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Schenk mir mehr als diese Nacht

Schenk mir mehr als diese Nacht

Titel: Schenk mir mehr als diese Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abby Green
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forschend an. Ihr Haar war vom Schlaf zerzaust, die Wangen sanft gerötet. „Du hattest einen Albtraum. Und du hast verzweifelt nach jemandem gerufen, der zu dir kommen sollte.“
    Sebastians Beine fühlten sich an wie Pudding, während er das Zimmer durchquerte und vor dem Fenster anhielt. Sein Herz hämmerte immer noch wie verrückt, sein Körper war schweißnass. Und plötzlich drängte es aus ihm heraus. „Ich habe nach meiner Mutter gerufen“, gestand er heiser.
    „Ja“, sagte Aneesa ruhig.
    Er war immer noch nicht ganz bei sich und begann, von dem peinigenden Traum zu erzählen, ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein. „Ich bin noch sehr klein und laufe durch die dunklen Gänge von Wolfe Manor, unserem Familienanwesen. Ich habe Angst und weiß genau, dass etwas Schreckliches geschehen ist, aber ich kann niemanden finden, so laut ich auch rufe. Dann sind auf einmal alle da: meine Halbgeschwister, die Haushälterin … mein Vater. Aber sie sehen mich nicht und laufen einfach an mir vorbei, obwohl ich wie verrückt schreie.“
    Sebastian hörte, wie Aneesa die Beine aus dem Bett schwang, und flehte innerlich, dass sie nicht in seine Nähe kommen möge, aus Angst, sonst völlig zusammenzubrechen.
    „Sebastian, es war nur ein Traum …“ Ihr Herz schmerzte für den stolzen Mann, der hoch aufgerichtet mit sehr geradem Rücken am Fenster stand.
    Als er sich langsam umdrehte, erschrak sie vor dem Ausdruck nackter Qual auf den dunklen Zügen. „Genau das ist das Problem, weißt du?“, sagte er mit unnatürlicher Ruhe. „Es ist kein Traum, sondern eine sehr lebendige Erinnerung. Ich war knapp zwei Jahre, als meine Mutter versucht hat, sich und meinen jüngeren Bruder Nathaniel im See auf unserem Anwesen umzubringen. Er war damals noch ein Säugling, und mein Vater tobte vor Wut darüber, dass meine Mutter dumm genug war, noch einen Balg zu gebären. Hätten zwei meiner älteren Halbbrüder sie nicht gesehen und aus dem Wasser gezogen, wären jetzt beide tot.“
    „Das … das ist ja ein wahrer Horror!“, keuchte Aneesa entsetzt.
    Er lächelte grimmig. „Ja, und wo dieser Horror herkommt, versteckt sich noch viel mehr dieser Art. Zum Beispiel die Tatsache, dass mein ältester Bruder Jacob eine Schlägerei mit meinem Vater hatte, die mit dessen Tod endete.“
    Aneesa versuchte zu sprechen, doch ihr Hals war wie zugeschnürt. „Se…bastian“, krächzte sie und streckte die Hand nach ihm aus.
    „Nein!“, wehrte er ab. „Ich will nicht länger darüber reden. Du musst versuchen weiterzuschlafen. Tut mir leid, dich geweckt zu haben.“
    Damit verließ er das Zimmer. Aneesa saß noch eine Weile wie gelähmt auf der Bettkante, dann rollte sie sich zusammen und schlang die Arme um den Oberkörper. Sie wollte heute Nacht nicht allein sein, weil sie die beängstigenden Erlebnisse im Inderviertel immer noch nicht verarbeitet hatte.
    Doch Sebastian würde unter Garantie nicht zurückkommen. Sie hatte ihn zu sehr unter Druck gesetzt.

6. KAPITEL
    Als Aneesa am nächsten Morgen zum Frühstück kam, überraschte es sie gar nicht, dass Sebastian bereits ins Büro gefahren war. Daniel richtete ihr von ihm aus, dass es spät werden könne und sie auf keinen Fall aufbleiben und auf ihn warten solle.
    Immer das gleiche Spiel: Kaum waren sie ein Stück vorangekommen, ruderte Sebastian sofort die doppelte Strecke zurück. Und sie selbst hatte letzte Nacht von dem kleinen Jungen geträumt, der in einem langen dunklen Korridor stand und verzweifelt weinte, während Erwachsene an ihm vorbeihasteten, ohne ihn zu beachten.
    Na bestens! dachte sie und schenkte sich eine Tasse Tee ein. Jetzt habe ich auch noch seine Albträume! Das Szenario um Sebastians traurige Kindheit beschäftigte sie so nachhaltig, dass sie sich fest vornahm, ihr Kind vor ähnlich schrecklichen Erlebnissen zu beschützen.
    Nach dem Frühstück zog sie sich ins Arbeitszimmer zurück, das sie benutzen durfte, um Dinge im Internet nachzusehen oder mit ihrer Familie zu telefonieren. Sobald Aneesa sich im Computer eingeloggt hatte, um mehr über die Wolfe-Familie zu erfahren, vergaß sie alles um sich herum. Diesmal verlief ihre Recherche wesentlich erfolgreicher als die letzten Male. Erst als Daniel sie zum Essen rief, bemerkte Aneesa, dass sie bereits seit Stunden vor dem PC saß.
    In ihrem Kopf schwirrte es vor neuen Informationen, die allerdings mehr Fragen aufwarfen als Antworten gaben.
    Laut Internet war William Wolfe ein aufrechter Mann bester Herkunft

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