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Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)

Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)

Titel: Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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angestarrt, und immer wieder war vor ihrem inneren Auge das Gesicht des kalt agierenden Mörders aufgetaucht, den Irmi bis zuletzt nicht zum Kreis der Verdächtigen gezählt hatte. Er hatte sie kalt erwischt, und seitdem war die Leichtigkeit aus ihrem Leben verschwunden.
    Doch das war nicht alles. Erst als Adele angefangen hatte, mit ihr zu arbeiten, wurde Irmi klar, dass ihr Problem viel komplexer war. Es ging nicht nur um das tatsächliche Gefängnis unter der Erde, es ging auch um Kathis Mutter. Es ging um das beständige Bohren in ihrem Herzen, weil sie dieser Frau einen Mord zugetraut hatte. Dabei hatte Irmi sie auf das spiegelglatte Eis ihrer verdrängten Vergangenheit geführt. Dabei hatte sie festgestellt, dass Irmis Abgründe tiefer gewesen waren, als sie es hatte zulassen wollen.
    Adele hatte zu Irmi gesagt, sie verfüge über eine gute Resilienz. Ein schönes Wort für die Fähigkeit, traumatischen Erlebnissen aus eigener Kraft etwas entgegenzusetzen. Adele hatte ihr zu der Reise nach Norwegen geraten, und nun war Irmi wieder da. Der Aufenthalt im Norden hatte ihr gutgetan und sie gestärkt, aber sie musste mit Kathis Mutter reden, das war sie sich und ihr schuldig. Und auch mit Kathi musste sie ins Reine kommen.
    »Hör mal, Kathi, ich weiß, das passt gerade nicht so ganz, aber ich wollte dir sagen, dass ich damals mit deiner Mama …«
    »Passt schon!«, unterbrach Kathi sie etwas rüde. »Irmi, lass das mal ruhen. Jetzt machen wir erst mal hier weiter.«
    »Aber ich möchte …«
    »Weiß ich«, schnitt ihr Kathi erneut das Wort ab. »Wenn mal Zeit ist, können wir drüber reden. Und wie der Sailer gesagt hat: Ich bin doch ständig z’wider, da hattest du eben auch mal einen Freischuss.«
    Typisch Kathi. Sie kochte schnell über, aber ebenso blitzschnell war sie auch wieder abgekühlt. In keinem Fall war sie nachtragend.
    »Okay«, sagte Irmi und suchte den Blick ihrer Kollegin, die gerade mit ihrem Handy beschäftigt war. »Wir müssen uns die ganze Familie Schmid anschauen. Ich würde mir gern mal ein Bild von der alten Frau machen. Wir könnten in Ogau im Pflegeheim vorbeifahren.«
    »Genau, das machen wir, und vorher holen wir uns ein Eis im Paradiso«, schlug Kathi vor.
    »Es ist Winter!«
    »Eis geht immer. Und Espresso. Ich hab kein Mittagessen gehabt.«
    Wenig später stellten sie sich an ein Stehtischchen gleich an der Theke des Paradiso. Kathi bestellte drei Kugeln und einen Espresso, in den sie so viel Zucker kippte, bis er Ähnlichkeit mit einem Kaffeesirup hatte. Irmi beließ es bei einem Cappuccino.
    Draußen herrschte geschäftiges Treiben, Menschen mit Einkaufstüten eilten vorbei, eine Frau verhedderte sich in den Hundeleinen ihrer Vierbeiner, von denen sie vier dabeihatte. Einer ihrer Hunde sah aus wie Wally. Irmi versetzte es einen kurzen Stich. Wally, ihre geliebte Hündin, fehlte ihr so oft. Ihre Sanftmut, ihre Augen, ihre stille Präsenz. Die Kater waren natürlich auch präsent. Meist trugen sie irgendwelche Beutetiere herum, spielten wild oder lagen in todesähnlichem Schlaf herum. Bei Wally hingegen hatte Irmi immer den Eindruck gehabt, als habe sie über jeden ihrer Atemzüge gewacht, selbst wenn Wally geschlafen hatte. Und gerade aufgrund dieser Einzigartigkeit war Irmi nicht bereit für einen anderen Hund.
    Kürzlich hatten sie einen Dackel namens Lohengrin zu Besuch gehabt. Der Hund hatte nach dem letzten Mordfall einen neuen Platz gebraucht, und Irmi hatte sich bereiterklärt, ihn für eine Weile zu beherbergen. Lohengrin hatte seinen Kopf immer in die Futterschüssel gesteckt und war dann durch den Gang gerannt, um scheppernd auf sein Hungerödem aufmerksam zu machen. Sie hatte viel gelacht über Lohengrin, aber geliebt hatte sie ihn nicht. Mittlerweile war er gut untergebracht.
    Die Passantin strebte aufs Hundesporthotel Wolf zu. Bernhard hatte sich seinerzeit ans Hirn getippt, als sich das Ogauer Hotel vor vielen Jahren in ein Hundesporthotel verwandelt hatte. »So weit kommt’s no«, hatte er gemeint und gar nicht glauben wollen, dass das Hotel über eigene Hundesporthallen verfügte, wo Hunde über sogenannte Agility-Parcours jagten. »Wos, Agielietie?«, hatte Bernhard gefragt. Tja, die Welt draußen galoppierte weiter, während in Schwaigen eine ruhigere Gangart herrschte.
    Und heute, hinter der Glasscheibe des Paradiso, hatte auch Irmi das Gefühl, als rase die Welt an ihr vorbei. Ogau war ja wahrlich keine Großstadt, aber die gestressten Passanten und die

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