Schenk mir nur diese eine Nacht (German Edition)
den unveränderlichen Gesetzen der Wissenschaft und dem besten Nachtisch wurde alles heftigst debattiert.
Es sei seine Freizeitbeschäftigung, hatte eine Krankenschwester einmal halb scherzend zu Anny gesagt, und sie wusste nur zu gut, dass diese Worte mehr als ein Körnchen Wahrheit enthielten.
„Also was schlägst du vor?“, fragte Anny mit einem herausfordernden Lächeln. „Meinst du, ich sollte ausreißen?“
Aber seine Augen leuchteten nicht wie gewöhnlich kampflustig auf. Es lag vielmehr ein wildes Funkeln in seinem Blick, als er entschieden den Kopf schüttelte. „Ich verstehe einfach nicht, worauf du wartest.“
„Ein oder zwei Jahre sind doch keine lange Zeit“, war Annys Antwort. „Ich will meine Doktorarbeit zu Ende bringen. Wenn das Hochzeitsdatum erst mal feststeht, müssen unzählige Vorbereitungen getroffen werden.“ Ganz zu schweigen von dem höfischen Protokoll und den Traditionen. Aber das Thema königliche Hochzeiten wollte sie lieber umgehen. Normale Hochzeiten waren nervenaufreibend genug.
„Also hast du offenbar Besseres zu tun?“
„Das ist doch nicht der Punkt.“
„Natürlich ist er es. Denn falls dem nicht so ist, solltest du lieber nicht deine Zeit verschwenden. Du solltest das tun, worauf du Lust hast!“
„Man kann nicht immer machen, was man will“, sagte sie einlenkend.
Franck schnaubte verächtlich. „Das musst du mir nicht sagen. Ich würde hier bestimmt nicht eingesperrt bleiben, wenn ich nicht müsste!“
Anny bereute ihre gedankenlosen Worte sofort. „Ich weiß.“
Francks Kiefer waren angespannt, während er nachdenklich an der Bettdecke zupfte. Er presste seine Lippen zusammen und drehte seinen Kopf zur Seite. Schweigend starrte er aus dem Fenster, und Anny wusste nicht, was sie sagen sollte. Unruhig trat sie von einem Fuß auf den anderen.
Mit einem müden Achselzucken blickte Franck schließlich zurück in ihre Richtung. „Du hast nur ein Leben“, sagte er.
Seine Stimme hatte an Kraft verloren, fast tonlos war der letzte Satz über seine Lippen gekommen. Franck mit einem so trostlosen Gesichtsausdruck und so traurigen Augen zu sehen, ließ Anny elendig fühlen. Sie wünschte sich verzweifelt, ihm widersprechen zu können. Sie wollte ihm sagen, dass er Unrecht hatte. Aber sie konnte nicht.
Denn er hatte recht.
Er würde nie mehr mit seinen Freunden auf der Straße toben. Welche Argumente hätte sie nennen können?
Und so tat sie das Einzige, was sie tun konnte. Sie nahm seine Hand und drückte sie fest. Sie wünschte, Gerard wäre jetzt hier. Einen echten Prinzen kennenzulernen hätte vielleicht für einen kurzen Moment Francks trübe Gedanken verjagen können. Doch Gerard würde niemals ein Krankenhaus betreten.
„Ich muss gehen“, hatte sie leise gesagt, „es tut mir leid.“
„Dann geh.“ Nur eine leichte Bewegung der Wimpern hatte verraten, dass die verhärtete Miene und der barsche Ton bloß ein Schutzschild waren.
„Ich komme wieder“, hatte Anny versprochen.
Sie hätte bei ihm bleiben sollen.
Während Anny abermals einen Blick auf die Uhr warf – mittlerweile war es zehn vor sechs und von Gerard immer noch weit und breit keine Spur –, trat plötzlich eine seltsame Stille ein, als hätten alle Personen in der Lobby im selben Moment den Atem angehalten.
Verwirrt schaute sie auf. War es etwa ihr Prinz, der soviel Aufsehen erregte?
Eines war sicher: Alle Menschen im Raum starrten in eine Richtung. Und Anny folgte ihren Blicken.
Ihr Herz machte einen Sprung, als sie die Männergestalt am anderen Ende des Raumes erkannte. Auch sie konnte nicht anders als starren.
Aber es war nicht Gerard.
Nein, nicht im Entferntesten. Gerard war vornehm und stilvoll, geradezu die Personifikation des kontinentalen Charmes, eine perfekte Mischung aus moderner Kultiviertheit und einer über Jahrhunderte lang erprobten königlichen Erziehung.
Dieser Mann verkörperte das genaue Gegenteil. Ein attraktiver Drei-Tage-Bart umrahmte sein kantiges Gesicht, sein Haar war zerzaust, seine Kleidung bestand aus einem Paar ausgeblichenen Jeans und einem einfachen aufgeknöpften Hemd. Sein Aussehen war lässig, aber wohldurchdacht. Er hätte ein Nobody sein können. Ein Tourist, ein Zimmermann oder ein Matrose auf Landgang.
Aber er war nicht irgendjemand. Er war jemand.
Und zwar Demetrios Savas. Anny kannte ihn. Und auch alle anderen wussten, wer er war.
Über zehn Jahre lang war er der Goldjunge Hollywoods gewesen. So unglaublich es auch klingen mochte:
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