Schicksalspfad Roman
euch wiederzusehen.«
»Hier, Hoag«, sagt Joanne, nahm die Kappe ab und beugte sich über die Theke, um sie dem Captain aufzusetzen.
»Das war ein Geschenk«, meinte Hoag. »Ich hatte sie nicht zurückerwartet.«
»Dann kannst du sie heute Abend ausleihen«, meinte Joanne. Ihr Busen sprang fast aus dem roten Kleid - ein Anblick, den der Captain höflich mit den Blicken zu meiden versuchte.
»Wo ist denn der dritte Musketier?«, fragte Hoag.
»Cherry hat heute Abend Dienst«, antwortete Grace. »Sie lässt grüßen.«
Dann merkte Grace, dass der Fernseher am Ende der Theke angestellt war. Der Captain schaltete ihn nur zweimal im Jahr ein, für Superbowl und an Silvester. Der Ton war abgestellt, aber Grace konnte sehen, wie die Festlichkeiten auf dem Times Square und auf einer Bühne vor dem Staples Center in Los Angeles langsam in Gang kamen, wo Musikgruppen und Prominente eine Riesenmenschenmenge unterhielten.
Grace wurde mulmig. Dawn im Krankenhaus hatte erwähnt, dass Matt Conner und Tania St. Clair Silvester zusammen irgendwo auftreten würden. Grace hatte es vergessen,
aber mit dem Fernseher direkt vor sich war es ihr wieder eingefallen.
»Kann ich einen doppelten Bourbon haben?«, fragte sie den Captain.
»So gefällst du mir«, meinte Joanne.
Grace machte mit dem Drink kurzen Prozess und bestellte einen weiteren, noch ehe Joanne ihr Guinness halb ausgetrunken hatte.
»Ahhh«, meint Joanne und deutete auf den Fernseher.
Grace blickte hoch.
»Sieh nicht hin«, murmelte Joanne.
»Oh nein, ist schon gut«, meinte Grace. »Ehrlich.«
Das meinte sie ernst. Da stand Matt Conner auf einem roten Teppich in einem schwarzen Smoking mit einem Dreitagebart und wurde interviewt.
»Stell mal lauter, Hoag«, rief Joanne dem Captain zu, der gerade andere Gäste bediente.
»Nein«, protestierte Grace. »Ich will nichts hören.«
»Stimmt«, meinte Joanne. »Ein Foto spricht ja auch tausend Bände.«
Aber Grace war nicht sicher, was er sagen würde. Sie sah einen gesund wirkenden, hoffnungslos gut aussehenden Matt, der einen Arm um Tania St. Clair gelegt hatte, deren letzter Film ein unerwartet großer Kassenerfolg geworden war. Grace musste zugeben, dass sie ein bildschönes Paar abgaben.
»Er sieht glücklich aus«, sagte Grace und war erstaunt und erfreut, dass ihr das nichts mehr ausmachte. Sie freute sich sogar für ihn. Und warum auch nicht? Er hatte so viel durchgemacht, daher verdiente er auch ein bisschen Glück.
»Der sieht aber nicht gerade glücklich aus«, meinte Joanne neben ihr.
Grace sah sie an. »Wie meinst du das?«
»Oh mein Gott!«, stöhnte Joanne. »Sieh mal!«
Grace sah zum Fernseher. Die Kamera war nun auf Tania St. Clairs Hand gerichtet, die sie hochhielt, damit jeder es sehen konnte. An ihrem Finger steckte ein riesiger funkelnder Brillantring.
»Oh mein Gott«, murmelte Grace.
Dann fragte der Interviewer Matt etwas - vermutlich, wie er Tania den Heiratsantrag gemacht hatte, und Matt blitzte ihn mit seinem strahlenden Lächeln an. Grace empfand nichts. Zumindest war sie nicht völlig betrübt, und das war das sicherste Zeichen, dass sie die Vergangenheit hinter sich gelassen hatte und das neue Jahr nun in einer positiven Haltung beginnen konnte. Matts Glück motivierte sie und gab ihr die Kraft, ihr eigenes Glück zu suchen.
»Ich weiß nicht«, meinte Joanne kopfschüttelnd, als sie das Liebespaar auf dem Bildschirm betrachtete. »Er sieht nicht so aus, als wäre er gern dort. Seine Augen sind so traurig.«
Grace wusste, dass Joanne nur versuchte, sie aufzuheitern. Aber das brauchte sie nicht - nicht mehr.
»Mir geht es großartig!«, sagte Grace nun und wippte im Takt zu Frank Sinatras »You make me feel so young.« »Ah, ich liebe diesen Song! Komm, Jo, tanzen wir!« Grace war der Alkohol zu Kopf gestiegen. Sie nahm Joanne bei der Hand und führte sie auf eine freie Fläche zwischen der Bar und den Tischen. Lachend verschränkten sie die Hände und versuchten gemeinsam ein paar Swing-Tanzschritte.
Joanne tanzte nicht halb so gut wie Matt, aber die anderen Gäste wurden aufmerksam, und bald kamen weitere Pärchen auf die Tanzfläche.
»Was meinst du?«, fragte Joanne, »soll ich Hoag um Mitternacht küssen?«
»Ist doch nur fair«, erwiderte Grace und wirbelte Joanne herum.
»Hoffenlich reagiert er besser als ich auf dem Boot.«
»Der mag dich wirklich«, sagte Grace und zog Joanne enger zu sich. »Hast du gemerkt, wie er strahlte, als wir hereinkamen?«
»Meinst
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