Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)
Vanessa allerdings nicht.
»Dann machst du dich ja immerhin nicht strafbar«, sagte Thox nun an Jonas g erichtet, der mit seinem Bier in der Hand am Tisch erschien und sich neben seine Freundin setzte.
»Jetzt hör‘ aber mal auf«, zischte Jonas zurück, und Vanessa fiel auf, dass sie ihn noch nie so hatte reden hören. Es waren nicht die Worte, vielmehr die Stimme, die sich vol lkommen verändert hatte. Ganz so, als gäbe es noch einen anderen Jonas in ihm, der nun durch ihn sprach. Vanessa bekam bei dem Gedanken eine Gänsehaut.
Auf Thox’ Gesicht hatte sich ein totes Grinsen gelegt. »Fickst du sie nur, oder bist du echt in sie verknallt?«
In Panik sprang Vanessa auf. »Ich … gibt’s hier auch eine Toilette?«, fragte sie drängend und drückte Jonas etwas zur Seite, damit er sie durchlassen konnte. Sie musste hier weg. Sie wollte die Antwort von Jonas nicht hören und schon gar nicht kam es für sie infrage, dieses Gespräch weiterzuführen.
»Links von der Küche, im Schlafzimmer gegenüber vom Bett«, erklärte Thox nüchtern, diesmal ohne Vanessa anzus ehen. Seine Aufmerksamkeit gehörte alleine Jonas. Mit einem Schaudern eilte Vanessa davon.
Es war nicht die Frage nach Sex gewesen, die sie so ve rschreckt hatte. Tatsächlich interessierte es sie sogar irgendwie, wie Jonas darauf reagierte. Wirklich erschreckt hatte sie die andere Frage. Gefühle waren heikler als Sex. Vanessa wusste, wie auch immer Jonas‘ Antwort ausgefallen wäre, sie selbst hatte noch nicht den Mut, sich damit konfrontiert zu sehen. Und sie wollte Jonas nicht in die Situation bringen, auf diese Frage die falsche Antwort zu geben – denn darauf gab es nur falsche Antworten.
Das Schlafzimmer von Thox war nicht besonders groß. Im Zentrum des Raums stand an der Stirnwand ein massives Bett, und Vanessa bemühte sich, die zerwühlten Decken d arauf nicht genauer zu betrachten. Gegenüber dem Bett waren zwei Türen. Vanessa entschied sich spontan für die auf der rechten Seite und erwischte beim ersten Anlauf das gesuchte Bad.
Als sie zurückkehrte, standen Thox und Jonas vor dem Bi llardtisch, Jonas hielt noch den Stock in der Hand, doch scheinbar hatten sie ihr Spiel unterbrochen, um sich gegenseitig anzuschreien.
»… und dafür hast du gesorgt!«, brüllte Thox seinen Freund in diesem Auge nblick an.
Unsicher trat Vanessa dazu. »Alles in Ordnung?«
»Alles bestens«, erklärte Thox sarkastisch und drehte sich weg.
Betretenes Schweigen erfüllte den hallenähnlichen Raum wie einen Luftballon. Trotz der Weite wurde das Atmen i mmer schwerer. Vanessa suchte Blickkontakt zu Jonas, doch der schien sie gar nicht zu bemerken. Seine Augen hatten starr Thox fixiert, der aufgebracht hin- und her wanderte, als müsse er sich zusammenreißen, um nicht die Kontrolle zu verlieren.
Vanessa verstand nun, warum Jonas sie davon hatte abhalten wollen, ihn zu diesem Besuch zu begleiten. Aber warum J onas überhaupt herkommen musste, war ihr unbegreiflich. Diese Männer waren keine Freunde. Zumindest nicht mehr. Was sie einst einmal verbunden hatte, wusste sie nicht, aber davon war nichts mehr übrig.
Irgendwann konnte Vanessa die gereizte Spannung nicht mehr ertragen. »Woher kennt ihr euch eigentlich?«, fragte sie in den stillen Raum hinein, nur um irgendetwas zu sagen. Tatsächlich wollte sie wissen, was diese zwei Männer dazu bewog, sich gegenseitig als Freunde zu bezeichnen.
Thox beendete seinen ruhelosen Marsch, blieb vor Vanessa stehen und blickte herablassend zu ihr runter. »Oh, bitte komm jetzt nicht mit diesen blöden Verlegenheitsfragen.«
»Vielleicht ist es Interesse?« Sie hielt seinem Blick stand, sie wollte sich keine Schwäche anmerken lassen, ihm nicht ze igen, dass er ihr eigentlich Angst machte.
»Warum sollte es dich interessieren?«
»Ja, warum bloß?«, erwiderte sie ironisch.
Für einige Augenblicke funkelten sie sich wütend an. Schließlich triumphierte Vanessa, als Thox seinen Blick a bwendete und Jonas ansah. »Ist sie im Bett auch so eine widerspenstige Schlampe?«
Vanessa zuckte wie geschlagen zusammen.
»Verdammt, Thox …!«, fluchte Jonas.
Thox grinste erneut, diesmal etwas weniger tot. »Jetzt tu nicht so, Jonas! Wir wissen doch beide, dass du darauf stehst.«
Vanessas Herz begann zu rasen. Sie hatte das Gefühl, ihr Hals würde sich zuschnüren und kein Blut mehr zu ihrem Gehirn durchlassen. Sicher würde sie gleich das Bewusstsein verlieren, und mit feuchten Händen klammerte sie sich am
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