Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)
G’mias.« Längst war sie wieder in ihren Dialekt verfallen.
»Die blieb aber nicht lange?«
»Die bleiben alle nur zwischen sechs Wochen und drei Monat. Wollen das Geld, und hoam geht’s in die Karpaten. Des is a Gfrett!«
»Wie viel gibt es denn an Geld?«
»Dreihundert Euro in der Woch. Zuzüglich Fahrtgeld!«
Rita Schmid klang, als sei diese Summe fast schon sittenwidrig. Dabei waren zwölfhundert Euro für einen Vierundzwanzigstundenjob doch höchstens ein Schmerzensgeld.
»Ham da unten nix zum Beißen und mandeln sich hier auf!«
»Inwiefern?«
Der Kopf wackelte von links nach rechts und zurück, dann kam sie wieder richtig in Fahrt. »I bitt Sie recht schee! Die hot den Boiler immer ganz leer laff’n lassen. Weil mir ja so reich san. Und in die Kirch wollt sie gehn. Die is bei die Unitarier, hat’s g’sagt. Was soll des sein? Des is doch Blasphemie. Do is sie dann immer zu die Evangelischen. Und einmal die Woch wollt sie den halben Tag frei. Und sie wollt einen Schlüssel, um ihr Zimmer abzumsperrn. Ja, wo san mir denn do? In den Karpaten gibt’s sicher aa koan Schlüssel.«
»Was ist denn hier los?« Franz Schmid kam hereingepoltert. Die beiden waren wirklich ein Traumpaar: Hängeauge und Truthenne.
Sie informierten ihn über das Ergebnis der Gerichtsmedizin, und auch er vermittelte den Eindruck, als nerve ihn vor allem »das ganze Gfrett«, das jetzt auf ihn zukam. Die Tote rührte ihn offenbar weniger.
Irmi unterdrückte alles, was sie in diesem Moment am liebsten herausgespien hätte, und fragte nur: »Könnte ich mal mit Ihren Eltern sprechen?«
»Jetzt red ich erst mal mit dem Vater«, erwiderte Franz Schmid. »Das braucht’s jetzt ned, dass Sie da so unsensibel reinplatzen.«
Irmi trat Kathi auf den Fuß. Natürlich hatte der hochsensible Sohn da Vortritt. Er entschwand, und Rita stellte sich in den Rahmen der Küchentür. Ein Cerberus ante Portas!
»Da werden Sie wenig Freud ham«, meinte Franz Schmid, als er wenig später in die Küche zurückkam, und warf sich auf einen Stuhl. Rita gab die Tür frei und ging in die Wohnstube, Irmi und Kathi folgten ihr.
Sie baute sich vor dem alten Ohrensessel auf, in dem ihr Schwiegervater saß. Er schien gerade erst aufgewacht zu sein und blickte von Irmi zu Kathi, zu seiner Schwiegertochter, dann wieder zu den Kommissarinnen. Sein Haar war schlohweiß, und er wirkte wie eine Mischung aus Karajan, Rühmann und Heesters. Dass er ein Sakko trug, fand Irmi beachtlich. Seine blauen Augen lagen tief in ihren Höhlen, das Gesicht war von Falten durchfurcht, aber der Alte strahlte noch immer von innen. Früher war er sicher ein schneidiger Bursche gewesen.
»Hoher Besuch«, sagte er. »Und auch noch von jungen Damen, das freut mich aber!«
»Danke fürs Kompliment, Herr Schmid.« Irmi lächelte ihn an.
»Trinken Sie ein Weinchen mit mir? Rita, würdest du eben?« Er wedelte mit der Hand, die voller Blutergüsse war. Sicher nahm er irgendwelche Blutgerinnungshemmer.
Rita ging tatsächlich hinaus. Der Alte zwinkerte Irmi zu. »Der Bua hätt was Bessers verdient als den Stecken. Du g’fallsch mir besser. Bist du noch zu haben?«
Irmi blieb kurz die Spucke weg. »Für Sie oder Ihren Sohn?«, konterte sie dann.
Er lachte. »Für den Sohn, ich mach bald Peterchens Mondfahrt. Wird auch Zeit. Aber meine Burgi kann ich nicht alleinlassen.«
»Ihre Frau?«
»Ja, es tickt nicht mehr richtig im Oberstübchen von der Burgi.«
Rita kam mit schweren Kristallgläsern voller Rotwein zurück. Der Alte prostete den Frauen zu, die in diesem Fall natürlich nicht ablehnten. Irmi hätte einen süßen Kopfwehwein erwartet, der Wein war aber gar nicht mal übel. Zweifellos war Xaver Schmid ein Bonvivant gewesen oder war es sogar noch. Und mit Sicherheit war er ein Schwerenöter gewesen, der nichts hatte anbrennen lassen. Ohne Genaueres zu wissen, tat ihr die gute Burgi ein wenig leid.
»Gutes Tröpfchen, Herr Schmid«, sagte Kathi. »Sie wissen, dass die Ionella tot ist?«
Die Augen des alten Mannes flackerten und wurden feucht. Plötzlich wirkte er fahrig, und etwas Wein schwappte auf die Decke, die auf seinen Knien lag. »Das versteh ich alles nicht. Der Franz hat’s mir schon erzählt, aber sie kann doch nicht tot sein. So ein junges Ding.«
»War sie denn lieb zu Ihnen, die Ionella?«, fragte Irmi.
»Ja, sehr. Ein ganz ein liebes Mädchen.«
»Ha, lieb!«, rief Rita. »Euer Essen hat sie vergessen, weil sie dauernd eing’schlafen is. Deine Windeln hot
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