Schenk mir nur diese eine Nacht (German Edition)
mich brauchst“, sagte Anny, die aber davon ausging, dass er die angebotene Hilfe nicht annehmen würde. Unten angekommen machte sie einen Salat, schnitt Käse und Schinken und das Brot für die Bruschetta. Sie war gerade dabei, den Tisch zu decken, als Demetrios sie tatsächlich rief.
„Kannst du steuern, während ich die Segel einhole?“, rief er ihr erwartungsvoll zu.
Offenbar hatte er sie beim Wort genommen.
„Mein Bruder Theo ist ein echter Purist. Er hätte bestimmt nicht den Motor zur Hilfe genommen, um in den Hafen zu kommen“, brummte er, als er den Motor anwarf. „Aber ich bin eben nicht so gut wie er.“
Anny schien es jedoch mehr als kompetent, wie er das Schiff beidrehte und das Hauptsegel in wenigen Sekunden am Großbaum festzurrte. Während er den Klüver barg, versuchte sie seinen Anweisungen zu folgen und den Kurs zu halten.
Als Demetrios das Steuer wieder übernahm, wollte sich Anny mit einem Hauch von Stolz schon selbst auf die Schulter klopfen, doch ihre Arbeit war anscheinend noch längst nicht getan. „Geh mal an den Bug. Du musst mich dirigieren, damit ich nahe genug an die Anlegeboje komme.“
„Ich?“ Als sie seinen herausfordernden Blick sah, stellte sie keine weiteren Fragen. „Okay.“
Mit Handsignalen lotste sie ihn in die gewünschte Stellung. „Und jetzt müssen wir die Achterleine an der Klampe befestigen.“
Anny hatte keine Zeit, nervös zu sein, zu sehr war sie damit beschäftigt, seinen Kommandos zu folgen.
„Okay, das war’s“, sagte Demetrios schließlich.
„Das war’s?“, fragte Anny vorsichtig. Sie konnte nicht glauben, dass alles geklappt hatte. Doch als sie sein breites Lächeln und den nach oben gerichteten Daumen sah, kam es ihr fast so vor, als hätte sie eine Medaille verliehen bekommen. Sie atmete erleichtert aus und strahlte Demetrios an. Ein Gefühl von tiefer Zufriedenheit erfüllte sie.
Es war so ähnlich, wie wenn sie mit ihrer Forschungsarbeit über die Höhlenmalerei beschäftigt war und meinte, das fehlende Puzzleteil gefunden zu haben.
Der Unterschied war nur, dass sie jetzt das erste Mal seit langer Zeit auch körperliche Zufriedenheit spürte. Sie hatte zwar nicht viel gemacht, aber es war mehr physische Tätigkeit, als sie an jedem anderen Tag ausgeübt hätte. Sie konnte deutlich die beanspruchten Muskeln wahrnehmen. Und auch der leichte Sonnenbrand erschien ihr das schönste Geschenk auf Erden. Sie fühlte sich lebendig.
Frei.
Lachend streckte sie die Arme aus. Sie hätte die Welt umarmen können vor lauter Freude.
„So toll ist es?“, hörte sie Demetrios’ amüsierte Stimme hinter sich.
Einen kurzen Moment lang war es ihr ein bisschen peinlich, ihrem kindlichen Übermut freien Lauf gelassen zu haben, doch sie hatte keine Lust, sich zu verstellen.
„Der beste Tag seit Jahren“, sagte sie, als sie sich zu ihm umdrehte.
Demetrios musterte sie skeptisch, ganz so, als ob er sicher gehen wollte, dass sie es tatsächlich ernst meinte. Doch dann lockerte sich seine Miene, und er sagte mit einem breiten Grinsen: „Das freut mich.“
Er war froh, sie mitgenommen zu haben.
Es war besser, als allein zu sein.
Während des Festivals hatte er sich immer wieder danach gesehnt, endlich wieder nur auf sich gestellt zu leben.
Aber ohne Anny hätte ihn schon längst seine übliche Rastlosigkeit überfallen. Mit seinen Gedanken wäre er beim nächsten Drehbuch und bei seiner Arbeit gewesen, und er hätte es nicht geschafft, den Moment zu genießen.
Anny war sich dessen nicht bewusst, aber sie besaß die ungewöhnliche Gabe, ihn mitzureißen. Vom ersten Tag ihrer Bekanntschaft an hatte sie längst vergessen geglaubte Gefühle in ihm geweckt.
Anny war das vollkommene Gegenteil von Lissa.
„Wie sollte es auch anders sein“, hörte er Lissa förmlich spotten. „Prinzessin Adriana ist ja auch nicht als uneheliches Kind in einem staubigen Dorf von Nord Dakota aufgewachsen. Ihr ist von Geburt an alles in den Schoß gefallen. Kein Wunder, dass sie eine positive Lebenseinstellung hat.“
Demetrios wusste nur zu gut, wie Lissa andere Menschen beurteilte. Ihrer Meinung nach hatte es niemand so schwer wie sie. „Die Schwierigkeiten, die das Leben mir beschert hat, haben mich zu dem gemacht, was ich bin“, pflegte Lissa zu sagen. Aber mit der Zeit hatte Demetrios festgestellt, dass das nur die halbe Wahrheit war. Einen Großteil der Probleme hatte Lissa sich selbst eingebrockt. Und die Fähigkeit, das alltägliche kleine Glück zu
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