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Schicksal in seiner Hand

Titel: Schicksal in seiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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Gatte …«
    »Was ist mit meinem Mann? So reden Sie schon!«
    »Der Herr Professor hat eben aus der Klinik anrufen lassen. Ich soll ihn sofort abholen. Er will die Nacht durchfahren, um morgen früh rechtzeitig in München zu sein.«
    »Ich verstehe kein Wort, Johann. Was soll dieses plötzliche Umdisponieren? Ich habe keine Ahnung von diesen Plänen. Was will mein Mann denn überhaupt in München?«
    Nach diesen hastig hervorgestoßenen Worten war es zunächst still in der Leitung. Dann klickte es.
    »Hallo, Johann, so antworten Sie doch! Sind Sie noch da?«
    »Ja, gnädige Frau. Die Verbindung war kurz unterbrochen. Über Einzelheiten bin ich nicht informiert. Wahrscheinlich wird sich der Herr Professor irgendeinen besonders schwierigen Fall ansehen wollen, mit dem ein anderer nicht fertig wird.«
    »Wann kommt mein Mann zurück?«
    »Vermutlich morgen.« Der Chauffeur holte hörbar Luft. »Es … es kann allerdings auch etwas länger dauern. Eigentlich sollte ich selbst Sie nicht über diese Reise unterrichten, gnädige Frau … Bitte, ich … aber Sie warten ja schließlich auf den Wagen.«
    Schweigen.
    »Hallo, Frau Professor, hören Sie noch?«
    »Ja … ja, Johann. In Ordnung! Ich danke Ihnen und – gute Fahrt!«
    Sie legte den Hörer auf. Was war geschehen?
    Nach einer Weile kehrte sie an die Bar zurück. Ihr Gesicht verriet nichts von ihren widerstreitenden Empfindungen. Suchend blickte sie sich um.
    »Der Herr hat schon bezahlt. Er ist eben gegangen.«
    Gegangen – ohne auch nur den geringsten Gruß zu hinterlassen? Er war einfach fort? Nein, das durfte nicht sein! So konnte man sich nicht täuschen in einem Menschen – auch wenn man nichts von ihm wußte und er eigentlich ein Fremder war. Ein Fremder?
    Yvonne Bergmann erschrak. Dieser Mann war kein Fremder mehr für sie …
    »Danke, John!« Sie zwang sich zu einem freundlichen Lächeln. »Bestellen Sie mir bitte ein Taxi.«
    »Sehr wohl, gnädige Frau.«
    Mit einer Verbeugung steckte der Barkeeper das reichliche Trinkgeld ein und eilte davon.
    »Wann werden wir wohl in München sein?«
    »Etwa in fünf Stunden, Herr Professor, wenn nichts dazwischenkommt.«
    Robert Bergmann seufzte und rückte umständlich seine Prothese zurecht. Er fühlte sich ausgelaugt, deprimiert und todmüde – im wahrsten Sinne des Wortes: todmüde.
    Lohnt es überhaupt noch, zu kämpfen? Gehörte er nicht wirklich schon zum alten Eisen und hatte es bislang nur nie wahrhaben wollen?
    Aber da war ja Yvonne, die junge schöne Yvonne – seine Frau! Wie gut, daß er ihr diese Reise verschwiegen hatte! Sie sollte sich nicht ängstigen seinetwegen.
    Er legte dem Chauffeur die Hand auf die Schulter.
    »Sie brauchen nicht so schnell zu fahren, Johann. Es genügt, wenn wir im Laufe des Vormittags ankommen.«
    »Jawohl, Herr Professor.«
    Sie fuhren durch die hellerleuchtete Stadt, in der auch zu dieser Zeit noch reger Verkehr herrschte. Die Hauptstraße führte zum Zubringer der Autobahn.
    Hin und wieder warf Johann einen Blick auf seinen Chef, der sich in die Polster zurückgelegt hatte. Es sah aus, als schliefe der Professor. Das wechselnde Licht der vorüberhuschenden Laternen warf flackernde Schatten auf sein Gesicht.
    Bei einem unfreiwilligen Halt an einer Verkehrsampel schaute Johann genauer hin und erschrak. Was er für einen Zufall, für ein Spiel der Lichtreflexe gehalten hatte, war Wirklichkeit!
    Ein krampfhaftes Zucken lief über das Gesicht Professor Bergmanns. Die Lippen hatte er fest zusammengepreßt, die buschigen Brauen unwillig verzogen. Und jetzt krümmte sich sein ganzer Körper wie unter einer furchtbaren Schmerzwelle. Aber nur für einen Augenblick.
    Als er sich beobachtet fühlte, nahm der alte Herr seine ganze Kraft zusammen und richtete sich mühsam auf. Kein Muskel zuckte mehr in seinem Gesicht. Seine Miene war eisig, abweisend und verschlossen.
    Als der schwere Wagen bei grünem Licht wieder sanft anfuhr, bemerkte Johann, daß der Professor eine kleine Dose aus seiner Rocktasche holte und ihr eine Tablette entnahm. Mit ärgerlichem Räuspern führte er dann die Hand zum Mund.
    Inzwischen hatten sie den Zubringer zur Autobahn erreicht. Johann beschleunigte jetzt das Tempo. Die Tachometernadel zitterte und sprang auf 130 – 140 – 160.
    »Nicht so schnell!« brummte der Professor. »Wir können unserem Schicksal doch nicht entgehen. Ich heute sowenig wie damals der griechische Kaufmann in der Legende. Er begegnete dem Tod in einer fremden Stadt.

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