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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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gab er zu. »In seinem Alter ließ ich mich gern von meiner Wut treiben.«
    »Und manchmal tust du das heute noch.« Jannick lächelte. »Keine Sorge, ich bin nicht rührselig geworden, aber Magnus ist trotz allem unser Vetter, und er glaubt, das Richtige zu tun. Hab ein Auge auf ihn!«
    »Nicht nur eins, sondern alle beide.«
    »Vier Augen«, ergänzte Kalle. »Ich bleib heut Nacht auch hier. Lohnt ja kaum noch, die Sonne geht bald auf.«

23. Kapitel
    W ie stets bot die Adela einen erhabenen Anblick, als sie mit dem ersten Morgenlicht einlief. Brida stand am Fenster ihrer Kammer und blickte zum Hafen hinüber. Während die Kogge ihres Vaters festmachte, wurde die Elisabeth abermals beladen. Simon hatte den ganzen Tag und die halbe Nacht gearbeitet, um die Fuhren sicher nach Cismar zu befördern. Tags zuvor hatte sie ihn überhaupt nicht mehr zu Gesicht bekommen, und der heutige Tag versprach kaum Änderung.
    Die Tür neben ihrer Kammer klappte. Simons Schwester war anscheinend auch schon auf den Beinen. Brida lächelte still vor sich hin. Sie mochte Barbara, die sie so stark an Simon erinnerte, als wäre sie sein weibliches Spiegelbild. Liebenswert und ungezähmt zugleich.
    In den letzten Tagen war es Brida immer besser gelungen, das Bild von Erik mit dem von Simon zu vereinen. Erik war verunsichert gewesen, hilflos, ohne Erinnerung. Simon war das Gegenteil, manchmal ein wenig zu heißblütig, aber in tiefster Seele ein sanfter Mensch, der seine eigene Verwundbarkeit hinter seiner Hitzköpfigkeit verbarg.
    Nun schlug auch die Haustür auf und gleich wieder zu. Brida sah, wie Barbara zum Hafen hinunterging. Ein bisschen zu schnell für eine Tochter aus gutem Haus, aber nicht ganz so eilig, wie Brida immer der Adela entgegengelaufen war. Die Adela  … Brida seufzte. Am liebsten wäre sie ebenfalls sogleich zum Hafen gestürmt, aber der Gedanke an Cunard und die Kränkung, die sie ihm zugefügt hatte, schnürte ihr die Brust zu. Ob sie ihm jemals wieder unbefangen gegenübertreten konnte?
    Zu Bridas Überraschung war Barbaras Ziel nicht die Kogge ihres Bruders, die bald wieder in Richtung Cismar auslaufen sollte, sondern die Adela . Anders als sie selbst wartete Simons Schwester in vornehmer Zurückhaltung, bis das Anlegemanöver geglückt und der Steg ausgefahren war. Wollte sie etwa an Bord gehen? Das wäre in der Tat eine Unschicklichkeit gewesen, denn außer Cunard kannte Barbara kein einziges Besatzungsmitglied.
    Nein, sie wartete. Cunard stand an Deck. Er war zu weit entfernt, als dass Brida seinen Gesichtsausdruck erkennen konnte, aber sie war sicher, dass er Barbara zulächelte. Dann verschwand er kurz in seiner Kajüte und kehrte mit einem kleinen Sack zurück. Hatte er für Barbara einen Botengang erledigt? Wartete sie deshalb so ungeduldig am Hafen? Oder sah sie in dem jungen Kapitän mehr als einen ansehnlichen, höflichen Mann von Welt, wie sie ihn einmal beschrieben hatte?
    Von unten rief Marieke. Das Morgenmahl war fertig. Seit Jannick und Barbara im Haus des Kapitäns zu Gast waren, wurde die erste Mahlzeit des Tags gemeinsam eingenommen, anders als früher, als sich jeder selbst in der Küche bedient und sich dann seinen Aufgaben gewidmet hatte.
    Jannick und Vater saßen schon am Tisch, als sie sich zu ihnen gesellte.
    »Schläft Barbara noch?«, fragte Jannick.
    Brida schüttelte den Kopf. »Sie ist an den Hafen gegangen, um der Adela beim Anlegen zuzuschauen.«
    Zwei tiefe Falten furchten Jannicks Stirn.
    »Kommt Simon auch zum Frühstück?« Brida setzte sich und nahm ein Stück Brot.
    »Nein, er will so früh wie möglich absegeln. Wenn wir Glück haben, ist heute Nacht alles von Wert in Cismar und in Lübeck.«
    »Ihr seid gestern erst spät zurückgekommen«, ergriff Kapitän Hinrich das Wort. »Gab es Schwierigkeiten?«
    Ein Lächeln huschte über Jannicks Züge. »Einige. Aber die sind zu bewältigen.«
    »Ihr wollt nicht darüber sprechen?«
    »Noch nicht.« Jannick langte nach der Wurst. »Jedenfalls nicht, wenn ein so köstliches Morgenmahl vor mir steht.«
    »Also doch was Ernstes«, brummte Hinrich.
    In der Diele hörten sie Schritte und Stimmen. Barbara kehrte zurück, und Kapitän Cunard folgte ihr auf dem Fuß.
    »Guten Morgen!«, rief sie fröhlich. Jetzt sah Brida auch, was Cunard ihr mitgebracht hatte, denn Barbara hielt einen unverarbeiteten Zobelpelz in Händen, an dem noch der Kopf und die buschige Rute hingen.
    »Ist der nicht schön?« Sie hielt Brida den Pelz entgegen.

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