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Scherbenhaufen

Scherbenhaufen

Titel: Scherbenhaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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haben.«
    »Hanspudi. Du bist dir im Klaren, dass da Geschehnisse interpretiert werden, von denen wir nur indirekt durch Robert und Niklaus Weihermann erfahren haben?«
    »Natürlich«, beschwichtige ich ihn.
    »Wer garantiert uns, dass nicht der umgekehrte Fall in Betracht gezogen werden muss?«, zweifelt Jürg Lüthi. »Angenommen, der Vorfall hat sich nicht ereignet. Wer hat dann das gegenteilige Gerücht in die Welt gesetzt? Und vor allem: mit welchem Motiv?«
    »Dann wäre es eine Erfindung der beiden Töpfer«, folgere ich und relativiere: »Nur kann ich schwerlich glauben, dass Niklaus seiner Freundin diese schreckliche Geschichte andichtet.«
    »Nein. Er nicht«, bestätigt mein Mitdenker. »Sein Vater vielleicht schon?«
    »Wozu?«, frage ich.
    »Wer weiß, ob ihm Eva Rechberger als künftige Schwiegertochter überhaupt genehm wäre?«
    »Was kümmerte das den Sohn?« In meinem Telefonhörer erklingt das warnende Tuten von Jürg Lüthis Handy-Akku. Ich beeile mich, meinen letzten Einwand vorzubringen. »Vergiss nicht, dass Niklaus Weihermann im Schloss war, nicht sein Vater. Robert Weihermann wird kaum so weit gehen, seinem eigenen Fleisch und Blut Lügengeschichten einzubläuen und es eigennützig zu Falschaussagen anzustiften.«
    Tut, tut, tut, klingt es im Hintergrund.
    Jürg Lüthi meint: »Niklaus gegenüber vielleicht nicht. Uns hingegen kann Robert Weihermann doch auftischen, was ihm beliebt.«
    »Ja, aber er stellt nicht nur den Berichterstatter, sonder auch unseren Auftraggeber dar«, erinnere ich. »Wozu sollte er auf der einen Seite falsch informieren, wenn er sich andrerseits die Wahrheitsfindung etwas kosten lässt?«
    »Was hältst du von der Variante, dass eine strafbare Handlung zwar stattgefunden hat, Eva sich jedoch nicht daran erinnern will oder kann, weil sie den Vorfall bewusst oder unbewusst verdrängt?«, psychologisiert Jürg Lüthi. »Das erklärte immerhin ihren merkwürdigen Filmriss, was das Signalement des fraglichen Täters anbelangt.«
    Gedankenverloren zwirble ich mit Daumen und Zeigefinger ein Härchen der rechten Augenbraue. Wer mich kennt, weiß, dass ich in solchen Momenten besonders scharf nachdenke. Ist das Haar erfolgreich entwurzelt, beginnt sich oftmals auch das verhockte Problem zu lösen. Ich blicke zum Spiegel und spreche eine weitere Vermutung aus. »Vielleicht pflegt Eva heimlich einen zweiten Adam, parallel zu ihrem Niklaus?«
    »Du meinst denjenigen, der sie im Museum …?«
    Bevor er den Satz beendet hat, beginnt sein Handy wild zu piepsen. Kurz darauf reißt der Kontakt abrupt ab.
    Ich mache ein paar Schritte Richtung Kochnische und vermisse in diesem Augenblick eine leistungsfähige Kaffeemaschine, zusätzlich zur fehlenden Mikrowelle. Warum nur vergesse ich regelmäßig solche segensreichen Anschaffungen, kaum habe ich die Detektei verlassen? Vor der Auflösung dieses mentalen Küchenmysteriums dudelt das Telefon seine simple Melodie. Ruft tatsächlich bereits mein Assistent zurück?
    »Hallo, Hanspeter!«, flötet stattdessen eine vertraute Frauenstimme.
    Am Vorabend hat mir Eleonore Günther gemeinsame Ferienpläne in Erinnerung gerufen. Ich habe Ellen einmal mehr mit Ausreden vertröstet und gehofft, das Thema erfolgreich vertagt zu haben.
    »Ellen, du schon wieder?«, stöhne ich uncharmant in den Hörer.
    »Wo bleibt die Begeisterung?«, rügt die Holde.
    »’Tschuldige, Schatz. Ich habe soeben mit Jürg Lüthi telefoniert. Etwas Dringendes. Dabei sind wir unterbrochen worden.«
    »Durch mich? Wie sollte das funktionieren?«, wundert sie sich.
    Ich wehre ab. »Nein, nein. Vergiss es!«
    »So wie du unsere Reisepläne?«, hakt sie nach.
    »Müssen wir heute darüber reden? Habe ich gestern nicht deutlich gemacht, dass Pauschalferien für mich kaum infrage kommen?«
    Eleonore Günther klingt beleidigt. »Djerba war ein erster, unverbindlicher Vorschlag, Hanspeter. Wenn du dich mit Wellness-Ferien in einem 5-Sterne Hotel nicht anfreunden kannst, werde ich für uns schon eine heruntergekommene Karawanserei aufstöbern.«
    »Bitte, Ellen! Ich sollte unbedingt mit Jüre in Kontakt treten. Es gibt Neuigkeiten im Fall Rechberger.«
    »Ja, klar!«, tönt sie schnippisch. »Allerdings frage ich mich allmählich, ob dieser Zeitpunkt überhaupt existiert?«
    »Bestimmt, Schatz«, versuche ich sie zu beschwichtigen. »Ich melde mich.«
    »Gut, Hanspeter«, meint sie. »Wenn möglich noch vor Wintereinbruch. Sonst musst du mit einer bitterkalten Eiszeit rechnen.

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