Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)
vorbei in ihre zweistöckige Maisonett ewohnung.
Doch er ignorierte ihre Frage und sah sich suchend in i hrem Wohnzimmer um. »Thox, komm raus, du kleiner Scheißer! Ich weiß, dass du hier bist«, brüllte er in den leeren Raum hinein. Nichts geschah.
»Was …?«, vernahm er Maria irgendwo in weiter Ferne, doch er hörte nicht hin. Wenn Thox wirklich hier war, dann würde er ihn finden und ihm den Arsch aufre ißen! Jonas ließ das Wohnzimmer hinter sich und stürmte zunächst in die Küche, dann in das kleine Gästebadezimmer daneben. Beide Räume waren leer. Er kehrte zurück ins Wohnzimmer, wo sich Maria mit verschränkten Armen aufgestellt hatte und mit zusammengepressten Lippen Vanessa beäugte. Doch Jonas fühlte sich immer noch nicht sicher. Im zweiten Stock gab es so viele Möglichkeiten, wo Thox sich versteckt haben könnte, und er musste einfach sicher sein, dass er nicht hier war.
»Was ist denn los, was soll das Theater?« Maria klang nun genervt. Jonas moc hte diesen Ton ganz und gar nicht.
Ohne zu antworten, streckte er seinen Hals, um zu sehen, ob und was sich in der zweiten Etage abspielte. Dann stieg er entschlossen und mit großen Schritten die geschwungene Treppe hoch – zwei Stufen auf einmal nehmend. Oben ang ekommen ein erneuter prüfender Blick.
»Thox, komm raus, du kleiner Hurensohn! Ich finde dich doch sowieso!«, rief erneut, obwohl er bezweifelte, dass er Thox damit hervorlocken konnte. Vermutlich versteckte er sich wie ein kleines Mädchen unter dem Bett. Dieses zweite, kleinere Wohnzimmer – ihre Spielwiese mit der ausziehbaren Couch – war jedoch ebenso Thox-los wie schon die Räume in der unteren Etage. Es folgte die Kontrolle im Schlafzi mmer. Jonas checkte zur Sicherheit auch den Freiraum unter dem Bett sowie sämtliche Kleiderschränke und anschließend das große Bad. Doch auch hier war er nicht.
Als Jonas zurück ins obere Wohnzimmer kehrte, war M aria ihm inzwischen gefolgt. Ihr wiederum war Vanessa hinterher gekommen, und Jonas wusste einen Augenblick lang nicht, ob er sie für ihren Mut bewundern oder für ihre Dreistigkeit ohrfeigen sollte.
»Hat er angerufen oder ist dir sonst etwas Seltsames aufg efallen?«, fragte Jonas schließlich gehetzt nach.
Doch Maria blickte ihn nur mit verschränkten Armen ve rständnislos an. »Wen meinst du? Thox?«
»Was glaubst du denn, wen ich meine? Natürlich spreche ich von Thox!« Jonas musste sich bemühen, nicht die Nerven zu verlieren. So sehr er Maria auch anbetete, manchmal war auch sie nichts weiter als eine dämliche Möse.
»Es ist alles in Ordnung, Jonas. Thox ist nicht hier.« Doch dann wurden ihre Lippen schmal. »Aber was macht die hier?« Sie deutete auf Vanessa.
Schon wieder hatte Jonas sie vergessen, und ihm wäre es lieb gewesen, wenn es dabei auch hätte bleiben können. B eschwichtigend ging er zu Maria und nahm ihre Hände in die seinen. »Sie weiß Bescheid, Maria. Vanessa ist hier, um uns zu helfen«, erklärte er und konnte im selben Moment kaum glauben, was er da sagte. »Thox weiß über dich Bescheid. Er hat es auf dich abgesehen«, fuhr er fort. Endlich spürte er die erlösende Leichtigkeit der Erleichterung, dass es Thox nicht gelungen war, sich Maria zu holen.
Jonas‘ Plan, zusammen mit ihr geschmiedet, schien so pe rfekt, so gut durchdacht, dass er niemals vermutet hätte, dass sie wirklich jemals in Gefahr geraten würde.
Doch Maria schien seine Erleichterung nicht zu teilen, denn mit seinen Worten war schlagartig die Farbe aus ihrem G esicht gewichen. Die Blässe, die Angst … auch wenn Jonas es in dieser Situation nur ungern zugab, aber sie stand ihr gut. Niemals hatte er sie schöner gefunden …
»Woher weiß er …?«, riss Maria ihn aus seiner verklärten Erregung, die glückl icherweise noch nicht unterhalb seines Bauchnabels angekommen war. Doch bevor Maria zu Ende sprechen oder er etwas erwidern konnte, war es plötzlich Vanessa, die das Wort an sich riss.
»Wir haben das Video gesehen. Du weißt schon, diesen w iderlichen Schmuddelfilm.« In ihrem Tonfall lag Abscheu und Hass. Ekel und verletzter Stolz. Maria begegnete ihrem Blick, und sie zeigte weder Reue noch Scham. Wie sehr Jonas diese Göttin anbetete!
Für einen winzigen Moment lieferten sich Maria und Vane ssa ein Duell der Blicke. Dann war es jedoch Maria, die wegsah und sich Jonas zuwendete. »Warum ist sie hier, Jonas?«, fragte sie erneut, diesmal vorwurfsvoll.
Doch er wollte sich nicht weiter ablenken lassen.
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