Schenk mir nur diese eine Nacht (German Edition)
aus, dass ihr damals Köder benutzt habt“, sagte er und warf einen hämischen Blick auf ihren leeren Angelhaken.
„Manchmal ja. Aber manchmal mussten wir uns auch arrangieren. So wie jetzt“, fügte sie hinzu und zog eine Sardinenbüchse aus der Hosentasche, die sie unten im Schrank gefunden hatte.
Demetrios brach in ein herzhaftes Lachen aus. „Wenn du damit einen Fisch an die Angel bekommst, Prinzessin, dann koche ich heute Abend.“
Anny versah den Haken mit einer Sardine und warf die Angel aus. Keine halbe Stunde später hörte er einen freudigen Schrei. „Es hat einer angebissen!“
Es war ein Meeresbarsch, wie Demetrios ihr erklärte. „Sehr lecker“, sagte er, nahm vorsichtig den Fisch vom Haken und ging Richtung Küche.
„Das kann doch ich machen“, versuchte Anny zu protestieren.
Aber davon wollte Demetrios nichts hören. Während Anny weiter ihr Glück beim Angeln versuchte, briet er den Barsch in Olivenöl und zauberte aus Tomaten, Zitronensaft und Basilikum eine Soße.
„Nichts Weltbewegendes. Nur ein einfaches Rezept, das ich von meiner Mutter gelernt habe“, sagte er, als er die Teller auf den Tisch stellte.
„Hast du oft gekocht?“, fragte sie überrascht.
„Nein, nicht oft. Aber meine Mutter wollte sicher gehen, dass wir alle eines Tages auch alleine in der Küche zurechtkommen würden.“
„Und wie war das Leben in so einer großen Familie?“, fragte Anny.
„Ein Irrenhaus“, antwortete er. Doch an seinem Gesichtsausdruck konnte sie sehen, dass er ziemlich viele positive Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend hatte. „Wir waren verrückt. Kein Baum oder Dach war vor uns sicher, nichts war uns halsbrecherisch genug. Meine Mutter sagte immer verzweifelt, dass wir entweder im Gefängnis oder auf dem Friedhof enden würden. Aber ich muss dazu sagen, dass meine Mutter etwas zur Übertreibung neigt.“
„Es muss fantastisch sein, so viele Spielgefährten im Haus zu haben“, sagte Anny verträumt.
Demetrios nahm einen Schluck von seinem Bier und erwiderte trocken: „Manchmal. Wenn wir nicht gerade versuchten, uns gegenseitig umzubringen.“ Aber dann erzählte er ihr lachend einige Kindheitsabenteuer, die fast alle in der Notaufnahme endeten.
„Hattest du es gut. Meine Kindheit in Mont Chamion war weniger abenteuerlich. Ich war nur ein einziges Mal in der Notaufnahme – wegen eines eingewachsenen Zehennagels. Meine Kindheit war geprägt von Pflichten“, seufzte sie. „Und Verantwortung. Nicht, dass ich mich beklagen will“, fügte sie hastig hinzu. „Aber eine Doktorandin zu sein ist sicherlich einfacher. Wenigstens richtet sich die Hoffnung meines Landes nicht auf meine Doktorarbeit.“
„Aber auf deine Hochzeit mit Gerard.“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
„Ja“, erwiderte Anny langsam. „Es ist nicht leicht, immer das Richtige zu tun – für dich und für dein Land. Es ist ein schmaler Grat, und ich habe noch viel zu lernen.“
Demetrios schwieg, und obwohl sie ihn mittlerweile ein wenig besser kannte, hatte sie nicht die geringste Ahnung, was er dachte.
„Und was ist mit dir?“, unterbrach sie die Stille.
Demetrios atmete tief ein und zuckte die Schultern. „Mit mir?“ Er schien nicht gerade begeistert, über sich reden zu müssen.
„Ich meine, was waren deine Jugendträume. Wolltest du schon immer Regisseur werden?“
„Oder Cowboy oder Feuerwehrmann.“
Wenn er dachte, Anny mit einer läppischen Antwort und einem Grinsen abspeisen zu können, hatte er sich geirrt.
„Aber dafür ist es doch nicht zu spät. Du kannst deine Träume realisieren“, erwiderte sie mit gespielter Ernsthaftigkeit.
Demetrios schaute sie überrascht an. Er brauchte einen Augenblick, um zu bemerken, dass sie es ironisch meinte. Ihr gemeinsames Lachen löste die Spannung.
„Also?“, hakte Anny nach.
„Ich habe mir eigentlich immer gewünscht, dass mein Leben so sein würde wie das meines Vaters und meines Großvaters – heiraten, Kinder haben, mit meiner Frau alt werden. Nichts Besonderes“, erwiderte er trocken.
All das, was ihm mit dem Tod seiner Ehefrau vorenthalten worden ist, dachte Anny bedrückt. Unwillkürlich streckte sie die Hand aus, um tröstend seinen Arm zu berühren. Doch bevor es dazu kam, war Demetrios schon aufgesprungen. „War wirklich gut, dein Fisch. Ich wasche dann mal ab.“
Verwirrt über das plötzliche Gesprächsende stand auch Anny auf. „Ich bin dran.“
Ihre Blicke verfingen sich für den Bruchteil einer
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