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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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mitgeteilt. Auch sehr poetisch. Ich war überrascht.« Er winkte sie weg, als sei er befriedigt, und bedeutete Vorkosigan, näher heranzutreten.
    Vorkosigan stand in einer Art aggressiver Rührt-euch-Haltung. Sein Mund war spöttisch verzogen, aber seine Augen, sah Cordelia, waren gerührt.
    »Wie lange haben Sie mir gedient, Aral?«, fragte der Kaiser.
    »Seit ich Offizier wurde, sechsundzwanzig Jahre. Oder meinen Sie mit Leib und Blut?«
    »Mit Leib und Blut. Ich habe es immer von dem Tag an gezählt, als das Todeskommando des alten Yuri Ihre Mutter und Ihren Onkel umgebracht hat. Von jener Nacht an, als Ihr Vater und Prinz Xav zu mir ins Hauptquartier der Grünen Armee kamen, mit ihrem sonderbaren Vorschlag. Tag Eins von Yuri Vorbarras Bürgerkrieg. Warum wurde er nie Pjotr Vorkosigans Bürgerkrieg genannt, frage ich mich. Ah, nun gut. Wie alt waren Sie damals?«
    »Elf, Sir.«
    »Elf. Ich war gerade so alt, wie Sie jetzt sind. Seltsam. Also haben Sie mir mit Leib und Blut gedient seit – verdammt, wissen Sie, dieses Ding fängt jetzt an, mein Gehirn zu beeinträchtigen …«
    »Dreiunddreißig Jahre, Sir.«
    »Gott! Danke. Nicht mehr viel Zeit übrig.«
    Dem zynischen Ausdruck auf Vorkosigans Gesicht konnte Cordelia entnehmen, dass er nicht im geringsten von der zur Schau gestellten Senilität des Kaisers überzeugt war.
    Der alte Mann räusperte sich wieder. »Ich hatte Sie immer fragen wollen, was Sie und der alte Yuri zueinander sagten, an jenem Tag zwei Jahre später, als wir ihn in dem alten Schloss niedermetzelten. In letzter Zeit habe ich ein besonderes Interesse für die letzten Worte von Kaisern entwickelt. Graf Vorhalas dachte, Sie hätten mit ihm gespielt.«
    Vorkosigan schloss kurz die Augen, in schmerzlicher Erinnerung. »Kaum. Oh, ich dachte, ich wäre begierig auf den ersten Streich, bis er entblößt und gebunden vor mir stand. Dann – hatte ich diesen Impuls, plötzlich den Säbelhieb gegen seine Kehle zu führen und es sauber zu Ende zu bringen, einfach, damit ich mit allem fertig wäre.«
    Der Kaiser lächelte säuerlich, mit geschlossenen Augen. »Was für einen Tumult hätte das ausgelöst.«
    »Mm. Ich glaube, er erkannte an meinem Gesicht, dass ich Bammel hatte. Er grinste mich höhnisch an. ›Schlag zu, Kleiner. Wenn du es wagst, solange du meine Uniform trägst. Meine Uniform an einem Kind.‹ Das war alles, was er sagte. Ich sagte: ›Sie haben all die Kinder in dem Saal umgebracht‹, was töricht war, aber es war das beste, worauf ich damals kommen konnte, dann führte ich meinen Hieb gegen seinen Bauch. Später habe ich mir oft gewünscht, ich hätte gesagt … – hätte etwas anderes gesagt. Aber am meisten habe ich mir gewünscht, ich hätte den Mumm gehabt, meinem ersten Impuls zu folgen.«
    »Sie sahen ziemlich grün aus, draußen auf dem Wall im Regen.«
    »Er hatte da schon zu schreien begonnen. Ich bedauerte es, dass mein Gehör wieder da war.«
    Der Kaiser seufzte. »Ja, ich erinnere mich.«
    »Sie haben es inszeniert.«
    »Jemand musste es tun.« Er machte eine Pause, ruhte sich aus, dann fügte er hinzu: »Nun, ich habe Sie nicht hierhergerufen, um über alte Zeiten zu plaudern. Hat mein Premierminister Ihnen meine Absicht gesagt?«
    »Etwas über einen Posten. Ich habe ihm gesagt, ich sei nicht interessiert, aber er hat es abgelehnt, mit dieser Botschaft zurückzukehren.«
    Vorbarra schloss müde seine Augen und sprach anscheinend zur Decke. »Sagen Sie mir – Lord Vorkosigan –, wer sollte Regent von Barrayar werden?« Vorkosigan sah aus, als hätte er gerade in etwas Scheußliches gebissen, wäre aber zu höflich, um es auszuspucken. »Vortala.«
    »Zu alt. Er würde keine sechzehn Jahre mehr machen.«
    »Dann die Prinzessin.«
    »Der Generalstab würde sie bei lebendigem Leib verspeisen.«
    »Vordarian?«
    Der Kaiser riss die Augen auf. »Oh, um Gottes willen! Strengen Sie Ihren Verstand an, junger Mann.«
    »Er hat militärische Erfahrung.«
    »Wir werden seine Schattenseiten ausführlich besprechen – wenn mir der Doktor noch eine Woche zu leben gibt. Haben Sie noch andere Scherze, bevor wir zur Sache kommen?«
    »Quintillian vom Innenministerium. Und das ist kein Scherz.«
    Der Kaiser grinste mit seinen gelben Zähnen. »Also haben Sie schließlich doch etwas Gutes über meine Minister zu sagen. Jetzt kann ich sterben; ich habe alles gehört.«
    »Sie würden nie ein zustimmendes Votum von den Grafen bekommen für jemanden ohne ein ›Vor‹ vor seinem Namen«,

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