Scherben der Ehre
Frage mit der Tautologie beantwortete: »Weil Gott es so gemacht hat.« Dann schien ein leichter agnostischer Zweifel über sein Gesicht zu huschen. »Tatsächlich dachte ich, der Wachdienst hier sei für uns eine Art Bestrafung«, scherzte er.
Diese Bemerkung weckte Vorkosigans Humor. »Etwa für deine Sünden? Dein Weltbild ist zu egozentrisch, Aristede.«
Er überließ es Vorkalloner, diesen Einwurf zu enträtseln, und wandte sich Cordelia zu: »Ihre Verhaftung sollte ohne Blutvergießen erfolgen. Das hätte auch geklappt, wenn nicht diese andere kleine Geschichte dazwischengekommen wäre. Für manchen hat diese Entschuldigung keine Bedeutung mehr«, er dachte dabei offensichtlich daran, wie sie Rosemont in kalter Finsternis begraben hatten, »aber das ist die einzige Wahrheit, die ich Ihnen anzubieten habe.
Meine Verantwortung wird trotz alledem nicht geringer. Ich bin sicher, irgend jemand im Oberkommando wird auf diesen Punkt hinweisen, wenn das hier ankommt.« Er lächelte säuerlich und setzte sein Tippen fort.
»Nun, ich kann nicht sagen, dass ich es bedauere, die Invasionspläne Ihrer Oberen durcheinandergebracht zu haben«, sagte sie kühn. Mal sehen, was das für Reaktionen hervorruft …
»Was für eine Invasion?«, fragte Vorkalloner, mit einem Mal hellwach.
»Ich hatte befürchtet, dass Sie sich das zusammenreimen würden, sobald Sie die Lagerhöhlen sehen«, sagte Vorkosigan zu ihr gewandt. »Als wir losflogen, wurde noch heiß darüber debattiert, und die Expansionisten benützten das Argument vom günstigen Vorsprung durch einen Überraschungscoup als großen Knüppel, um auf die Friedenspartei einzudreschen. Wenn ich als Privatperson spreche – nun ja, das Recht dazu habe ich nicht, solange ich in Uniform bin. Lassen wir das also.«
»Was für eine Invasion?«, bohrte Vorkalloner erwartungsvoll nach.
»Wenn wir Glück haben, keine«, antwortete Vorkosigan und erlaubte sich ein wenig Offenheit. »Eine davon hat für ein ganzes Leben gereicht.« Er schien seinen Blick nach innen zu richten, auf unangenehme persönliche Erinnerungen.
Vorkalloner kam diese Haltung des Helden von Komarr offensichtlich rätselhaft vor. »Es war ein großer Sieg, Sir. Mit sehr wenigen tödlichen Verlusten.«
»Auf unserer Seite, ja.« Vorkosigan tippte seinen Bericht zu Ende und signierte ihn, dann rief er ein anderes Formular auf und begann, mit dem Lichtgriffel darauf etwas einzugeben.
»Das ist doch der Sinn des Ganzen, oder?«
»Das hängt davon ab, ob man dort bleiben oder nur durchmarschieren will. Auf Komarr bleibt eine sehr heikle politische Erblast zurück. Nicht die Art von Erbe, die ich der nächsten Generation anvertrauen möchte. Wie sind wir eigentlich auf dieses Thema gekommen?« Er beendete die Eingabe am Formular.
»Wo sollte eine Invasion stattfinden?«, fragte Cordelia hartnäckig.
»Warum habe ich nichts darüber gehört?«, fragte Vorkalloner.
»Laut Befehl ist das eine geheime Information, und sie darf nur im Generalstab, im Zentralausschuss der beiden Räte und beim Kaiser erörtert werden. Das bedeutet, dieses Gespräch macht hier halt, Aristede.«
Vorkalloner warf Cordelia einen scharfen Blick zu. »Sie gehört nicht zum Generalstab. Wenn ich daran denke …«
»Auch ich gehöre nicht mehr dazu«, gestand Vorkosigan ein. »Was unseren Gast angeht, ich habe ihr nichts gesagt, worauf sie nicht durch eigene Schlüsse kommen könnte. Was mich angeht, so hatte man meine Meinung wissen wollen über bestimmte Aspekte. Sie gefiel den Herren nicht, als sie sie erfuhren, aber sie hatten ja danach gefragt.« Sein Lächeln war alles andere als nett.
»Ist das der Grund, warum Sie in die Wildnis geschickt wurden?«, fragte Cordelia scharfsichtig; sie hatte das Gefühl, dass sie zu kapieren begann, wie die Dinge auf Barrayar liefen. »Also hatte Major Vorkalloner doch recht mit dem, was er übers Wacheschieben sagte. Hat ein … hm … gewisser alter Freund Ihres Vaters Sie nach Ihrer Meinung gefragt?«
»Sicherlich hat nicht der Ministerrat danach gefragt«, sagte Vorkosigan, aber er ließ sich nicht mehr entlocken und wechselte entschlossen das Thema. »Haben meine Männer Sie korrekt behandelt?«
»Ja, alles okay.«
»Mein Arzt schwört, er wird mich heute Nachmittag entlassen, wenn ich brav bin und heute Vormittag im Bett bleibe. Darf ich später an Ihrer Kabine vorbeikommen, um mit Ihnen unter vier Augen zu sprechen? Es gibt da einiges, was ich klären muss.«
»Sicher«, erwiderte
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