Schicksal!
sie ist siebzehn. Er hatte nie zuvor Sex mit einer Siebzehnjährigen, und sie sagt, dass sie alles von ihm lernen will, was er über Sex weiß.
Alles.
Wann hat zum letzten Mal jemand
das
zu ihm gesagt?
Die Worte seiner Frau, die seit drei Wochen keinen Sex mehr mit ihm hatte, sind es ganz bestimmt nicht. Wenn sie überhaupt mal Sex haben, ist er oberflächlich und leidenschaftslos. Doch er will Leidenschaft in seinem Leben. Er
braucht
Leidenschaft. Und diese junge Frau, diese wohlgeformte Schülerin, mit ihrer Intelligenz und ihrem Witz, der reinen Haut, den verlockenden Lippen und der sanften, rauchigen Stimme, ist diese Leidenschaft in Person.
Es ist so enttäuschend.
Da steht er nun, mein Mensch, und sucht sein Heil bei einem siebzehnjährigen Mädchen, obwohl der Schlüssel zu seinem Glück doch in ihm selbst zu finden ist.
An diesem Punkt in seinem Leben, an diesem Scheideweg, bieten sich ihm verschiedene Schicksale.
Erstens: Er kann umdrehen und fortgehen, zu seinem öden, leidenschaftslosen Leben mit seiner öden, leidenschaftslosen Frau zurückkehren. Und fortan jede Nacht zu Teenagerpornos masturbieren, deren gesetzliche Legitimierung äußerst fragwürdig ist.
Zweitens: Er kann umdrehen und fortgehen und sich wieder seiner Frau und seiner Karriere verschreiben. In diesem Fall würde er dem halbwegs glücklichen Pfad folgen, der ihm bei seiner Geburt zugewiesen wurde.
Drittens: Er kann an die Tür klopfen und eine leidenschaftliche Affäre mit seiner hinreißenden Schülerin beginnen, nur um am Ende seinen Job, seine Ehe und sein Haus zu verlieren. Und daraufhin mit dem Trinken anfangen und so lange weitersaufen, bis er in Depressionen versinkt und vollkommen pleite ist.
Ich würde gerne helfen. Ihm einen Stups in die richtige Richtung geben. Ihm dazu raten, was hinter Tor Nummer zwei auf ihn wartet. Aber das hieße, die Regeln zu brechen.
Also sitze ich einfach da, esse meinen Donut und behalte meine Vorschläge für mich. Sehe dabei zu, wie der vierundvierzigjährige Biologielehrer Darren Stafford vor der Hintertür auf und ab läuft und um eine Entscheidung ringt. Im Geiste feure ich ihn an, die richtige Wahl zu treffen. Wirklich. Viel Hoffnung habe ich allerdings nicht. Erstens: Er ist scharf. Zweitens: Er ist ein Mann. Und drittens: Er ist ein Mensch.
Er klopft an die Tür.
Als Nächstes bin ich in Compton, Kalifornien. Vor einem Spirituosenladen esse ich um sieben Uhr morgens noch einen Donut, während ein Fünfzehnjähriger einem Obdachlosen etwas Geld in die Hand drückt und ihn auffordernd anschaut. Dafür soll der Obdachlose ihm eine Flasche Whiskey und ein Big Pack Zigaretten kaufen. Der Junge ist drauf und dran, einen Pfad einzuschlagen, der mit jeder Menge Drogen- und Alkoholproblemen aufwartet. Dieser Weg wird ihn ein paarmal in den Jugendarrest führen, später dann über mehrere Jahre wegen Diebstahls, Raubes und Trunkenheit am Steuer ins Gefängnis. Und schließlich wird ihn ein Verkehrsunfall mit Todesfolge dauerhaft hinter Gitter bringen, bis er fünfunddreißig ist.
Nicht das Schicksal, mit dem er geboren wurde, aber ich kann ihn ja nicht warnen.
Der Obdachlose hat keine Ahnung, was geschehen könnte, wenn er das Geld des Jungen ablehnen würde. Er weiß nicht, dass dieser Schritt ihm so viel Selbstachtung geben würde, dass er die Kraft fände, sein Geld nicht länger für Sprit auszugeben. Mit sozialer Unterstützung würde er zu dem ihm zugeschriebenen Schicksalspfad zurückfinden, einen Job bei McDonald’s bekommen und zehn Jahre später seine eigene Filiale leiten.
Stattdessen nimmt er das Geld und geht in den Laden.
Es ist so entmutigend.
Den Bruchteil einer Sekunde danach bin ich in Reno, Nevada. Im Silver-Legacy-Kasino trinke ich einen doppelten Latte macchiato von Starbucks und beobachte die zweiunddreißigjährige Mavis Hanson, die am Blackjack-Tisch gerade ihre letzten fünfhundert Dollar gegen Chips eintauscht. Mavis hat die vergangenen sechs Stunden Blackjack gespielt und dabei drei Riesen verloren, doch sie kann jetzt nicht aufhören.
Mavis schuldet einer Menge Leuten eine Menge Geld. Aber statt einen zweiten Job anzunehmen oder härter in ihrem Vollzeitjob zu arbeiten und so vielleicht befördert zu werden, hat sie ihr Sparkonto geplündert und ihr Glück im Spielkasino gesucht. Ihr Ziel: all ihre Schulden auf einmal zu begleichen. Jetzt bleiben ihr nur diese fünfhundert Dollar. Sind auch die weg, liegt das einzige Geld, das ihr dann noch gehört, in
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