Schicksal des Blutes
zuhören.“
Ny’lanes Kopf wandte sich ruckartig ihr zu. Hinter seiner Sonnenbrille loderte es hell. Er schluckte sichtbar, richtete sich zur vollen Größe auf und drehte sich zu der anderthalb Köpfe Kleineren herum. Seine Fänge blitzten. „Ein falsches Zucken von dir, ein Versuch, uns erneut zu täuschen und ich werde dich jagen, bis du in der Verdammnis verrottest.“ Er lehnte sich mit verschränkten Armen an die Standuhr und ließ die Frau nicht aus den Augen.
Das graue, toupierte Haar wippte, als Lilith wie ein Gnom kicherte. „Witzig, was du da sagst, Bad Boy.“
Amy schaltete auf Journalistin. Sie wollte das Ausbrechen eines erneuten sinnlosen Streits verhindern und inzwischen glaubte sie mehr denn je, die Ereignisse der vergangenen Wochen standen in irgendeinem Zusammenhang. „Wieso hast du mich umgebracht?“, brachte sie so unbeteiligt über die Lippen, als redete sie über das Wetter.
„Das war keine Absicht.“ Die tief liegenden Augen der Dame funkelten.
Amy fixierte sie. „Ich will wissen, warum.“
„Ich wollte bei den drei Ringen bleiben.“
Die drei Sternringe von Cira, Sam und Jonas. Was hatten die damit zu tun? Musste das jetzt auch noch so kompliziert sein? Sie kam gedanklich nicht mehr mit. Jonas schien ihre Verwirrung zu spüren und antwortete.
„Lilith ist auf der Suche nach einem Körper, den sie für immer besetzen kann.“
„Und das schon verflixt lange. Unendlich, unermesslich lange!“
„Als sie in dem Gestaltwandler Lex-Vaun die Macht seines Sternringes verspürte, glaubte sie, endlich einen Körper gefunden zu haben, den sie nicht durch das Aussaugen der Körperenergie umbringt, somit nicht gezwungen ist, weiterzuziehen.“
„Sehr nett zusammengefasst.“
Jonas warf Lilith einen abstrafenden Blick zu. „Sie versuchte, aus Lex-Vauns Gehirn alle nötigen Informationen über die Ringe und die Sternträger herauszubekommen, doch Lex-Vaun war ihr mental überlegen.“
„Das war die Macht des Ringes. Ansonsten kann ich in jeden Schädel …“
„Lilith! Wir sind ziemlich entgegenkommend. Halt die Klappe!“
„Ich will mich bei meinen neuen Freunden aber nicht verstellen. Entweder ihr habt mich lieb, wie ich bin, oder ich gehe.“
Beinahe hätte Amy aufgelacht. Diese Dämonin hatte doch echt nicht alle Zacken in der Krone. Aber irgendwie empfand sie auch Mitleid mit dem Wesen, das vielleicht schon seit Jahrhunderten ein Zuhause suchte … Freunde suchte. Sie war ebenso einsam wie einige andere auch. Amy schluckte. „Bitte erzähl weiter, Jonas.“
„Lilith verblieb zu lange in Lex-Vaun. Sie brachte ihn und unwissentlich auch Diandro, meinen Dad, damit um, die durch die Verbindung ihrer beiden Sternringe untrennbar miteinander verbunden waren. So wie Sam, Cira und ich.“
Amy nickte, als sie sich daran erinnerte, wie Cira und sie nach dem Beinahe-Flugzeugabsturz im Internet ein Foto von Jonas und der Familie Baker gefunden hatten, am Grab von Diandro. Himmel. Allmählich ergab wirklich alles einen Sinn.
„Das war ein Missgeschick. Und es tut mir leid“, murmelte Lilith.
„Und deshalb hast du es bei mir noch mal getan?“, fragte Amy mit frostiger Stimme.
Lilith sah sie an. „Manche Fehler macht man eben zweimal. Oder etwa nicht?“
Amy wollte der Dämonin böse sein, doch dann nickte sie langsam und warf Ny’lane einen langen Blick zu.
Jonas fuhr fort. „Lilith dachte, die Macht von zwei Ringen würde einem Körper die Kraft schenken, sie als Besetzer auszuhalten. Auf der Bay Bridge, als sie beide Ringe von mir bekam, wurde sie dahingehend enttäuscht. Sie erfuhr aber von einem weiteren Ring, nämlich Sams und blieb in Amy, damit sie den drei Ringen folgen konnte.“
„Und wieso ist sie jetzt hier? Warum spielt sie nicht weiter Verstecken oder die unschuldige Mörderin?“, blaffte Nyl.
„Hör mal, Lederpüppchen, ich kann auch ganz schnell wieder …“
„Lilith!“ Jonas ermahnte sie erneut, sah Nyl aber nicht an, was Amy verwunderte. „Ich habe Lilith auf der Brücke versprochen, ihr zu helfen, wenn sie mir hilft, Cira das Leben zu retten. Ohne ihren Hinweis, Cira sei als Vampir vor Nephilim geschützt, hätte ich sie vielleicht nicht verwandelt.“
„Ohne diese Idee wäre sie nicht gestorben“, knurrte Nyl, sah aber ebenso nicht auf.
„Ja“, mischte sich nun Cira ein. „Hätte Nyl die zwei von Lilith geklauten Ringe nicht besorgt und hätte Sam ihren bei Timothy nicht gefunden, wäre ich bei der Metamorphose gestorben. Aber
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