Schicksalspfad Roman
Nasenrücken.
»Matt!«, hatte Grace gerufen, und Matt hatte sie angeblickt und war erstarrt, als würde er sie zwar erkennen, aber nicht richtig.
Dann war Lavender aufgestanden und hatte Grace hinaus auf den Flur geführt.
»Er muss es einfach loswerden«, sagte Lavender und wechselte in die Rolle des diplomatischen Rock-Managers. »Er ist bei der Nachricht einfach ausgerastet. Verständlicherweise. Bitte entschuldigen Sie die Störung. Wir kommen natürlich für alles auf.«
Eine knappe Stunde später wurden aus bisher unbekannten Gründen alle Schlüsselfiguren benachrichtigt
und in die Pavarotti-Suite beordert. Einer nach dem anderen erschienen sie. Als Letzter kam Daras um Viertel nach elf in einem Smoking, denn man hatte ihn von einer Wohltätigkeitsveranstaltung für den Bürgermeister weggerufen.
Grace versuchte im Schwesternzimmer, Cherry zu erreichen. Sie hinterließ drei Nachrichten, sie anzurufen, falls sie mit jemandem reden wollte.
Als die Matt-Conner-Sitzung vorbei war, fing Grace den Blick von Judy Putnam auf, die gerade mit ihrem fantastischen Laufsteg-Gang am Schwesternzimmer vorbeirauschte. Sie bedeutete Grace, ihr zu folgen. Auf dem Weg zum Aufzug berichtete ihr Judy knapp von dem Geschehen.
»Grundsätzlich hat Dr. Daras zugestimmt, dass Matt noch ein paar Monate Ruhe und Therapie braucht, und Matt fand das in Ordnung. Aber auch wenn er diesen Film nicht drehen würde, würde er verdammt nochmal nicht in diesem fürchterlichen Krankenhaus bleiben - das waren seine Worte, nicht meine. Er verlangte, sofort entlassen zu werden. Daras stimmte zu, und Yvette Soffian entschied, morgen früh eine Pressemitteilung herauszugeben.«
»Eine Pressemitteilung?«, fragte Grace. »Aber dann erfahren es sämtliche Medien, und die Reporter schwirren überall hier herum.«
»Nein«, erwiderte Judy, »entschuldigen Sie, aber das habe ich nicht genau erklärt. Matt Conner wird in der nächsten Stunde das Krankenhaus verlassen - mitten in der Nacht. Das ist alles bereits arrangiert, und zwar mit Zustimmung von Dr. Daras.«
»Oh.« Grace spürte, wie sich ihr Magen zusammenkrampfte. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. In einer Stunde? Er sollte doch erst in ein paar Tagen entlassen werden. »Danke, Judy«, war alles, was sie herausbrachte. Da waren sie beim Lift angekommen.
»Oh, ja«, fügte Judy noch hinzu, als die Türen sich öffneten. »Ich brauche eigentlich nicht zu erwähnen, dass der Vorfall heute mit Mr. Donahue sich nicht wiederholen darf. Das wirft ein schlechtes Licht auf die ganze Station und das Krankenhaus. Also bitte, immer die Patientenkarten sorgfältig lesen. Okay?« Judy ließ noch einmal ihr gewinnendes professionelles Lächeln aufblitzen, ehe die Türen des Lifts sich schlossen.
27
U m halb zwei in der Frühe setzte Grace sich an den Computer im Schwesternzimmer und trug die letzten Daten zu Matts Kopfschmerzen nach: Datum und ten Daten zu Matts Kopfschmerzen nach: Datum und Zeitpunkt, Schwere, die verabreichten Medikamente und deren Wirkung. Sie konnte die ungeheure Traurigkeit wegen Matts Entlassung kaum unterdrücken. Es war ein Gefühl, als würde ihr das Herz brechen, als würde eine Gelegenheit ungenutzt vergehen. Nicht nur eine Gelegenheit, sondern eher ein Traum, ein wunderbarer Traum.
Was sollte sie zu ihm sagen, wenn er auf dem Weg nach draußen an ihr vorbeiging? Würde er sie überhaupt erkennen?
Sie versuchte vergeblich, sein Fortgehen nicht persönlich zu nehmen. Wenn er sie tatsächlich mochte, würde er doch nicht vorzeitig gehen, oder? Er würde lieber bleiben, einfach, um in ihrer Nähe zu sein. Das sagte sie sich jedenfalls.
Um Punkt zwei Uhr tauchte Michael Lavender aus der Pavarotti-Suite auf und kam zu Grace ins Schwesternzimmer.
»Er will mit Ihnen reden«, sagte er zu Grace.
»Wie bitte?«, fragte Grace.
»Matt. Er will mit Ihnen reden.«
Grace sah, dass Lavender über diesen Auftrag nicht froh war, dass Matt ihn aber überstimmt hatte.
»Worum geht es?«, fragte sie.
»Na, raten Sie mal«, antwortete Lavender.
Grace hatte keine Ahnung, was er damit meinte, war aber fest entschlossen, Haltung zu bewahren. Als sie wie üblich rasch und beherrscht den Gang entlangging, spürte sie Lavenders Blick im Rücken. Sie fragte sich unsicher, was sie nun erwartete.
Matt trug Jeans und ein weißes T-Shirt, hatte einen Koffer neben sich und einen Zweitagebart in seinem gut geschnittenen Gesicht. Er wirkte wieder gebräunt, obwohl er seit Wochen nicht mehr in der
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