Schicksal!
Narkoleptiker.
Außerdem schaut er zu viel fern, bewegt sich nie, hat sich seine Haare seit Woodstock nicht mehr gewaschen und trägt immer dasselbe Sex-Pistols-T-Shirt.
»Was für ’ne Sorte Pizza?«, fragt
Völlerei
mit vollem Mund und kaut weiter auf seinem Pastrami-Graubrot-Sandwich herum.
»Keine Ahnung«, erwidert
Faulheit,
»Peperoni und Salami. Vielleicht war’s auch Bacon. Ist das wichtig?«
»Pizza ist wichtig, Alter«, erklärt
Völlerei.
»Pizza ist sogar überaus wichtig.«
Um es auf den Punkt zu bringen:
Völlerei
leidet an Laktoseintoleranz.
Mit seinen fast zweihundert Kilo bei einer Größe von einem Meter achtzig lässt
Völlerei
zwischen den Mahlzeiten nie mehr als ein Viertelstunde verstreichen. Seine Lieblingskleidung? Hawaiihemden und Jogginghosen. Sein Leibgericht? Alles.
Faulheit
rutscht noch tiefer auf seinem Sessel. »Was läuft bei dir, Sergio?«
»So weit nichts Neues«, sage ich. »Ich schaue dabei zu, wie die Menschen schlechte Entscheidungen treffen – je nachdem, was ihr ihnen an Knüppeln zwischen die Beine werft. Und dann weise ich ihnen daraufhin ihr neues suboptimales Schicksal zu.«
Die Frau am Nebentisch wirft mir einen zweifelnden Blick zu. Vermutlich glaubt sie, ich hätte nicht mehr alle Tassen im Schrank. Die muss gerade reden! In neun Jahren wird sie ihren Ex-Mann zerstückeln und ihn an ihre drei Katzen verfüttern.
»Mann, deinen Job möchte ich echt nicht haben«, entgegnet
Faulheit.
»Viel zu viel zu tun.«
Völlerei
muss so lachen, dass ihm Krümel von seinem letzten Sandwich aus dem Mund schießen. »Du hast keine Lust auf Arbeit? Ist ja kaum zu glauben.«
»Als ob du besser wärst, Fettsack!«
»Zumindest bin ich kein Penner.«
»Leck mich.«
»Führe mich nicht in Versuchung«, warnt
Völlerei.
»Ich hab immer noch Hunger.«
Zwei junge schlanke Frauen in Sweatshirts von der New Yorker Uni betreten das Bistro und schauen zu uns hinüber. Als die langbeinige Blondine der drallen Rothaarigen dann etwas ins Ohr flüstert, lachen beide.
Die Blonde wird sich für den
Playboy
ausziehen, sich die nächsten zehn Jahre an einer Karriere als Model und Schauspielerin versuchen und dabei hauptsächlich lange Strandspaziergänge im Sonnenuntergang unternehmen, wenn sie sich nicht von irgendwelchen miesen Typen abfertigen lässt. Der Rotschopf dagegen wird als Hausfrau und Mutter von drei Kindern enden und sich wünschen, sie hätte ihre Mitbewohnerin umgebracht, als sie die Chance dazu hatte.
»Wünscht ihr Jungs euch eigentlich jemals, etwas anderes zu tun?«, werfe ich ein.
»Was zum Beispiel?«, fragt
Faulheit.
»Keine Ahnung. So etwas wie
Stolz
oder
Gerechtigkeit
oder
Ehrlichkeit.
«
»Auf keinen Fall«, erwidert
Faulheit.
»Die haben wirklich stinklangweilige Jobs. Aber so richtig. Obwohl
Stolz
extrem scharf ist.«
»Alter,
Stolz
ist ein Mann!«, sagt
Völlerei.
»Niemals«, behauptet
Faulheit.
Völlerei
trinkt sein Malzbier aus und rülpst: »Und er ist schwul.«
»Niemals«, wiederholt
Faulheit.
»Im Ernst?«
»Wie kannst du das nicht wissen?«, erkundigt sich
Völlerei.
»Immerhin kennt ihr euch seit der Bronzezeit.«
»Stimmt, aber ich dachte immer, er wäre eine Tussi mit kurzen Haaren, die gern Männerkleider anzieht«, rechtfertigt sich
Faulheit.
»Und er sah echt heiß in einer Toga aus.«
»Was ist mit dir,
Völlerei?
«, insistiere ich. »Hast du jemals darüber nachgedacht,
Ehrgeiz, Courage
oder
Mut
zu werden?«
»Mit diesem Körper?« Er schnauft und schaufelt den letzten Rest Kartoffelsalat in sich hinein. »Willst du mich verarschen?«
Als die beiden Studentinnen an uns vorbeigehen, um sich hinzusetzen, lässt die Blonde ein Grunzen hören, das offensichtlich an
Völlerei
gerichtet ist. Sie und der Rotschopf kichern immer noch, als sie bei ihrem Tisch angekommen sind.
Völlerei
schnappt sich meine Cola, trinkt sie leer, stößt auf und pustet den Rülpser in Richtung der Mädchen. Sekunden später haben sie zu lachen aufgehört und stopfen sich so viel Essen in ihre Münder, wie sie nur greifen können.
»Erhaben, Alter«, kommentiert
Faulheit
den Anblick. »Absolut erhaben.«
Obwohl sich ihre Schicksale nicht grundlegend geändert haben, werden die beiden Frauen in den nächsten Monaten mit einer leichten Bulimie zu kämpfen haben.
»Worum geht es hier eigentlich, Sergio?«, hakt
Völlerei
nach. »Bist du auf einen unserer Jobs scharf?«
Ich schüttele den Kopf. Faulheit und Völlerei sind nicht gerade anregend, sosehr ich
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