Schenk mir nur eine Nacht
haben. Der Oberlippenbart verlieh ihm ein playboyhaftes Aussehen, wodurch man sich jedoch nicht täuschen lassen durfte. Shontelle wusste, dass er ein geschickter und cleverer Geschäftsmann war, der die landwirtschaftlichen Betriebe, einen Teilbereich des riesigen Vermögens der Familie, erfolgreich leitete. Manchmal führte er Touristengruppen, die die Ranch außerhalb von Buenos Aires besichtigten, seine hervorragenden Reitkünste vor. Aber das war das einzige Hobby, das Luis' Bruder sich erlaubte, wie Alan ihr erzählt hatte.
"Geh mir aus dem Weg, Patricio", forderte Luis ihn leise, aber bestimmt auf.
"Wir haben angenommen, du seist noch in La Paz", wandte Patricio verständnislos ein.
"Geh mir aus dem Weg", wiederholte Luis drohend. "Und sei wenigstens so höflich, Shontelle zu begrüßen. Du kennst Alans Schwester."
"Shontelle?" Er musterte sie genauer und schien sich plötzlich zu erinnern. "Ich habe dich nicht erkannt." Hochmütig hob er den Kopf und blickte wieder Luis an. "Ich verstehe das alles nicht."
"Das brauchst du auch nicht", antwortete Luis kurz angebunden.
"Du hast doch selbst erklärt, dass die Wrights hier unerwünscht sind", sagte Patricio hitzig.
"Shontelle und ihr Bruder haben mein Vertrauen nie missbraucht, wie ich irrtümlich angenommen hatte. Ich habe ihnen unrecht getan und werde meinen Fehler korrigieren."
"Dafür ist heute Nacht bestimmt nicht der richtige Zeitpunkt, Luis."
"Es könnte keine bessere Gelegenheit geben."
"Bist du verrückt geworden? Die Gallardos sind vollzählig erschienen. Du kannst in Christinas Anwesenheit nicht mit einer anderen Frau am Arm auftauchen."
"O doch, das kann ich."
Luis' Stimme klang so boshaft, dass Patricio die Stirn runzelte und sich an Shontelle wandte. "Ich will dich nicht beleidigen, Shontelle, aber wir befinden uns in einer heiklen Lage. Meine Mutter will bekannt geben, dass ..."
"Sie wird gar nichts bekannt geben", unterbrach Luis ihn.
"Ich habe ihr telefonisch die Situation in La Paz geschildert und ihr erklärt, dass ich den Zeitpunkt, wann ich was verkünden will, ganz allein bestimme."
Patricio schüttelte den Kopf. "Dass du nicht anwesend sein konntest, hat auf die Pläne unserer Mutter keinen Einfluss, Luis.
Sie wird tun, was sie sich vorgenommen hat. Vor deiner Reise nach La Paz hast du alles stillschweigend akzeptiert. Sobald die Musik aufhört..."
"Sie will mich sogar zwingen, mich an die Frau zu binden, die sie für mich ausgesucht hat", stieß Luis zornig hervor. Mit finsterer Miene schob er Patricio zur Seite und zog Shontelle so hastig mit sich, dass sie beinah gestolpert wäre.
Sein Bruder folgte ihnen. "Luis, was du da vorhast, wird dich ruinieren", hielt Patricio ihm vor.
"Sie lässt mir keine Wahl."
"Ich kümmere mich um Shontelle, während du es hinter dich bringst und..."
"Nein!" Luis vergewisserte sich sogleich, dass er sie noch am Arm hatte, und legte seine Hand auf ihre, um damit noch deutlicher zu demonstrieren, dass sie zusammengehörten. "Ab sofort tue ich nur noch das, was ich will, nicht, was meine Mutter will", fuhr er Patricio an.
"Luis, um was geht es hier?" fragte Shontelle beunruhigt. "Du hast gesagt, es sei ein großer Empfang. Aber wenn es um etwas Besonderes geht..."
"Seine Verlobung mit Christina Gallardo wird gleich bekannt gegeben", warf Patricio ein.
"Wie bitte?" rief sie entsetzt aus.
"Nein! Es wird nicht geschehen. Ich werde es nicht zulassen", erklärte Luis entschlossen.
Als Shontelle begriff, was für eine wichtige Tatsache er ihr verheimlicht hatte, blieb sie stehen. "Aber du hast es gewusst! O
nein! Du hast mich überredet mitzukommen, obwohl du es wusstest. Und letzte Nacht..."
Luis blieb auch stehen und sah ihr in die Augen. "Ich habe Christina keinen Heiratsantrag gemacht. Von einer Verlobung war nie die Rede, Shontelle", versicherte er ihr.
"Du hast aber alle in dem Glauben gelassen, du würdest Christina früher oder später heiraten", wandte Patricio ein und kam näher, um sich vor sie zu stellen.
"Heute sind die Karten neu gemischt worden. Seitdem ist nichts mehr, wie es war", fuhr Luis seinen Bruder an. "Ich beanspruche für mich, mein Leben wieder selbst zu bestimmen.
Du kannst ja in Eduardos Rolle schlüpfen, wenn es dir so viel bedeutet. Du fühlst dich darin sowieso wohler als ich."
"Nein, Luis, das würde mir nicht gefallen", antwortete Patricio erregt.
"Dann solltest du verstehen, dass ich selbst bestimmen will, wie ich lebe."
"Luis, so geht es nicht. Du
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