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Scherbenparadies

Scherbenparadies

Titel: Scherbenparadies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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schmachtende Blick, mit dem sie Joswig ansah. Sicher versuchte sie, jedes Wort des Gespräches zu erhaschen.
    »Wissen Sie was, ich bin nicht die Sekretärin meiner Mutter.« Sandra bückte sich, hob einen Fetzen Papier auf, der neben dem Abfalleimer lag, griff nach dem Kugelschreiber, der in der Brusttasche seines Hemdes steckte, und notierte Lauras Handynummer. »Rufen Sie sie selbst an.« Sie drückte ihm Zettel und Stift in die Hand und wollte sich umdrehen, doch es ging nicht. Er hielt sie mit seinen Augen fest. Wie machte er das? In ihren Kopf setzte sich ein Schwarm Hummeln und in ihren Bauch etliche Schmetterlinge. Ihr Herz schlug, als wollte es jeden Moment bersten. Total verrückt! Sie konnte sich doch nicht in Joswig verlieben. Es sei denn, sie brauchte dringend ein weiteres Problem. Sie schüttelte den Kopf, verjagte jeden verliebten Gedanken, zog bedauernd die Schultern hoch und ließ ihn stehen. Der Blick, den Maja ihr zuschleuderte, war wie ein Giftpfeil. Na und!
    Sie musste Laura vorwarnen, dass Joswig anrufen würde. Obwohl, warum denn? Ihre Mutter ging ohnehin so gut wie nie ans Telefon. Sollte Joswig ihr doch auf die Mailbox quatschen.
    Hoffentlich war das kein Fehler gewesen, dass sie ihn einfach so hatte stehen lassen. Sie wusste selbst nicht, was in sie gefahren war. Wenn Joswig nun verletzt war oder wütend und seine Zuneigung in Ärger umschlug? Was, wenn er sich rächte und ihr schlechte Noten reinwürgte?
    Oh, Mann, Sandra! Sie machte sich viel zu viele Gedanken. Bei der Erinnerung an seinen Blick bekam sie eine Gänsehaut. Was passierte da gerade mit ihr und ihm?
    Alina riss Sandra aus ihren Überlegungen. »Ich habe zwei Freikarten fürs Kino heute Abend. Kommst du mit?« Im Kino war Sandra schon ewig nicht mehr gewesen. Doch sie konnte Vanessa nicht so lange alleine lassen. »Gerne. Wahnsinnig gerne. Aber es geht nicht. Ich muss lernen.«
    Alina verzog ihre rosa geschminkten Lippen zu einer Schnute. »Schade. Echt. Du hast kaum noch Zeit für mich. Was ist los?«
    »Es geht einfach nicht. Ich habe die Mathearbeit in den Sand gesetzt und muss das ausbügeln, sonst schaffe ich den Übertritt auf die FOS nicht.«
    »Sorry. Daran habe ich nicht gedacht. Aber ich finde es schade, dass wir kaum noch etwas zusammen machen. Weißt du was, ich besuche dich einfach und bringe ein paar DVDs, Cola und Chips mit. Couch-Potatos. Hast du Lust?«
    Lust schon, dachte Sandra. Doch Alina würde Ausschlag kriegen, wenn sie die versiffte Wohnung sah, und sie würde mitbekommen, dass Laura nicht mehr bei ihnen lebte und dann… klar… Alina würde das ihrer Mutter erzählen und die würde natürlich etwas unternehmen. Sozpäd eben. Das Gefühl, langsam in einem Sumpf zu versinken, wurde übermächtig.
    Alina würde sauer sein und das zu Recht. Doch Sandra sah keinen Ausweg. Entschuldigend zog sie die Schultern hoch. »Ich muss echt lernen. Du weißt doch, dass ich auf die FOS will. Und die Fünf heute in Mathe…«
    »Was soll das? Warum weichst du mir aus? Wenn du nichts mit mir zu tun haben willst, dann kannst du das auch sagen.« Alina schüttelte enttäuscht den Kopf und ließ Sandra einfach stehen.
    Der dumpfe Schmerz hinter ihrem Brustbein verstärkte sich. Tränen traten ihr in die Augen. Sie zwinkerte sie weg. Wenn sie jetzt heulte… allen würde das gefallen… kichernd und feixend würden Maja und Pat, Sami und Charlie und alle anderen sie mit Häme überschütten.
    Die Schulstunden bis Unterrichtsende rauschten irgendwie an ihr vorüber. Wie jeden Tag holte sie Vanessa von der Schule ab und schickte sie gleich zu den Öczans. Sie fühlte sich leer, ihr fehlte jede Kraft, ihrer Schwester etwas zu essen zu machen, geschweige denn, die Hausaufgaben mit ihr durchzugehen. Am liebsten hätte sie sich ins Bett gelegt und die Decke über den Kopf gezogen.
    Sie war grenzenlos müde, als sie die Wohnungstür aufsperrte, eintrat und im Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Schlagartig wurde Sandra wach. Adrenalin schoss ihr bis in die Haarspitzen. Ein Einbrecher war genau das, was ihr an diesem verpfuschten Tag noch fehlte. Doch es war Laura, die in den Flur trat und den Reißverschluss ihrer Steppjacke zuzog. Sie zuckte zusammen, als sie Sandra entdeckte. Offenbar hatte sie gehofft, heimlich wieder verschwinden zu können.
    »Hallo Mama. Welche Ehre. Willst du nicht noch ein bisschen bleiben?«
    »Sandra. Was ist denn das für ein Tonfall?«
    »Haust du schon wieder ab?«
    »Ich wollte nur einkaufen gehen. In

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