Schenk mir mehr als diese Nacht
schnappte sie nach Luft, dämpfte aber gleich wieder die aufkeimende Hoffnung in ihrem Herzen. Wahrscheinlich meinte Sebastian die beiden Bodyguards.
„Und ob ich entschlossen bin.“
„Dann werde ich mir wohl auch einen neuen Anzug zulegen müssen.“
Also doch!
Aneesa lächelte und musste sich zusammenreißen, um nicht vor Freude zu tanzen.
Sebastian war ernsthaft verwirrt.
Aneesa war wie keine andere Frau: Auf der einen Seite tapfer genug, um das Ende einer sehr vielversprechenden Karriere und die Verachtung von ehemals glühenden Fans in Kauf zu nehmen, ihre Heimat zu verlassen und ans andere Ende der Welt zu reisen, um eine persönliche Krise zu meistern.
Und dann brach sie während des Einkaufsbummels mitten auf der Straße in Tränen aus, weil eine junge Mutter ihren widerspenstigen Sohn am Ohr zog. „Tut mir leid“, entschuldigte sie sich hinterher, „das müssen meine Hormone sein.“
Sebastian tat der Junge natürlich auch leid, doch schockiert hatte ihn die kleine Szene absolut nicht. Was ihm jedoch Angst machte und in seiner Selbsteinschätzung als schlechter Vater bestärkte, war seine mangelnde Sensibilität und offensichtliche Gefühllosigkeit.
Für ihn war es damals fast zu einer Art Sport geworden, den losen Fäusten seines Vaters auszuweichen. Doch miterleben zu müssen, wie dieser seine wunderschöne, ältere Schwester grausam ausgepeitscht hatte, hatte Sebastian schockiert und in seiner Seele tiefe Narben zurückgelassen. Er war noch viel zu klein gewesen, um ihr beistehen zu können und hatte sich in seinem ganzen Leben nie hilfloser gefühlt.
Nachdem er seinen Hochzeitsanzug erstanden hatte, dirigierte Sebastian Aneesa zu einer mondänen Designerboutique in der Bond Street, in der sie ihre Garderobe für das anstehende Fest aussuchen sollte. Auf der marmornen Schwelle stockte sie plötzlich und zog ihn mit rotem Kopf zur Seite.
„Ich … ich habe nicht genug Geld, um mir hier ein Kleid kaufen zu können“, gestand sie ruhig und mit einem Anflug von Stolz in der Stimme. „Können wir nicht woanders hingehen, bitte … “
Sebastian versicherte ihr, dass er ohnehin vorgehabt hätte, für ihr Kleid aufzukommen. Doch Aneesa gab erst nach, als er zähneknirschend akzeptierte, dass sie es ihm später zurückzahlen würde. Verblüffend schnell und mit sicherem Blick entschied sie sich für ein knielanges, champagnerfarbenes Chiffonkleid im Empire-Stil, das ihre Schwangerschaft geschickt verbarg. Wie eine duftige Wolke wirbelte es um die schlanken Beine, als sie vor dem üppigen Barockspiegel probehalber eine elegante Pirouette vollführte. Das großzügige Dekolleté brachte ihre prachtvollen Brüste perfekt zur Geltung.
Sebastian musste an sich halten, um ihr das zarte Traumgebilde nicht vom Körper zu reißen – und ihr ein weniger aufreizendes Kleid vorzuschlagen. Doch als Aneesa ihm einen fast schüchternen, um Anerkennung heischenden Blick zuwarf, hatte er nicht das Herz, sie zu enttäuschen.
Erst später, als sie zurück im Penthouse waren, stellte er verblüfft fest, wie sehr ihm der Nachmittag gefallen hatte, obwohl er es sonst hasste zu shoppen. Und ihm fiel auf, wie wenig ihn der Gedanke an die bevorstehende Hochzeit inzwischen belastete. Besonders, wenn er seinen Bruder Jacob nach diesem Wochenende nie wiedersehen musste.
Als Aneesa am Morgen von Nathaniels Hochzeit erwachte, rollte sie sich auf den Rücken und schaute zur Decke empor. Sie brauchte nicht neben sich zu sehen, um zu wissen, dass Sebastian in der letzten Nacht nicht bei ihr gewesen war.
Nach ihrer Shoppingtour hatte er die gewohnten Work-outs wieder aufgenommen. Seine wachsende Anspannung vor der Hochzeit war so ansteckend, dass auch Aneesa ständig nach Ablenkung suchte, um nicht verrückt zu werden.
Darum erklärte sie Sebastian, dass sein Haar viel zu lang wäre und sie es ihm schneiden wolle. Er war so überrumpelt, dass er nicht einmal protestierte. Widerstandslos wie ein Kind saß er im Bad auf einem Hocker und ließ es zu, dass Aneesa ihn frisierte.
„Wo hast du das gelernt?“, fragte er irgendwann.
„Meine Mutter schneidet meinem Vater seit Ewigkeiten die Haare. Sie hat es mir beigebracht.“ Im Spiegel begegnete sie seinem skeptischen Blick. „Keine Sorge, es ist nur ein Haarschnitt, Sebastian“, beruhigte sie ihn. „Ich versuche nicht, dich mit irgendeinem mysteriösen indischen Zauber an mich zu binden.“
In Wahrheit fand sie es ziemlich intim und erotisch, in sein kräftiges,
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