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Scherbenmond

Titel: Scherbenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Essen, schöne Musik, unterhaltsame Gespräche. Das reicht. Mehr muss es nicht sein. Und wenn dann noch Liebe in der Luft hängt...« Gianna stockte.
    »Genau. An diesem Punkt kommst du ins Spiel.«
    »Nein. Nein, nein, nein.« Gianna wackelte so entschieden mit dem Kopf, dass es aussah, als würde ihr schmaler Hals im nächsten Augenblick abbrechen. »Keine Chance. Ich bin nicht käuflich.«
    »Ich hab nicht gesagt, dass du mit ihm ins Bett gehen sollst. Ich weiß gar nicht, ob er dazu momentan in der Lage wäre. Wir werden alle dabei sein. Tillmann, Paul, du und ich. Es gehört nämlich auch Freundschaft zum Glücklichsein, wenn ich mich nicht irre. Du musst dem Ganzen das Sahnehäubchen aufsetzen und dafür sorgen, dass ihr euch ineinander verliebt. Was ihr ja eigentlich schon getan habt«, fügte ich rasch hinzu, weil Gianna guckte, als wolle sie sich schreiend auf mich stürzen. »Es muss nur ... ähm, vollendet werden. Ein Kuss reicht völlig.«
    Ich dachte an Colins Worte und ein schneidender Schmerz raste durch meine Brust. Sex ist nur die Vollendung. Wenn er starb, war es das für immer gewesen. Ein Mal in Fesseln. Ein Mal nur für mich. Falls das lediglich die Vollendung war, war ich wohl ein Mensch, dem einiges daran lag, Dinge zu vollenden. Nicht alles, aber viel. Dabei wäre ich momentan schon überglücklich gewesen, einfach nur neben ihm zu sitzen. Mich mit ihm in einem Raum zu befinden. Ihn ansehen zu können.
    »Elisa. So etwas kann man nicht erzwingen. Das geht nicht«, holte mich Gianna in die Gegenwart zurück. Sie klang enervierend vernünftig.
    »Okay«, sagte ich kühl. »Dann lassen wir Paul eben abkratzen.« Ich stand auf und packte meine Sachen in den Rucksack, als wolle ich gehen.
    »Nein! Ellie, nein, bleib hier, bitte. So hab ich das nicht gemeint. Ich weiß nur nicht, ob ich das kann. Ich will so etwas nicht arrangieren. Das muss von alleine passieren. Nur dann ist es Liebe.«
    »Ich finde, es ist Liebe, wenn man jemandem das Leben rettet«, argumentierte ich stur. Und verdammt noch mal, ich würde in anderthalb Wochen kein zweites Mädchen auftreiben können, in das Paul sich eventuell verknallte. Gianna musste mitmachen. »Du magst ihn doch, oder? Ich hab das gesehen! Ihr habt euch sofort gemocht! Liebe auf den ersten Blick.« Ich hörte mich beinahe euphorisch an.
    Gianna betrachtete mich mitleidig. »Daran glaubst du doch selbst nicht. Oder vielleicht doch? Na ja, du bist erst achtzehn - da hat man noch Träume und Hoffnungen ...«
    »Oh Gianna, verschon mich mit diesem blöden
    Erwachsenengelaber. Ja, du hast miese Typen gehabt, verstehe ich. Aber das heißt noch lange nicht, dass es für dich keine Träume und Hoffnungen mehr gibt. Wenn ich jetzt keine Hoffnung hätte, würde ich durchdrehen! Wir müssen Hoffnung haben, um Paul zu retten, und Träume - Träume sind lebenswichtig!« Ich stampfte mit dem Fuß auf und der Boden knarrte bedrohlich.
    »Okay. Ich darf also weder an Paul denken noch mit ihm in Verbindung treten. Habe ich das richtig verstanden?« Sie blickte verkniffen zu mir auf.
    »Hast du. Keinen Kontakt. Keine Mails, keine SMS, keine Anrufe.« Wie hatte Colin gesagt? Sie ist womöglich zu spontan. Und das Internet schien ihr Lebensinhalt zu sein, wenn sie nicht gerade arbeitete. Der Computer lief die ganze Zeit und bisher hatte sie jedes Mal sofort geantwortet, wenn eine neue Mail eingegangen war. Das Hacken auf der Tastatur glich einem Trommelfeuer. Ich musste so bald wie möglich für eine geeignete Ablenkung sorgen. Ablenkung, die hoffentlich nicht andere Gefühle in ihr wecken und damit die zarten Bande zu Paul zunichtemachen würde.
    »Und dann ...« Gianna warf die Arme in die Luft und riss dabei eine Pfanne von der Arbeitsplatte, die scheppernd zu Boden ging und Rufus in die Flucht jagte. »Dann soll ich mich einfach mal so in deinen Bruder verlieben. Paff. Aber du hast hoffentlich auch schon den indischen Rosenverkäufer bestellt und die Fee, die uns danach drei Wünsche erfüllt, oder?« Gianna nahm die Pfanne und schlug sie sich auf den Kopf, ein dumpfes, blechernes Geräusch. »Tja. Ich wache nicht auf. Also ist das wohl alles doch kein Traum.«
    »Nein. Ist es nicht. Hast du etwa gedacht, das mit den Mahren und mir und Paul wäre ...?« Ich sah sie fragend an.
    »Ich war mir nicht mehr sicher. Ich meine, ich habe ordentlich einen im Tee gehabt und ...« Sie klatschte sich mit beiden Händen auf die Wangen. »Doch, ich hab es geglaubt. Aber ich hab manchmal

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