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Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Titel: Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ruhkieck
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Neuem festzustellen. Er beobachtete sie, wie sie das Gebäude der Werbeagentur verließ – alleine. Er wusste von Jonas, dass sie dort ein Praktikum absolvierte und er sie dort kennengelernt hatte. Scheinbar machten sie an di esem Nachmittag nicht gemeinsam Feierabend. Eigentlich hatte er sich ansehen wollen, wie Jonas mit ihr umging, wenn er sich unbeobachtet fühlte, doch so war es ihm auch recht. Mehr über diese junge Frau zu erfahren, der es offenbar gelungen war, Jonas den Kopf zu verdrehen - und noch viel wichtiger, sein Herz zu erobern -, war sicher eine ebenso interessante Gelegenheit.
    Zunächst schlenderte sie die nahegelegene Einkaufsstraße entlang, jedoch ohne einen Blick in die Schaufenster zu we rfen. Sie wirkte abwesend, als wäre sie tief in belastende Gedanken verloren. Er hielt stets den nötigen Abstand zu ihr, unter keinen Umständen durfte sie bemerken, dass er da war und sie studierte. Das sollte eine Überraschung sein.
    Irgendwann blieb sie an einer Kreuzung vor einem Geschäft stehen. Auch er verharrte und betrachtete sie ausgi ebig. Sie war attraktiv, aber auch erschreckend jung. Wie sie da vor dem Klamottenladen stand und unentschlossen einige Kleidungsstücke befingerte, wirkte sie beinahe kindlich. Aber sie war erwachsen, volljährig zumindest, was ihm das Tattoo auf ihrem Rücken deutlich machte, das an den Seiten ihres Trägertops hinaus lugte. Was es genau war, konnte er nicht erkennen, doch es stachelte seine Neugier weiter an.
    Schließlich verschwand sie in dem Geschäft. Er näherte sich vorsichtig dem L aden, um vielleicht einen Blick durch das Fenster zu werfen und sie dabei zu beobachten, wie sie durch die Regale streifte. Doch noch bevor er etwas sehen konnte, kam er sich vor wie auf einem Präsentierteller, und er drückte sich um die Ecke an die Hauswand. Möglicherweise würde sie ihn erkennen, sobald sie den Laden wieder verließ und um die Ecke bog, aber er hatte die Erfahrung gemacht, dass sich die Leute auf der Straße nur selten ins Gesicht sahen.
    Doch sie kam nicht wieder aus dem Laden. Vorsichtig spähte er um die Ecke, um einen Blick in das Geschäft zu werfen. Aus seinem Winkel war sie nirgendwo mehr zu s ehen.
    Plötzlich hörte er ein Geräusch hinter sich und drehte sich schlagartig um.
    Sie hatte sich ihm von hinten genähert, ohne dass er es bemerkt hatte. Aber wie …?
    Hinterausgang, beantwortete er seine Frage selbst. Dann ha tte sie ihn also doch bemerkt.
    »Du verfolgst mich.«
    »Und wenn es so wäre?«
    »Dann würde ich wissen wollen, warum.«
    Er war erstaunt, wie verwegen sie wirkte. Als würde es sie nicht beunruhigen, von jemandem wie ihm beobachtet und verfolgt zu werden. Als würde sie davon ausgehen, sie sei die tatsächliche Bedrohung, die er zu fürchten hatte.
    »Vielleicht will ich wissen, was es mit dir auf sich hat.«
    »Mit mir? Ich bin kein Geheimnis.«
    »Warum ist Jonas mit dir zusammen?«
    Ihm fiel auf, dass sie nicht sofort antwortete. Sie musterte ihn eingehend, kritisch aber nicht misstrauisch, bevor sie dann sagte: »Weil er mich liebt.«
    Das arme Mädchen. »Das glaubst du wirklich, oder?«
    »Er hat es mir gesagt.«
    Er trat einen Schritt auf sie zu. Er wollte sie erschrecken, wollte sehen, wie sich ihre Pupillen vor Angst weiteten, wenn er sie mit der Wahrheit konfrontierte. »Er füttert dich mit Lügen, und du merkst es nicht einmal!«, zischte er, se inen Mund dicht an ihrem Ohr.
    Doch sie schubste ihn zurück und wich seiner Nähe aus. »Verpiss dich, Arsc hloch!«
    »Du solltest aufpassen.«
    Ihre Pupillen weiteten sich nicht. Sie zeigte keine Angst, keine Zweifel. Nur Unverständnis lag in ihren sentimentalen Augen, grün wie Smaragde. »Was ist daran so schwer zu glauben, dass Jonas mich liebt? Er versteht mich, und er hat es selbst gesagt. Er hat mir gesagt, dass er mich liebt, obwohl er es nicht hätte sagen müssen. Ich habe ihn nicht aufgefordert oder ihn sonst dazu genötigt. Er musste es nicht einmal sagen, um mich ficken zu dürfen. Er hatte keinen anderen Grund als den, dass er es wirklich meint. Also verpiss dich, bevor ich meine beschissene Freundlichkeit das Klo runterspüle!« Sie war vollkommen ruhig, während sie sprach, und sie wirkte absolut überzeugt von ihren Worten. Es war mehr als offensichtlich, dass sie Jonas glaubte. Doch es lag auch Wahrheit in ihren Worten. Warum sollte Jonas ihr sagen, dass er sie liebte, wenn dem nicht so war?
    Mit einem Mal empfand er Mitleid mit ihr. Was ihr widerfa hren

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