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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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Simon glaubte, Kalle im fahlen Licht des Monds grinsen zu sehen. Es war auch der geeignete Platz für heimliche Lauscher wie sie, die sich bäuchlings hinter altem Gesträuch verbargen.
    Ruderschläge näherten sich dem Strand. Die Ankömmlinge gaben sich keine Mühe, unbemerkt zu bleiben. Eilig sprangen sie aus dem Boot, wateten durch das flache Wasser zu dem Wartenden.
    »Ihr kommt spät«, begrüßte der Mann sie auf Dänisch. Irgendetwas an dieser Stimme kam Simon vertraut vor, aber er wusste es nicht klar zu deuten. War es der leichte Kopenhagener Zungenschlag, den er im letzten Jahr täglich gehört hatte? Oder nur die Erinnerung an seinen Großvater, der die Worte ähnlich betonte?
    »Wir wollten nicht von der Kogge gesehen werden«, antwortete der größere der beiden Ankömmlinge ebenfalls auf Dänisch. »Gefällt mir gar nicht, dass hier nachts Schiffe kreuzen. Gibt es Neuigkeiten von Wippermann?«
    »Ich habe Claas seit Tagen nicht gesehen. Aber morgen treffe ich ihn.«
    Simons Herz schlug schneller. Claas hatte die Dänen also noch nicht erreicht.
    »Was ist mit dem jungen Wickede?«, fragte der andere. »Ist der wieder aufgetaucht?«
    »Ich weiß es nicht. Einiges spricht dafür, denn vorgestern ist die Elisabeth in Heiligenhafen eingelaufen. Das Flaggschiff der Wickedes. Ich habe es aber nur aus zweiter Hand erfahren, ich war noch nicht wieder in der Stadt.«
    »Dann sieh zu, dass du uns morgen Nacht frischere Neuigkeiten bringst«, stieß sein Gegenüber ungehalten hervor. »Wenn Wickede sein Gedächtnis wiedergefunden hat, bleibt uns nicht viel Zeit.«
    »Wann kann die Flotte angreifen?«
    Der Mann schnaubte. »In drei Tagen.«
    »Vielleicht wäre es gut, nicht mehr länger zu warten.«
    »Vielleicht. Ich warte auf deinen Bericht morgen.«
    Knirschen im Sand, Schritte, die sich entfernten. Anscheinend war das Gespräch beendet. Simon hob vorsichtig den Kopf. Während die Männer zu ihrem Boot zurückkehrten, wollte sich der Gefährte am Strand ins Buschwerk schlagen. Kalle stieß Simon mit dem Ellbogen an. Der nickte. Dieser Fang war allzu verlockend. Beim ersten Plätschern der Ruderblätter kamen sie auf die Füße. Ein schneller Sprung vorwärts, Kalle erreichte den Spion als Erster, packte ihn von hinten und verschloss ihm den Mund mit der Hand. Im nächsten Augenblick war Simon bei ihm und half ihm, den überraschten Gegner zu Boden zu ringen. Seine Genossen, die inzwischen schon weit hinausgerudert waren, bemerkten nichts.
    Sie fesselten ihn mit seinem eigenen Gürtel und stopften ihm einen Knebel aus seinem Sacktuch in den Mund, dann zerrten sie ihn auf die Beine. Simon fiel auf, dass der Mann jünger war, als er vermutet hatte, auch wenn er dessen Gesichtszüge in der Dunkelheit nur schemenhaft erkennen konnte. Er war höchstens Anfang zwanzig.
    »Da ha’m wir ja mal wieder fette Beute gemacht«, sagte Kalle zufrieden. »Der wird uns schon sagen, wo der Claas abgeblieben ist.«
    »Und wenn nicht, stellst du mit ihm das Gleiche an wie mit Seyfried, was?«
    »Ja, das hat Spaß gemacht.« Kalle lachte. »Na, dann schaffen wir ihn mal nach Heiligenhafen.«
    Der Gefangene leistete keinen Widerstand. Allzu willig ließ er sich von seinen Häschern aufs Boot bringen. Kalle schien es kaum wahrzunehmen, aber Simon wurde misstrauisch. Genauso hätte er auch gehandelt. Sich scheinbar in sein Schicksal ergeben, aber nach der erstbesten Gelegenheit zur Flucht suchen. Bevor sie ins Boot stiegen, überprüfte er noch einmal die Fesselung, doch alles war in Ordnung. Der Gefangene musste sich ebenso wie zuvor Seyfried bäuchlings auf den Boden legen. Auch das tat er, ohne zu widerstreben. Simon wurde immer misstrauischer, aber der Däne unternahm nichts, das irgendwie auf Flucht hingedeutet hätte.
    Sie erreichten Heiligenhafen eine gute Stunde nach der Elisabeth . Jannick erwartete sie schon ungeduldig am Hafen.
    »Ich habe mir verdammte Sorgen um dich gemacht!«, fuhr er seinen Bruder an, kaum dass sie das Boot vertäut hatten.
    »Wir hatten noch etwas zu erledigen«, entgegnete Simon. Kalle zog den Gefangenen hoch und ließ ihn an Land gehen.
    »Wen bringt ihr da?« Beim Anblick des Gefangenen verrauchte Jannicks Zorn.
    »Einen dänischen Spion.« Kalle grinste. »Und diesmal einen echten, keinen falschen.«
    Jannick leuchtete dem Dänen mit seiner kleinen Laterne ins Gesicht. Da erst erkannte auch Simon die Gesichtszüge deutlich - er war noch keine zwanzig. Aber nicht das war das Erschreckende. Wie hatte

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