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Schicksal in seiner Hand

Titel: Schicksal in seiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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sofort abfangen. Er bog ein.
    »In den Wald habe ich gesagt und nicht ins Jenseits«, kommentierte sie mit einem amüsierten Lächeln. »Diese Straße führt direkt in den Wald hinein, in den tiefen, finsteren Wald. Hu!«
    Er erhöhte das Tempo. Wie Schemen huschten die Alleebäume an ihnen vorbei. Der Himmel war sternenklar. Silbern glänzte die Sichel des Mondes.
    »Ich heiße Thomas.«
    »Und ich Yvonne.«
    Sie beugte sich zu ihm hinüber, damit er sie besser verstehen konnte.
    »An der Kreuzung vorn, bitte links und … etwas Gas weg. Ist keine Prachtstraße.«
    »Zu Befehl, Mylady!«
    Wenig später hielt sie das Schweigen des Waldes umfangen. Die Luft war frisch und rein, würzig duftete das Laub.
    Langsam rollte der Wagen über den holprigen Weg. Bruckner hatte abgeblendet. Diese märchenhafte Kulisse, diese beglückende Zweisamkeit vertrug kein grelles Licht. Er suchte ihre Hand, die sie ihm willig überließ.
    »Yvonne!«
    Sie lehnte den Kopf an seine Schulter. Es war eine kleine Geste, die ihn sehr beglückte.
    »Schauen Sie, Thomas, dort«, ihre freie Hand zeigte schräg nach rechts, »der Seerosenteich. Ich habe ihn früher gern aufgesucht. Seit Jahren bin ich nicht mehr hier gewesen. Es ist sozusagen ›mein‹ See. Bitte, halten Sie hier.«
    »Gern.«
    Er ließ den Wagen langsam auslaufen.
    Sie entzog ihm ihre Hand und setzte sich zurecht. Flüchtig fuhr sie sich übers Haar, das etwas in Unordnung geraten war. Durch diese ein wenig unbeholfene Geste wirkte sie noch anziehender, irgendwie ›echter‹, ursprünglicher, erfüllt von einer kaum bezähmten Leidenschaft.
    »Lassen Sie, Yvonne!« bat er leise, »ich lie … ich finde Sie so wundervoll.«
    Ihre Hände sanken herab.
    »Gut, Thomas! Gehen wir zum See.«
    »Mit Ihren Schuhen?«
    Sie blickte nachdenklich auf ihre Silbersandaletten. Selbst das hatte er also bemerkt! Diese banale Feststellung beglückte sie.
    »Ja, mit meinem Schuhzeug! Darf ich um Ihren Arm bitten?«
    Dann standen sie vor der spiegelnden Wasserfläche. Schweigend, eng aneinandergeschmiegt. Ihre Gedanken, Sehnsüchte und Wünsche waren eins. Aber keiner von beiden wagte, dem Drängen des Herzens nachzugeben. Eine rätselhafte Scheu hielt sie davor zurück, ihre Gefühle mit Worten und Gesten auszudrücken.
    Langsam gingen sie den schmalen Uferweg entlang. Manchmal knackte es im Unterholz. Ein Käuzchen schrie.
    Yvonne zuckte zusammen und fühlte im gleichen Moment den sanften, beruhigenden Druck seines Armes. Sie hätte immer weiter so gehen mögen …
    »Morgen muß ich meinen Dienst antreten«, sagte Bruckner plötzlich, mehr zu sich selbst. »Ursprünglich habe ich mich darauf gefreut. Aber jetzt … Mein Chef mag mich nicht. Er glaubt … Ach, lassen wir das! Jedenfalls werde ich abends kaum mehr Zeit haben.«
    »Sie … sind hier beschäftigt?«
    »Ja, ich bin …« Er blieb stehen und schaute sie prüfend an. »Wollen Sie es wirklich wissen, Yvonne?«
    »N…ein! Zerstören Sie unser … unser Märchen nicht. Man sollte es dankbar hinnehmen, genießen und nichts bereuen müssen.«
    »Vielleicht haben Sie recht, Yvonne. Aber in unserem Fall … Ich muß Ihnen sagen, daß ich Sie vom ersten Augenblick an wirklich ge…«
    »Ich weiß, Thomas, ich habe es gefühlt. Bitte, jetzt nicht sprechen.« Sie legte ihm die Hand auf den Mund.
    Er hauchte einen Kuß auf ihre Fingerspitzen und – schwieg. Er war immer ritterlich bis zur letzten Konsequenz gewesen.
    Der Morgen graute schon, als sie endlich zum Wagen zurückkehrten. Yvonne Bergmann fröstelte. Fürsorglich legte er den Arm um ihre Schultern und hielt dabei den wärmenden Pelz fest. Sie dankte es ihm mit einem Lächeln.
    Er half ihr beim Einsteigen und schloß das Verdeck. Dann rutschte er hinters Steuer.
    »Ganz schön frisch! Soll ich die Heizung anstellen?«
    »Wenn du meinst.«
    »Du?« fragte er beglückt und griff nach ihren Händen.
    Yvonne zuckte zusammen. »Habe ich ›du‹ gesagt? Das … das habe ich gar nicht gemerkt. Nach diesen Stunden ist es mir, als würden wir uns schon ewig kennen, als wären wir uralte Freunde, Thomas.«
    »Sind wir das nicht? Bleiben wir bei dem ›du‹ bitte, Yvonne.«
    Sie war nur zu gern bereit zu diesem Zugeständnis, am liebsten hätte sie … Aber nein! Diese herrliche Nacht war ein Traum, mußte ein Traum bleiben.
    Ein Lächeln glitt über ihre Züge – es war schmerzlich, ein wenig melancholisch, entsagungsvoll. Bruckner sah es. War sie denn nicht auch glücklich, so

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