Schenk mir nur eine Nacht
weit weg vom Bus, Alan", riet Luis ihm.
Shontelle hielt den Atem an, als Alan ausstieg und neben dem Bus stehen blieb. Er winkte und redete in fließendem Spanisch auf die Besatzung ein. Obwohl niemand antwortete, sprach er einfach weiter und wies darauf hin, dass in dem Bus nur Australier saßen.
Plötzlich wurde das Geschützrohr bewegt. Man schwenkte es wieder in die ursprüngliche Richtung, ehe der Panzer seine Fahrt fortsetzte und die Straße freimachte. Erleichtert atmeten alle auf, und als Alan wieder einstieg, erhielt er spontanen Beifall. Erst jetzt wurde Shontelle bewusst, dass sie Luis immer noch umarmte, und sie zog sich rasch zurück.
Luis hielt ihre rechte Hand fest und drückte sie dankbar.
Obwohl es nur eine kleine, flüchtige Geste war, verspürte sie ein Kribbeln im Bauch. Dann konzentrierte er sich wieder auf die Aufgabe, die Leute heil aus La Paz hinauszubringen.
Alan klopfte Shontelle auf die Schulter. "Das war eine gute Idee", sagte er und lächelte anerkennend.
Sie nickte und setzte sich wieder hin, während Alan einige beruhigende Worte ins Mikrofon sprach. Statt ihm zuzuhören, betrachtete sie ihre Hand, die Luis gedrückt hatte. Sie ärgerte sich, weil sie immer noch so heftig auf ihn reagierte. Würde das denn nie aufhören, auch wenn sie sich noch so sehr bemühte?
Er brauchte sie nur flüchtig zu berühren, und schon überlief es sie heiß und kalt, obwohl er in der vergangenen Nacht sehr unsanft mit ihr umgegangen war. Und auch der kurze Blick, den er ihr vor der Abfahrt zugeworfen hatte, war ihr unter die Haut gegangen. Man kann es eine verhängnisvolle Affäre oder Liebe nennen, sagte sie sich verbittert.
Aber sie würde sich nicht noch einmal von ihm benutzen lassen. Wenn er etwas von ihr wollte, müssten sie erst miteinander reden und sich gegenseitig die Wahrheit sagen. Und er müsste sie mit Respekt behandeln.
Es wird ihm nicht mehr gelingen, mich zu einer Liebesnacht zu überreden, schwor sie sich und hob entschlossen den Kopf.
Plötzlich musste sie über sich selbst lachen. Er hatte gesagt, er sei noch nicht fertig mit ihr. Aber das bedeutete nicht, dass er noch einmal mit ihr schlafen wollte, sondern konnte alles Mögliche heißen. Vielleicht wollte er sich mit ihr aussprechen und endlich erfahren, was damals wirklich geschehen war. Und vielleicht würde sie nach einer offenen Aussprache eher in der Lage sein, die Vergangenheit zu vergessen.
Als sie am Flughafen vorbeifuhren, der vom Militär streng bewacht wurde, bemerkte Shontelle die Soldaten, die den Bus misstrauisch beobachteten. Zahllose Jeeps standen in langer Reihe am Straßenrand, doch glücklicherweise nahm niemand die Verfolgung auf. Es kam Shontelle wie ein kleines Wunder vor, dass man sie nicht anhielt.
Auf der Fahrt durch die Vororte der Stadt gewann man den Eindruck, das Schlimmste überstanden zu haben. Die Leute entspannten sich, und es wurde gelacht und gescherzt. Nachdem sie La Paz hinter sich gelassen hatten, wirkte die ländliche Umgebung sogar ausgesprochen friedlich.
"Alan! Sieh mal... da vor uns!" sagte Luis plötzlich.
Mehrere Männer schienen vor ihnen auf der Straße etwas zu bauen. Sollte das eine Straßensperre oder irgendein anderes Hindernis werden?
"Die haben einen Graben ausgehoben", erklärte Luis.
Offenbar war er sich seiner Sache sicher.
"Fahr langsamer, Luis", forderte Alan ihn besorgt auf.
"Nein, mit viel Schwung kommen wir eher darüber hinweg", entgegnete Luis angespannt. "Bereite die Leute darauf vor."
"Legen Sie das Handgepäck auf den Boden oder unter die Sitze", wies Alan sie sogleich übers Mikrofon an. "Die Landarbeiter haben einen Graben gebaut, den unser Fahrer sozusagen in fliegender Fahrt überqueren wird. Beeilen Sie sich, damit Ihnen keine Gepäckstücke auf die Köpfe fallen."
Luis fuhr immer schneller, und der Erdhügel kam näher und wirkte immer größer. Das konnte nur bedeuten, dass der Graben dahinter sehr breit war. Hoffentlich ist er nicht zu breit, sonst gibt es einen bösen Unfall, dachte Shontelle entsetzt.
"Hinsetzen!" rief Alan aus. "Halten Sie sich fest, wenn wir auf der anderen Seite landen, und versuchen Sie, den Aufprall mit Ihren Körpern abzufangen."
Niemand sprach, man hörte nur das schwere Atmen der Leute, während der Bus sich dem kritischen Punkt näherte. Zu gern hätte Shontelle gewusst, was Luis dabei durch den Kopf ging. Warum riskierte er so viel? Was dachte er sich dabei?
Schließlich stand er auf und lehnte sich mit dem
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