Schenk mir nur diese eine Nacht (German Edition)
Sie versuchte, sich nicht darum zu scheren und sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, doch erfolglos. Wie in einem Endlosfilm sah sie all ihre gemeinsamen Momente vor ihrem geistigen Auge. Es waren nicht nur die Bilder ihrer Liebesnacht, die sich immer wieder aufdrängten. Seit ihrer ersten Begegnung war viel passiert, und einen Großteil der Ereignisse hatte sie Demetrios zu verdanken. Anny war froh, ihm gesagt zu haben, dass sie nicht wieder mit ihm schlafen würde – denn trotz guten Vorsätze hatte sie sich in ihn verliebt. Seine unerwartete Umarmung am Nachmittag hatte sie in einen erneuten Strudel der Emotionen gerissen. Aber sie machte sich nichts vor – er war offensichtlich nur besorgt gewesen.
Endlich nahm das Klirren und Klappern in der Kombüse ein Ende. Ein letzter Türknall signalisierte ihr, dass Demetrios in seine Kabine zurückgekehrt war. Doch wenige Sekunden später öffnete und schloss sich die Tür wieder, und sie hörte seine kräftigen Schritte auf dem Niedergang. Kurze Zeit später folgte ein lautes Platschen, als hätte er etwas über Bord geworfen.
Aber was? Und warum?
Anny presste ihre Nase an das Bullauge. Draußen regierte die Dunkelheit, nur die spärliche Hafenbeleuchtung warf schwache Reflexe auf das Wasser.
Doch dann tauchte plötzlich aus dem Nichts die Silhouette eines Männerkopfes auf. Erst nach einigen Sekunden erwachte Anny aus ihrer Erstarrung und rannte schnell wie ein Blitz nach oben.
„Demetrios!“
Verzweifelt suchte sie mit ihrem Blick die dunkle bewegte Wasseroberfläche ab. Was war bloß in ihn gefahren? Und wie hatte er über Bord fallen können?
„Demetrios!“
Sie hatte ihn entdeckt. In circa zwanzig Meter Entfernung schwamm er mit schnellen Zügen durch das Meer.
Von der Jacht weg!
„Demetrios!“ Nie hatte Anny in ihrem Leben so laut geschrien.
Diesmal hatte er sie gehört. Sie konnte sehen, wie er Wasser tretend auf der Stelle verharrte. Langsam, fast widerstrebend, machte er kehrt und näherte sich der Steuerbordseite.
„Was ist?“, fragte er mit verärgerter Stimme.
Er war verärgert? Sie dachte, er sei über Bord gegangen! Und nun schwamm er seelenruhig durch die Nacht.
Anny war fuchsteufelswild. „Was machst du?“
„Ich schwimme“, antwortete er wie selbstverständlich und schüttelte seine nassen Haare.
„Um diese Uhrzeit? Im Dunkeln? Allein? Bei diesem Wetter?“, erwiderte sie schriller als gewollt.
„Mir war nach etwas Bewegung.“
„Du hättest mir Bescheid sagen können. Dann wäre ich wenigstens mit raus gekommen.“
„Mir geht es gut.“
„Mir ging es heute Nachmittag auch gut und trotzdem hast du dir Sorgen gemacht“, erinnerte sie ihn zornig. „Ist das hier etwa dein kleiner Racheakt?“
„Wie bitte? Natürlich nicht“, entgegnete er ungehalten und begann langsam weiterzuschwimmen.
„Gut. Wenn du unbedingt schwimmen musst, werde ich hier so lange sitzen bleiben.“
„Und mir den Rettungsring zuwerfen?“, fragte er zynisch.
„Wenn’s nötig ist.“
„Mein Gott noch mal“, stieß Demetrios entnervt hervor und erreichte mit drei kräftigen Kraulzügen die Leiter.
„Bist du jetzt glücklich?“, fragte er, als er wieder auf dem Deck stand und sich wie ein nasser Hund schüttelte.
Anny starrte unbeholfen auf seinen glänzenden muskulösen Körper. „Ich …“
Ohne ihre Antwort abzuwarten, ging er an ihr vorbei und polterte die Stufen hinunter.
Als sie unter Deck ging, war er bereits in seiner Kabine. Kurz darauf vernahm sie das Geräusch der Dusche. Dann das Knallen einer Schranktür.
Daraufhin war Stille.
„Demetrios?“, rief sie mit sanfter, aber fester Stimme durch die Tür. „Wir müssen reden.“
„Geh schlafen.“
„Ich kann nicht schlafen.“
„Aber ich.“ Er machte das Licht aus und zog das Laken über sich.
Das Klopfen ertönte erneut.
„Verdammt, Prinzessin!“
„Bitte.“ Da war er wieder, ihr wohlerzogener aristokratischer Ton. Demetrios fuhr sich stöhnend mit der Hand über das Gesicht. „Okay, warte.“ Er zog sich sein T-Shirt über den Kopf, atmete tief durch und öffnete die Tür einen Spalt. Anny hatte denselben Gesichtsausdruck wie an jenem Abend, als er sie auf Gerards Jacht getroffen hatte. Besorgt. Verwirrt. Fast leidend. Das Letzte, was er jetzt brauchte, war eine leidende Frau.
„Ich bin etwas durcheinander“, sagte sie höflich, „und ich dachte, du könntest mir Aufschluss bieten.“
„Ich glaube, da fragst du den Falschen, Prinzessin“, erwiderte
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