Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)
Billardtisch fest. Keinen ihrer verwirrten Gedanken bekam sie zu fassen.
»Ich würde gerne gehen, Jonas«, hörte sie sich selbst fl ehen.
Doch Jonas schien sie kaum wahrzunehmen. Seine Aufmer ksamkeit gehörte noch immer allein seinem sogenannten besten Freund. »Warum bist du so ein Arschloch, Thox? Kannst du dich nicht zusammenreißen?«
Thox wirkte plötzlich seltsam bitter. »Dass ausgerechnet du das sagst! Warum bist du hier, Jonas?«
»Weil du Geburtstag hast.«
»Als ob das eine Rolle für dich spielt. Das ist nicht der wahre Grund, und das wissen wir beide.«
»Verarsch mich nicht!«, brüllte plötzlich wieder der andere Jonas mit der kalten, etwas höheren Stimme.
Vanessa war entsetzt und erschrocken zugleich. Sie wusste nicht, worüber sich die Männer stritten und weshalb sie und Jonas überhaupt noch hier waren. »Ich möchte jetzt wirklich endlich gehen, Jonas«, drängte sie erneut.
»Tu dir keinen Zwang an. Du warst ohnehin nicht eingeladen«, zischte Thox, während er sie wieder mit einem Blick bedachte, der sie erschauern ließ.
»Wage es nicht, noch einmal so mit ihr zu reden«, drohte J onas, doch beinahe wäre es Vanessa entgangen. Thox‘ durchdringender Blick, der scheinbar versuchte, ihr etwas zu sagen, ließ sie einfach nicht los.
»Sie ist nicht deine Freundin, Jonas. Ich weiß, dass sie es nicht ist. Du wärst sonst nicht hier, also hör‘ auf, mich für dumm zu verkaufen.« Erst jetzt blickte er zu Jonas.
Vanessas Benommenheit war wie verflogen, und sie empfand es an der Zeit, die Dinge in die Hand zu nehmen.
»Ich weiß nicht, was dein beschissenes Problem ist, Thox, aber Jonas und ich sind ein Paar, ob es dir nun passt oder nicht.« Dabei war sie einen Schritt auf ihn zugegangen und blickte ihn wütend an. Erst jetzt bemerkte sie die kleine Na rbe unter seinem linken Auge.
»Das denkst du wirklich, oder?«, fragte Thox ungläubig.
Sein plötzlicher Tonfall verunsicherte Vanessa. »Warum sollte ich nicht?«
Jonas umfasste ihren Arm. »Vanessa, nicht …«
Etwas grob entriss sie ihm den Arm. »Warum nicht, Jonas? Ich sage nur die Wahrheit. Und jetzt sollten wir besser gehen.« Ein bekanntes Gefühl von Wut bedrängte Vanessa. Sie eilte in Richtung Haustür, als Jonas sich nicht rührte. Sie sah keinen Grund, noch eine Sekunde länger in diesem emotionalen Schlachthof zu verbringen.
»Du hast ja keine Ahnung, worauf du dich eingelassen hast«, rief Thox ihr hinterher. Schlagartig blieb Vanessa st ehen und wirbelte herum.
»Keine Sorge, Thox. Zu deinem nächsten Geburtstag we rde ich bestimmt nicht noch einmal mitkommen«, brüllte sie ihn an. Ohne zu begreifen, warum es so war, spürte sie plötzlich heiße Tränen in ihren Augen. Wieder bemerkte sie Thox' stechenden Blick, der sich schwer auf sie legte.
»Ich rede nicht von mir, Vanessa Justine Seebusch. Glaub nicht, was du siehst! Sei dir sicher, nicht alles zu wissen. Wenn ich du wäre, würde ich laufen so schnell ich könnte.«
Vanessa wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Plötzlich spürte sie Jonas‘ Körperwärme neben sich, und er ergriff ihre Hand. »Halt‘s Maul, Thox!«, wisperte die fremde Stimme in ihm, und schließlich zog er die erstarrte Vanessa aus dem Haus.
Die Rückfahrt war zunächst begleitet von betretenem Schweigen. Vanessa fühlte sich hilflos und benommen. Auch Jonas neben ihr sagte kein Wort, gab keine Erklärung für das, was geschehen war. Hin und wieder warf Vanessa einen Blick zu ihm, doch er saß nur bewegungslos vor dem Lenkrad und starrte auf die dunkle Straße.
Schließlich konnte Vanessa das Schweigen nicht mehr ertr agen.
»Was hat das alles zu bedeuten, Jonas?«
»Thox hat sich ziemlich daneben benommen, ich weiß. Geburtstage sind nicht sein Ding.«
Vanessa schüttelte irritiert den Kopf. »Das ist alles?«
»Es ist bedeutungslose Scheiße, Vanessa.«
»Erzähl sie mir trotzdem. Ich habe Zeit.«
»Du würdest das nicht verstehen.«
Vanessa konnte ihre Fassungslosigkeit kaum verbergen. »Scheinbar nicht.«
Zunächst erwiderte Jonas nichts, doch ein Blick zur Seite verriet ihr, dass auch für ihn das Thema noch nicht abgehakt war. Schließlich sagte er: »Thox und ich sind Freunde, und das verschwindet nicht einfach. Wir kennen uns, seit wir Kinder waren, und das bedeutet etwas.« Vanessa konnte an seiner Stimme erkennen, dass er jedes Wort tatsächlich meinte. Jedes seiner Worte hatte Bedeutung und die Berechtigung, zu existieren.
»Du nennst diesen
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