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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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kannst du darauf wetten, dass er ihn gefunden hat. Wann immer ich mit ihm zu tun hatte, nie war ich ihm überlegen.«
    In dieser Ungewissheit flogen sie mit dem Premierminister zurück nach Vorbarr Sultana.
     
    Die kaiserliche Residenz war ein altes Bauwerk. Fast ein Museumsstück, dachte Cordelia, als sie die abgetretenen Granitstufen zum östlichen Säulengang hinaufstiegen. Die lange Fassade war mit vielen Steinplastiken verziert, mit jeder Figur als einem eigenständigen Kunstwerk, das ästhetische Gegenteil der modernen, gesichtslosen Gebäude der Ministerien, die ein, zwei Kilometer weiter östlich aufragten.
    Man führte sie in einen Raum, der halb wie ein Hospital, halb wie eine Antiquitätenausstellung wirkte. Hohe Fenster gewährten einen Blick auf die architektonischen Garten- und Rasenanlagen auf der Nordseite der Residenz. Der eigentliche Bewohner dieses Raums lag in einem riesigen, aus Holz geschnitzten Bett, einem Erbstück eines prunkliebenden Vorfahren; an seinen Körper waren an einem Dutzend Stellen die hilfreichen Plastikschläuche angeschlossen, die ihn am Leben hielten.
    Ezar Vorbarra war der bleichste Mann, den Cordelia je gesehen hatte, so weiß wie seine Bettlaken, so weiß wie sein Haar. Seine Haut war weiß und über seinen eingefallenen Wangen gerunzelt. Seine Augenlider waren weiß, schwer und zusammengekniffen über nussbraunen Augen; dergleichen Augen hatte sie einmal zuvor schon gesehen, undeutlich in einem Spiegel. Seine Hände waren weiß, auf den Handrücken traten die blauen Adern hervor. Wenn er sprach, dann hoben sich seine Zähne elfenbeingelb von ihrem blutlosen Hintergrund ab.
    Vortala, Vorkosigan und – nach einem Augenblick der Unsicherheit – Cordelia beugten neben dem Bett ihr Knie. Der Kaiser bedeutete mit einem kurzen, mühevollen Rucken eines Fingers seinem betreuenden Arzt, er solle den Raum verlassen. Der Mann verbeugte sich und ging hinaus. Sie standen auf, Vortala war dabei ziemlich ungelenkig.
    »Also, Aral«, sagte der Kaiser. »Sagen Sie mir, wie ich aussehe.«
    »Sehr krank, Sir.«
    Vorbarra lachte leise und hustete. »Erfrischend! Zum ersten Mal seit Wochen, dass ich von jemand eine ehrliche Meinung gehört habe. Selbst Vortala geht wie eine Katze um den heißen Brei herum.« Seine Stimme schnappte über, und er räusperte sich, um seine Kehle vom Schleim zu befreien. »Habe in der letzten Woche mein letztes Melanin weggepinkelt. Dieser verfluchte Doktor lässt mich nicht mehr bei Tageslicht in meinen Garten hinaus.« Er schnaubte – zeigte er damit seine Missbilligung oder rang er nach Atem? »Also das ist Ihre Betanerin, wie? Kommen Sie hierher, junge Frau.«
    Cordelia trat an das Bett heran, und der weiße alte Mann blickte ihr mit seinen aufmerksamen nussbraunen Augen ins Gesicht. »Oberstleutnant Illyan hat mir von Ihnen erzählt. Oberst Negri ebenfalls. Ich habe alle Ihre Berichte aus dem Erkundungsdienst gelesen, wissen Sie. Und auch das erstaunliche Phantasieprodukt Ihrer Psychiaterin. Negri wollte sie engagieren, einfach um neue Ideen für seine Abteilung zu finden. Vorkosigan hat mir, da er Vorkosigan ist, viel weniger erzählt.« Er machte eine Pause, als müsste er erst wieder zu Atem kommen. »Sagen Sie mir jetzt ganz offen – was sehen Sie in ihm, einen gescheiterten … – ach, wie war noch die Formulierung? – angeheuerten Killer?«
    »Aral hat Ihnen etwas erzählt, scheint es«, sagte sie, überrascht, ihre eigenen Worte aus seinem Mund zu hören. Sie erwiderte seinen Blick mit gleicher Neugier. Seine Frage schien nach einer ehrlichen Antwort zu verlangen, und sie rang um die richtige Formulierung.
    »Ich denke – ich sehe mich selbst. Oder jemanden wie mich selbst. Wir suchen beide dasselbe. Wir benennen es mit unterschiedlichen Namen und suchen an unterschiedlichen Orten. Ich glaube, er nennt es Ehre. Ich würde es vielleicht Gottes Gnade nennen. Wir kommen beide mit leeren Händen zurück, meistens.«
    »Ach ja, ich erinnere mich aus Ihrem Dossier, dass Sie eine Art Theistin sind«, sagte der Kaiser. »Ich selbst bin Atheist. Ein einfacher Glaube, aber ein großer Trost für mich in diesen letzten Tagen.«
    »Ja, ich habe seine Anziehungskraft oft selbst gespürt.«
    »Hm.« Er lächelte darüber. »Eine sehr interessante Antwort, im Lichte dessen, was Vorkosigan über Sie gesagt hat.«
    »Was war das, Sir?«, fragte Cordelia; ihre Neugier war geweckt.
    »Sie müssen ihn dazu bewegen, dass er es Ihnen sagt. Er hat es mir im Vertrauen

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