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scherbenpark

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Titel: scherbenpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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an.«
    Ich drücke die Türklinke herunter und spüre Ingrids Hand an meiner. Die Hand zieht sich wieder zurück, kalt und flüchtig wie ein Frosch. Ich öffne meine Faust und betrachte den Fünfziger, der vorher nicht drin war.
    »Bitte nimm es, Kindchen. Was sollen wir mit unserem Geld? Kauf was für die Kleinen. Du hast ein so liebes Herz.«
    Ich stecke den Schein in die Tasche meiner Jeans. Ingrid sieht fast glücklich aus. Ich wette, sie überlegt jetzt, ob ich auch mehr genommen hätte. Ich habe mit so etwas gerechnet, seit ich das letzte Mal den Schein nicht zurückgewiesen habe. Zuvor hatte mir Ingrid erklärt, wie traurig es ist, niemanden zu haben, dem man Geschenke machen kann.
    »Wenn du irgend was brauchst . . .« sagt Ingrid.
    »Dann schreie ich«, sage ich und springe auf die Steinplatten, bevor Ingrid auf die Idee kommt, mich zum Abschied zu umarmen.
    In der Straßenbahn drücke ich die Stirn gegen die Fensterscheibe. Ich will mich nicht selbst belügen – dass Ingrid und Hans meinen Plan bejubeln werden, kann ich mir nicht vorstellen. Sie sind da anders als Anton.
    Sie werden erschrecken. Und zwar so richtig. Sie sind sehr nett und sehr naiv. Sie können nicht verstehen, warum die Arbeitslosenquote so hoch ist und warum manche Menschen Drogen nehmen und warum andere ihre neugeborenen Babys in Mülltonnen stecken. Genauso wenig werden sie begreifen, wie das Mädchen, dem sie Kuchen und Geld zusteckten, einen Menschen töten kann. Oder einen Unmenschen.
    Wahrscheinlich wären sie schon getroffen, wenn ich in ihrer Gegenwart einem Hund auf die Pfote getreten wäre. Dass ihr Sohn nie wieder zu ihnen zurückkehrt, halten sie für ein albtraumhaftes, unerklärliches Missverständnis. Deswegen sind sie seitdem nicht richtig wach. Am Anfang wirkten sie noch so, als rechneten sie damit, demnächst aufzuwachen und alles beim Altenvorzufinden. Dann haben sie sich anscheinend damit abgefunden, dass es aus ihrem Albtraum keinen Ausweg gibt.
    Da sie keine Zeitung mehr lesen und mit niemandem mehr sprechen, werden sie es Vielleicht gar nicht mitkriegen. Wenn sie da überhaupt noch am Leben sind.
    Was auch immer man als Leben gelten lässt.
    Ich bin noch nicht so weit, es zu tun. Organisatorisch gesehen.
    Ich habe mehrere Bücher über Kriminalistik zu Hause. Aber sie haben mich noch nicht auf die entscheidende Idee gebracht. Manchmal stelle ich mir vor, wie ich eine Flasche auf Vadims Kopf zerschellen lasse. Allerdings scheint mir, als würde ihn das nicht umbringen, sondern bloß mich mit seinem Blut besudeln. Das ist entschieden zu wenig.
    Dann denke ich an einen schweren Gegenstand, ein altes Bügeleisen oder eine Hantel. In alten Krimis ist regelmäßig die Rede von einem Kerzenständer, und wir haben auch einen passenden zu Hause. Vom Flohmarkt.
    Das könnte gut klappen. Etwa so: Vadim kommt zu Besuch, um Alissa und Anton zu sehen. Bringt wie immer – wie früher – Schokolade mit. »Ich mach uns mal einen Tee«, sage ich freundlich. »Und dann kannst du uns von dem Gefängnis erzählen.« Vadim sitzt am Tisch mit dem Rücken zu mir und wartet auf seinen Tee. Auch dies wie früher. Er hat immer auf etwas gewartet, auf Heringssalat oder einen Kugelschreiber oder ein frisches Hemd.
    Ich hasse Männer. Alle, bis auf Anton.
    Und dann. Endlich dann. Ja.
    Dort, wo Vadim eben noch seinen Kopf hatte, ist blutiger Matsch. Ein bisschen schade, dass es daraus auf unseren Tisch und den Fußboden tropft. Ich werde eine Folie unterlegen. Ich weiß bloß noch nicht, ob ich dabei etwas sagen will. »Für meine Mutter und Harry«, zum Beispiel. Oder: »Krepier doch endlich.« Aber halt, ich plane keine Seifenoper. Ich will einfach, dass es passiert, und ich werde dabei weder singen noch Gedichte vortragen.
    Übrigens wird das so nicht gehen. Anton und Alissa dürfen nicht dabei sein. Vor allem Anton nicht. Einmal reicht. Ich werde Vadim sagen, dass die Kinder unterwegs sind und gleich zurückkommen werden. Dass er schon mal Platz nehmen soll und ich den Tee bringe.
    Seine Kinder. Das waren sie mal. Jetzt sind sie meine.
    Schießen wäre auch sehr gut. Aber ich bin realistisch: Meine Chancen, an eine Waffe zu kommen, sind nicht sehr hoch. Andererseits – es wäre irgendwie passend. Vadim hatte seit Jahren seine Pistole. Anna sagt, Pistolen sind ein Phallusersatz. Das ist der beste Satz, den ich je von ihr gehört habe.
    In der Armee, vor hundert Jahren, soll Vadim ein passabler Schütze gewesen sein. Er hat gern davon

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