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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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Pilgerreise durch die Wüste zu unternehmen.
    »Ich habe mich schon gefragt, wann es dir endlich klar wird«, sagte sie nur, aber Tuvok bemerkte, dass sie sich von ihm abwandte, als wollte sie ihm keine Gelegenheit geben, ihren Gesichtsausdruck zu sehen.
    Seine Mutter erhob Einwände, was ihn kaum überraschte.
    »Erneut sehnst du dich nach Isolation. Die Lektionen des Lebens lernt man nicht auf diese Weise, Tuvok. Distanz und Abgeschiedenheit sind die einfachen Wege. Viel schwerer ist es, Teil der Welt zu sein.«
    Inzwischen war Tuvok alt und erfahren genug, um zu
    begreifen, dass seine Mutter ihn aus Prinzip herausforderte, ihn dadurch zwang, seine Entscheidungen zu überdenken und rational zu prüfen. Wenn er seine Absicht verkündet hätte, zur Erde zurückzukehren und dort wieder am geschäftigen Leben der Menschen teilzunehmen, so wäre sie sicher bereit gewesen, auch das in Frage zu stellen.
    Trotz allem wusste Tuvok die Methodik seiner Mutter zu schätzen, denn es kam Weisheit in ihr zum Ausdruck. Wenn eine Entscheidung einer logischen Überprüfung standhielt, so gab es nichts an ihr auszusetzen.
    M’Fau schien die Angelegenheit einer noch gründlicheren Prüfung unterziehen zu wollen. Als er ihr in einem steinernen Zimmer des Tempels gegenübersaß, funkelten ihre zeitlosen schwarzen Augen. »Jeder kann sich auf eine Pilgerreise zum Seleya begeben«, sagte sie in einem sonderbar
    herausfordernden Tonfall. »Es finden täglich Flüge statt.«
    »Ich habe nicht die Absicht, ein Transportmittel zu
    benutzen«, erwiderte Tuvok ruhig. »Ich werde die Pilgerreise auf traditionelle Weise hinter mich bringen, mit einem Marsch durch die Wüste.«
    M’Fau antwortete nicht sofort und Tuvok lauschte dem leisen Pfeifen ihres Atems. Sie war jetzt so alt, dass die dünne Luft Vulkans für sie zur Last wurde – ihre Lungen mussten sich anstrengen, um genug Sauerstoff zu bekommen. Für Tuvok hörte es sich an wie eine Brise in den Segeln eines alten Schiffes.
    »Die Wüste ist gefährlich«, sagte M’Fau schließlich. Als Tuvok auf diese Worte reagieren wollte, fuhr sie fort: »Die physischen Gefahren kennst du natürlich. Hitze, Sonne, Tiere…« Sie maß ihn mit einem nachdenklichen Blick. »Mit
    ›traditionell‹ meinst du vermutlich, dass du nur die rituellen Gegenstände mitnehmen willst, oder?«
    Er nickte knapp.
    »Nun, es gibt noch andere Gefahren, Tuvok. Gefahren des Geistes. Sie können mehr Schaden anrichten als ein hungriger Lematya.«
    »Ich bin bereit, mich allen Erfordernissen zu stellen«, sagte Tuvok schlicht. Er wollte dieses Gespräch so schnell wie möglich hinter sich bringen, um mit den Vorbereitungen zu beginnen. Aber er wusste auch, dass er ohne M’Faus Segen nicht aufbrechen konnte.
    »Daran zweifle ich nicht. Aber du kennst nicht alle
    Erfordernisse, oder? Und daher kannst du auch nicht für sie bereit sein. Genau darum geht es mir.«
    Tuvok rutschte auf seinem Stuhl ein wenig zur Seite und wünschte nur das Ende der Begegnung herbei. »Ich bereite mich auf das vor, was sich voraussehen lässt. Und ich werde versuchen, auch für das Unerwartete gewappnet zu sein.«
    M’Fau schlug so plötzlich zu wie eine Sandviper – von einem Augenblick zum anderen war sie in Tuvoks Bewusstsein. Ihr jäher geistiger Vorstoß überraschte ihn und er unterdrückte den Reflex, sich abzuschirmen, öffnete sich stattdessen der Sondierung. Die alte Vulkanie-rin sah sich in seinem Selbst um, untersuchte alle Ecken und Winkel, wie ein Forscher, der geduldig durch ein Höhlensystem kletterte, alle Abzweigungen und Tunnel verzeichnete. Es gefiel ihm nicht, dass M’Fau seine Privatsphäre auf diese Weise verletzte, und er musste mehrmals tief durchatmen, um auf dem Stuhl sitzen zu bleiben.
    Schließlich zog sich die Priesterin zurück und bedachte ihn mit einem sonderbaren Blick. Ihr Gesichtsausdruck ließ sich kaum deuten. Zeigte er Zufriedenheit? Oder Herablassung?
    »Wie ich es mir dachte. Du hast eine Phantasievorstellung in Hinsicht auf die Wüste. Du gibst dich einem romantischen Spiritualismus hin, einem metaphysischen Idealismus, der nur wenig mit der Realität zu tun hat. Du weißt nicht, wie die Wüste wirklich ist.«
    »Ich verstehe nicht, wie ich mit etwas vertraut sein soll, das ich noch nicht erfahren habe«, erwiderte Tuvok. »Das ist für mich ebenso unmöglich wie für jede beliebige andere Person.«
    Er musterte M’Fau. »Haben Sie jemals die Wüste
    durchquert?«
    Es verstrichen einige Sekunden,

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