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Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)

Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition)

Titel: Scheunenfest: Ein Alpen-Krimi (Alpen-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Auf ihrem dicken Rollkragenpullover klebte irgendwas.
    »Wir bauen Kaschperlfiguren aus Pappmaschee«, sagte Vroni erklärend. »Dieser ganze Leim überall! Ich weiß, ich seh furchtbar aus, aber ich bin halt ein Schweinderl.« Das klang entwaffnend und sympathisch.
    »Vroni, wir ermitteln wegen der beiden toten Menschen im Silo.« Irmi musterte die junge Frau. Sie litt, das war offensichtlich.
    »Es ist alles so furchtbar!«
    »Ja, Vroni, und leider ist eine der beiden Toten Ionella.«
    Der jungen Frau liefen die Tränen herunter und tropften auf den Pullover. Irmi reichte ihr ein Taschentuch. Vroni war das erste Familienmitglied, dem die ganze Sache wirklich ans Herz zu gehen schien.
    »Vroni, haben Sie eine Idee, was Ionella in der Tenne gemacht haben könnte?«
    »Nein!«
    »Es lag auch eine Katze im Silo.«
    Nun begann Vroni zu schluchzen und konnte gar nicht mehr aufhören. Irmi und Kathi warteten, bis sie sich ein wenig beruhigt hatte.
    »Ich weiß, dass es blöd klingt. Da sterben zwei Menschen, und ich heul wegen dem Mohrle. Es ist nur so … ach …«
    »Vroni, das ist nicht blöd«, versicherte Irmi. Sollte sie ihr was von Triggern erzählen und dass sie sie nur zu gut verstehen konnte? Sie wusste doch, wie es war, sich allzeit gut im Griff zu haben, bis auf einmal der Kontrollverlust über einen hereinbrach. Stattdessen lächelte sie ihr aufmunternd zu. »Könnte es sein, dass Ionella die Katze retten wollte? Im Silo? Sie mochte Katzen, oder?«
    »Das könnte schon sein, ja. Das Mohrle war auch so eine Kamikazekatze. Hat sich immer in Schwierigkeiten gebracht. Ist hinter dem Odelfass her und hat den Strahl gejagt. Das Viech sah vielleicht aus! Und gestunken hat es! Einmal musste sogar die Feuerwehr kommen und das Mohrle vom Baum holen.« Sie schniefte wieder. »Wenn das Mohrle im Silo war, wär die Ionella vielleicht schon reingegangen. Sie hat nicht nur die Katzen geliebt, sie mochte alle Tiere und war, sooft es ging, im Stall. Ich glaub, sie hätte lieber als Dorfhelferin gearbeitet als in der Pflege … Also, nicht dass ich …«
    »Vroni, Ihre Eltern waren nicht so begeistert von Ionella. Und Sie sagen ja auch …«
    »Ich sag gar nichts! Es ist sauschwer mit der Oma. Und mit meiner Mutter auch. Denen kann man nichts recht machen. Die Mädchen haben sich wirklich bemüht. Alle. Die Ionella war einfach eine besonders Lustige, sie war ziemlich lässig in manchen Dingen. Anders ist der Job ja auch nicht zu ertragen. Ich hab die Mädchen eigentlich bewundert.«
    »Als Erzieherin haben Sie doch auch einen Sozialberuf. Haben Sie mal erwogen, die Großeltern selbst zu pflegen?« Irmi hoffte, dass sie Vroni mit dieser Frage nicht zu nahetrat.
    »Das haben wir anfangs ja auch versucht. Wir haben uns abgewechselt, die Mama, die Renate, die Anna Maria und ich. Aber keiner von uns kann vierundzwanzig Stunden vor Ort sein. Und der Oma ging es immer schlechter. Einmal war sie so verwirrt, dass sie ins Wohnzimmer gekackt hat. Furchtbar, die Arme! Sie hat öfter mal Herdplatten angeschaltet und dann vergessen, was sie eigentlich wollte. Sie hat Rührschüsseln aus Plastik draufgestellt. Damals ist sogar die Feuerwehr gekommen, so hat das geraucht. Es ging nicht mehr anders.«
    »Und ein Heim wäre keine Option gewesen? Hier ist es doch ganz nett?«
    »Der Opa wollte das nicht. Der ist so ein Sturkopf, aber das hält ihn auch am Leben.« Zum ersten Mal lächelte Vroni.
    »Woher kamen die Mädchen denn? Woher hattet ihr den Kontakt?«
    »Auf dem Beck-Hof haben die schon länger rumänische Pflegekräfte. Hanne, die Tochter auf dem Hof, ist eine Schulfreundin von meinem Vater. Die hat den Kontakt hergestellt. Organisiert hat das alles dann die Wilhelmine. Die kommt selbst aus Rumänien und hat auch schon beim Beck gearbeitet und bei meinen Großeltern. Die Frauen stammen alle aus Siebenbürger Familien und sind irgendwie weitläufig miteinander verwandt. Und sie konnten alle hervorragend Deutsch. Die sprachen besser Hochdeutsch als wir hier im Ammertal. Also, die verwenden Wörter, die tät ich nie verwenden.«
    »Und die bleiben dann wie lange?«
    »Unterschiedlich. Zwischen sechs Wochen und drei Monaten, dann reisen sie heim und kommen wieder. Ionella war auch schon zum zweiten Mal da.«
    Und zum letzten Mal, weil die lebenslustige junge Frau im Silo verbrannt war, dachte Irmi.
    Sie stocherten hier in einer Nebenwelt herum, in der Pflege eine moderne Form von Leibeigenschaft war. Früher hatte man Afrika und Asien

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