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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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viele Hinweise darauf, dass er nicht allein war. Spuren im Sand, Kot, Sporen, die in der heißen Luft schwebten…
    Die Wüste war keineswegs leblos. Es gab Geschöpfe in ihr und damit eine Möglichkeit für Tuvok, Flüssigkeit
    aufzunehmen.
    Er stand vor Sonnenuntergang auf, als ihm noch etwa eine Stunde Tageslicht blieb, das er für die Jagd brauchte. Um diese Zeit waren kleinere Tiere aktiv, bevor sie sich vor den nächtlichen Räubern verstecken mussten. Tuvok suchte, bis er schließlich frische Spuren fand, die zu einer Mulde im Sand führten. Es handelte sich um den Bau eines Merak, eines kleinen, katzenartigen Tiers. Es war klein genug, um recht leicht erlegt zu werden, aber auch groß genug, um ausreichend Blut zu enthalten. Außerdem konnte er das Fleisch nutzen, um neue Kraft zu gewinnen.
    Er nahm hinter der Mulde im Sand Platz und begann, mit der Faust in regelmäßigen Abständen auf den Boden zu klopfen.
    Auf diese Weise schuf er eine Vibration, die die Meraks im Bau stören und verwirren sollte. Schließlich, würde einer von ihnen das Nest verlassen, um nach dem Rechten zu sehen.
    Fast eine Stunde lang klopfte Tuvok. Mehrmals wechselte er die Hände, pochte auch mit den Füßen. Nach einer Weile fragte er sich, ob die alten Geschichten der Wahrheit entsprachen oder er sich zum Narren machte, indem er im Sand saß und wie ein Irrer auf den Wüstenboden trommelte.
    Doch schließlich bemerkte er eine Bewegung. Etwas Sand rutschte beiseite und eine lange, spitz zulaufende Schnauze erschien, wandte sich nach rechts und links, auf der Suche nach dem Ursprung des Pochens. Wenige Sekunden später kam der ganze Kopf aus der Mulde hervor. Die vorstehenden Augen blickten argwöhnisch, aber zum Glück nicht in Tuvoks Richtung. Die Schultern folgten, dann der Rest des
    gedrungenen Leibs.
    Das Messer stieß zu und der neugierige Merak starb
    innerhalb eines Sekundenbruchteils. Tuvok drehte das Tier, schlitzte ihm den Bauch auf, hob es an die Lippen und trank warmes Blut. Es hatte einen salzigen, aromatischen
    Geschmack und er schluckte gierig, um möglichst viel davon zu trinken, bevor es gerann. Anschließend häutete er das Tier, schnitt das Muskelfleisch von den Knochen und aß es roh, in kleinen, sorgfältig gekauten Stücken.
    Nie zuvor hatte er ein Tier erlegt. Seit der Zeit von Surak lebten die Vulkanier streng vegetarisch. Tuvok hatte von den Ernährungsgewohnheiten der Vorfahren gelesen, der
    Wüstenbewohner, und er war einfach davon ausgegangen, dass er ihrem Beispiel folgen konnte. Jetzt begriff er, wie primitiv und barbarisch es war, ein Tier zu töten, und es erstaunte ihn, dass er tatsächlich dazu in der Lage war. Aber genauso gut hätte er trotz der Notwendigkeit eines solchen Verhaltens versagen können.
    Nun, solche Überlegungen erübrigten sich jetzt. Fest stand: Tuvok hatte so gehandelt, wie es die Umstände erforderten, und zwar ohne irgendwelche Probleme. Er dachte darüber nach und nahm zur Kenntnis, dass dieses Gebaren gut zum noch immer ungelösten Rätsel passte. Warum hatte er sich auf all dies eingelassen? Und welches Resultat mochte sich daraus ergeben?
    Nach zwei weiteren Wochen in der Wüste gab es noch immer keine Antworten auf diese Fragen. Tuvok hatte zwei weitere Male getötet, Blut getrunken und rohes Fleisch gegessen. Zwar war er nicht so kräftig wie zu Beginn der Reise, aber er kam auch weiterhin gut voran und legte in jeder Nacht viele Kilometer zurück.
    Im Morgengrauen und während der Abenddämmerung – nur
    bei diesen beiden Gelegenheiten sah er Licht in der Wüste –
    bemerkte er, dass sich die Farbe des Sandes allmählich veränderte. Das Rostrot verblasste immer mehr, gewann den Ton von wässrigem Tee, ein helles Braun, in dem sich hier und dort etwas dunklere Flecken zeigten. Tuvok wusste, was das bedeutete: Er näherte sich dem Bereich des weißen Sands, der den Seleya umgab. Mit dieser Feststellung ging ein Äquivalent von Freude einher. Er glaubte, seine Reise sei bald zu Ende, obwohl sie in Wirklichkeit gerade erst begann und die schwersten Prüfungen noch auf ihn warteten.
    Schließlich wusste er nicht mehr, wie lange er schon durch die heiße Endlosigkeit unterwegs war. Es gab nur die Wüste, eine weite Ebene aus Sand, der mit jedem Tag weißer wurde. Die Zeit schien ihre Bedeutung zu verlieren, als Tuvok immer wieder einen Fuß vor den anderen setzte, während er den Horizont nach dem ersten Auftauchen des Seleya absuchte.
    Tagsüber schlief oder döste er,

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