einer Diskussion darüber interessiert“, fügte Sebastian gleich noch warnend hinzu.
„Und was ist, wenn ich trotzdem mit dir darüber reden will?“
„Bitte, Aneesa, hör auf, mich ständig zu bedrängen.“
Bevor sie reagieren konnte, flüchtete sich Sebastian ins angrenzende Bad und kam sich wie der letzte Feigling vor. Doch der Eindruck, dass sein gewohntes Leben in dramatischer Geschwindigkeit komplett aus den Fugen geriet, wurde immer stärker und trieb ihn langsam in den Wahnsinn.
Aneesas Fragen zielten zunehmend aufs Wesentliche, wodurch sich Sebastian immer mehr in die Enge getrieben fühlte. Besonders nachdem jetzt auch noch sein ältester Bruder Jacob aufgetaucht war, mit der offenkundigen Absicht, die ganze Familie wieder traulich zu vereinen. Was ihm dabei am meisten zu schaffen machte, waren nicht Panik oder Angst vor einem solchen Zusammentreffen, sondern das ungewohnte Gefühl von Neugier oder sogar Vorfreude. Und das war in diesem Zusammenhang nun wirklich nicht angebracht!
Zu seiner Erleichterung schien Aneesa nicht länger daran interessiert, ihn mit Fragen zu löchern, als er aus dem Bad zurückkam. Sebastian wollte heute nicht mit ihr schlafen, obwohl sein Körper danach schrie. Sie lag auf der Seite und kehrte ihm den Rücken zu, als er zu ihr unter die Bettdecke schlüpfte. Kaum hatte auch er sich auf die Seite gelegt, rückte sie wie ein kleines Tierchen so dicht an ihn heran, bis sie wie ein Körper wirkten.
Kurz darauf wurden ihre Atemzüge tief und gleichmäßig, während sein Herz aus der Brust zu springen drohte. Wenigstens ein paar Minuten wollte Sebastian ihre berauschende Nähe und Wärme genießen, bevor er in sein eigenes Bett ging.
Doch es gelang ihm nicht, die Augen aufzuhalten. Und ehe er sich versah, hielt der Schlaf ihn fest in seinen Fängen.
Dass ihn der verdammte Traum wieder ereilt hatte, wusste Sebastian in dem Moment, als er keuchend und um Atem ringend aufwachte, während ihn irgendetwas mit gewaltiger Kraft niederzwang. Voller Panik befreite er sich von der Decke und sprang aus dem Bett. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wo er sich befand.
Aneesa hatte sich aufgesetzt und schaute ihn aus großen Augen
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