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Scherbenmond

Titel: Scherbenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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noch nicht, wieso da was drauf ist. Wir sind doch eingeschlafen. Oder?«
    »Du bist eingeschlafen. Ich nicht.«
    »Also hast du mich angelogen.«
    »Wow, du bist ja heute besonders schnell von Begriff, Ellie«, spöttelte Tillmann. »Ich wollte erst sichergehen, dass sich der ganze Ärger auch lohnt und etwas auf dem Band zu sehen ist, bevor ich es dir sage.«
    »Welcher Ärger? Und warum hast du mich nicht geweckt? Mensch, Tillmann, so war das nicht abgemacht! Du kannst hier nicht im Alleingang alles an dich reißen!« »Dir hätten meine Methoden nicht gefallen.«
    »Wir hatten doch die gleichen Methoden!«, ereiferte ich mich. »Wir haben getanzt, gehungert, gefroren ...«
    »Nicht ganz. Ich hab irgendwann gemerkt, dass ich ebenfalls müde wurde. Und ich hab die Schwimmzüge gehört, als ich die Musik ausgeschaltet habe. Er war schon ganz nah. Deshalb hab ich zu Plan B gegriffen.«
    »Plan B?«, fragte ich argwöhnisch. Ich hatte bis dato nichts von einem Plan B gewusst.
    Tillmann blickte mich ungerührt an, als er antwortete. »Kokain.«
    »Kokain? Bist du wahnsinnig geworden?«, schnauzte ich ihn an und verschränkte meine Finger ineinander, um ihm nicht eins überzuziehen.
    »Siehst du. Ich wusste, dass es dir nicht gefallen würde. Dabei hast du mich erst auf diese Idee gebracht.«
    Das stimmte. Ich hatte gesagt, dass Kokain bestimmt gut zu ihm passen würde. Aber das war noch lange keine Aufforderung gewesen, sich an harten Drogen zu vergreifen. Ich schnaufte empört.
    »Pass auf, Ellie. Kokain macht extrem wach. Also hab ich mir eine Nase reingezogen. Mann, jetzt guck mich nicht so an! Ich hab mein Leben riskiert, um den Angriff aufzunehmen! Ich hatte ’ne totale Überdosis ...« Tillmann fasste sich kurz an die Stirn. »Ich wollte schließlich sichergehen, dass sich der Einsatz auch lohnt. Meine Nase hat geblutet und mein Puls hat sich erst heute Mittag wieder einigermaßen eingependelt. Lustig war das bestimmt nicht. Es ist eine Scheißdroge.«
    »Dann war das heute Morgen ...« Er war wirklich verändert gewesen. Und wie.
    »Ja. Sorry.« Tillmann hob entschuldigend die Schultern. »Ich wollte einfach in Ruhe wieder runterkommen. Deine nervtötende Fragerei war nicht gerade hilfreich dabei.« »Und das Koks hast du von meinem Geld bezahlt. Oder etwa von Pauls Kreditkarte?«
    Tillmann lachte höhnisch auf. »Ja, klar. Ich geh auf die Reeperbahn, order eine Nase Koks und bezahl mit Kreditkarte.« Er schüttelte rätselnd den Kopf. »Manchmal frag ich mich, in welchen Sphären du schwebst, Ellie.«
    »Jedenfalls nicht in der Drogenszene. Und was machen wir, wenn du jetzt süchtig bist?«
    Tillmann winkte ab. »Nicht nach einem Mal. Ich sag doch, das Zeug ist scheiße. Das tötet deine Träume ab und vernichtet all deine spirituelle Kraft. Für mich gab es auf diesem Trip nur noch zwei Wünsche: Sex und Gewalt.«
    Ich trat unwillkürlich einen Schritt zurück.
    »Vielleicht verstehst du jetzt ja, warum ich die Betten auseinandergeschoben hab.« Tillmann hob seine Hand. Alle Knöchel waren aufgerissen und schillerten bläulich. Er musste seine Faust immer wieder gegen die Wand geschlagen haben.
    »Ähm. Ja. Klar.« Ich räusperte mich verlegen. »Du weißt wirklich nicht, was auf dem Film ist?«, wechselte ich eilig das Thema. Sex und Gewalt. Auweia. Nun war ich ihm sogar dankbar, dass er die Betten getrennt hatte.
    Tillmann schüttelte den Kopf. »Nein. Keine Ahnung. Ich war zu sehr damit beschäftigt, nicht zu sterben, um einen Blick durch die Kamera zu werfen. Ich hab einen Todesmoment nach dem anderen durchlebt.«
    »Todesmoment?«, krächzte ich. »Was ist das?«
    »Willst du nicht wissen.«
    Nein, vielleicht wollte ich das wirklich nicht. In meinen nächtlichen Träumen hatte ich genug eigene Todesmomente.
    »Übrigens.« Tillmann schob seinen Ärmel nach oben. »Das war natürlich kein Lack. Mir ist die Schwefelsäure beim Entwickeln des
    Films aus der Hand gerutscht. François muss demnächst in einen neuen Teppich für die Galerie investieren.«
    Die Badezimmertür klappte und Giannas zögerliche Schritte näherten sich.
    »Elisabeth? Tillmann?«, rief sie unsicher.
    »Hier herein!« Ich gab mir redlich Mühe, vertrauenerweckend zu klingen. Doch meine wackelige Stimme verriet meine Anspannung.
    Gianna blieb wie angewurzelt auf der Schwelle stehen, als sie die altertümliche Leinwand und den Projektor erblickte, doch Tillmann zog sie resolut in den Raum und schloss die Tür. Nach einem sekundenlangen

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