Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)
würde, hatte sie nicht verdient. Aber darum ging es nicht.
Noch immer blickte sie ihn aus wilden Augen an. Die näch sten Tage würden in jedem Fall interessant werden!
Er griff nach einer Strähne ihres dunklen Haars und ließ sie durch seine Finger gleiten. Irritierte Verblüffung legte sich auf ihr Gesicht, doch sie ließ seine Geste zu.
»Es tut mir leid«, sagte er leise und ging davon. In seinem Rücken konnte er spüren, dass sie ihm hinterher sah. Welcher Ausdruck in ihren Augen lag, wusste er jedoch nicht.
Freitag, 25. Juli
Der Sex hatte sich für Vanessa nicht nur wie ein One-Night-Stand angefühlt, es blieb auch bei dem einen Mal. Sie und Jonas hatten die vergangenen sieben Tage nur wenig Zeit miteinander verbracht. Am Sonntag besuchte er sie kurz in ihrer Wohnung, um sicherzugehen, dass sie nach ihrer g emeinsamen Nacht nicht glaubte, er hätte bereits genug von ihr. Vanessa rührte diese Geste, doch nur so lange, bis er wieder ging, um eine wichtige Präsentation für die Werbeagentur vorzubereiten.
Und so ging es die ganzen Tage weiter. Jeden Abend musste Jonas Überstunden machen, und sie verbrachten die Nächte in getrennten Wohnungen. Oder Vanessa blieb bei ihm, doch er war so müde, dass er einschlief, sobald sein Kopf das Ki ssen berührte. Vanessa kam nicht umhin, sich zu fragen, ob es möglicherweise an ihr lag. Wenn er wirklich nicht die Nase voll von ihr hatte, müsste er mit ihr schlafen wollen, obwohl er müde war, oder nicht? Bei frisch verliebten Paaren war das doch so! Etwas an ihr schien ihn jedoch nicht zu erregen. Jedenfalls nicht genug. Zudem spukte ihr immer noch das Gespräch mit Tamara durch den Kopf. Sollte sie tatsächlich mit ihm reden, solange sie nicht wieder Sex gehabt hatten? Zumindest gäbe ihr das mehr Sicherheit und die Zuversicht, dass er sie so verstehen würde, wie sie es vor Thox behauptet hatte.
Vanessa hatte Jonas nichts von ihrer Begegnung mit Thox erzählt. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass er ihr bloß sagen würde, sie solle sich von ihm fernhalten. Als ob sie jemanden bräuchte, der ihr das sagte! Jonas würde sie mit Lügen fü ttern, hatte Thox behauptet. Offensichtlich war aber er es selbst, der log. Vermutlich wollte er die Beziehung zwischen ihr und Jonas zerstören. Vielleicht um ihn alleine für sich zu haben … Aber das kümmerte Vanessa nicht. Denn Jonas gehörte ihr.
Doch an diesem Abend machte ihre Ungeduld es ihr unmö glich, noch länger auf die Initiative von Jonas zu warten. Sie hatte ihn überredet, die Nacht bei ihm bleiben zu dürfen. Aber anstatt ihr die Kleider vom Leib zu reißen und es ihr mit der Liebe zu besorgen, von der er gesprochen hatte, saß er auf der Couch und sah eine Quizshow im Fernsehen. Ihre Anwesenheit schien er nur nebenbei zu bemerken.
Schließlich überwindete Vanessa ihren inneren Widerstand und setzte sich zu ihm.
»Alles okay mit dir?«, fragte sie vorsichtig.
Er sah nicht einmal vom Bildschirm weg. »Ja, wieso?«
»Du wirkst so … distanziert.«
Jetzt streifte sein Blick sie doch. »Es ist nichts, mach dir ke ine Sorgen. Es ist im Moment nur in der Agentur so stressig, aber das weißt du ja.«
Vanessa nickte, doch vermutlich bemerkte er es nicht, da er sich bereits wieder dem Fernseher zugewandt hatte. Sie a tmete tief durch, um die Ruhe zu bewahren, dann startete sie einen erneuten Versuch. »Darf ich … können wir reden?«
Zu ihrer Überraschung bekam sie nun seine Aufmerksamkeit. Er schaltete den Fernseher aus, bevor er sich mit seinem ga nzen Körper zu ihr drehte. »Was ist los?«
Vanessa war erleichtert … dabei kam jetzt erst der schwier ige Teil. »Ich weiß nicht ganz … wie fest ist unsere Beziehung eigentlich?«, fragte sie schließlich.
Jonas sah sie zunächst irritiert, dann amüsiert an und legte seinen Kopf schräg. »Gibt es da etwa eine Messlatte? Von ‚gar nicht fest’ über ‚halb fest’ bis ‚total fest’?«
Vanessa schluckte trocken. »Du hast gesagt, dass du mich liebst.«
Jonas nickte. »Ich erinnere mich.«
»Oh … super …!«, stöhnte sie nervös. Die Erinnerung daran machte sie seltsam verlegen. Sie blickte unruhig auf ihre Hände. Der Zeigefinger ihrer rechten Hand sah angeknabbert und roh aus, ebenso wie der Mittelfinger. Der Nagel war bis zu der Stelle abgefressen, an der er mit der Haut verwachsen war, und noch etwas weiter. Aber es tat fast gar nicht weh. »Ich habe mich nur gefragt, wie du sonst damit umgehst. Ich meine, es ist leicht
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