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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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Erinnerungsfetzen eine neue Geschichte zusammenzustückeln. Der erstbeste Name, der ihm eingefallen war, wurde zu seinem gemacht. Die Erinnerung an seinen Großvater und Vordingborg zu seiner Heimat. Seine Zweisprachigkeit hatte ihm die deutsche Mutter eingetragen. Aber auf jeden Fall war er für alle der Däne. Er bezweifelte nicht, dass es so war, aber eine Unsicherheit blieb. Warum erfüllte ihn der Gedanke an Vordingborg mit einer kaum fassbaren Angst? Was war in Vordingborg geschehen? War er wirklich ein Kaufmann, der sein Schiff im Sturm verloren hatte? Woher stammte dann die Schwertverletzung?
    Was, wenn er in Wirklichkeit aus Vordingborg geflohen war?
    Wasser läuft am rauen Mauerstein hinab, an den Wänden hängen Ketten. Es riecht nach Moder, Fäulnis und Angst …
    Immer wieder dieses verfluchte Bild! War er aus Vordingborg geflohen? Aus einem Kerker etwa? Nein, das war unwahrscheinlich. Dann hätte er die Dokumente, die das persönliche Siegel des dänischen Königs trugen, nicht bei sich gehabt. Aber waren es überhaupt die seinen? Brida hatte sie treibend in der Ostsee gefunden. Vielleicht war es nur ein Zufall. Andererseits, weshalb war ihm dann der Name Erik beim Anblick des Siegels eingefallen? Und für einen Mann, der aus der Kerkerhaft geflohen war, befand sich seine Kleidung in viel zu gutem Zustand.
    Dann war da noch die Frau, von der er immer wieder träumte. War sie der Schlüssel zu allem? War er gemeinsam mit ihr geflohen? Aber was war mit ihr geschehen? War sie ertrunken? Oder hatte irgendein Fischerboot sie gerettet? Verdammt, warum hatte er nur kein scharfes Bild vor Augen? Warum konnte er sich weder an ihren Namen noch an seine Gefühle für sie erinnern?
    Am Nachmittag kam Brida. Diesmal ohne Marieke.
    »Danke, du kannst uns allein lassen«, sagte sie zum Wächter, kaum dass der Eriks Zelle aufgeschlossen hatte.
    Der Mann zögerte. »Ihr wollt allein bei ihm bleiben?«
    Mit einem Ruck drehte Brida sich um, ihre Augen blitzten. »Selbstverständlich. Was glaubst du denn? Dass er wie ein wildes Tier über mich herfällt? Wenn du nach wilden Tieren suchst, dann wende dich lieber denen zu, die ihn so zugerichtet haben!«
    »Ich dachte ja nur …«
    »Denk draußen weiter!«, unterbrach Brida ihn ungehalten. »Ich habe keine Geduld für solchen Unfug.«
    Der Wächter war klug genug zu wissen, wann es geraten war, den Rückzug anzutreten.
    Erik grinste. Welch eine Frau.
    Brida sah sein Grinsen, und zu seiner Überraschung errötete sie.
    »Ich … äh …«
    »Keine Rechtfertigungen für gerechte Worte«, entgegnete er immer noch grinsend. »Ich bewundere Eure Art, Euch durchzusetzen, Jungfer Brida.«
    Konnte es sein, dass er sie noch verlegener gemacht hatte? Das lag nun wirklich nicht in seiner Absicht.
    »Ich danke Euch, dass Ihr gekommen seid«, sagte er, um die lastende Stille zu durchbrechen. »Bitte setzt Euch doch!«
    Sie folgte seiner Aufforderung.
    »Claas sagte, Ihr braucht meine Hilfe.«
    »Jungfer Brida, ich hätte auch gesagt, dass ich Euch brauche, wenn ich völlig unversehrt wäre.« Er lächelte sie an, und sie errötete abermals. Irgendetwas machte er falsch.
    »Also geht es Euch den Umständen entsprechend gut?«, fragte sie leise.
    »Den Umständen entsprechend. Aber ich muss mit Euch reden. Sagt, vertraut Ihr dem Stadtrat?«
    »Claas? Ja, natürlich. Ich kenne ihn seit meiner Kindheit. Er ist ein aufrechter, anständiger Mann. Hochgeachtet, und auch mein Vater hält große Stücke auf ihn.«
    »Das mag sein. Zugleich ist er jedoch eine Amtsperson. Brida, ich möchte Euch etwas fragen, und ich möchte Eure ehrliche Meinung hören. Aber versprecht mir, es nicht an den Stadtrat weiterzugeben. Das müsst Ihr mir überlassen.«
    Ihre Augen blitzten überrascht. »Wisst Ihr wieder, wer Ihr seid?«
    »Nein, ich weiß nicht mehr als das, was ich Euch gestern erzählte. Aber da gibt es noch etwas. Keine wirkliche Erinnerung, sondern nur ein Gefühl. Werdet Ihr es für Euch behalten?« Er sah sie eindringlich an, und schließlich nickte sie.
    »Ich habe mich bislang nur an Bruchstücke erinnert, an nichts von wirklicher Aussagekraft. Aber es hat gereicht, dass Ihr Euch ein Bild von mir gemacht habt. Ihr glaubt, ich sei in Vordingborg zu Hause, möglicherweise das Mitglied einer Kaufmannsfamilie, und mein Schiff sei im Sturm untergegangen.«
    »Das ist doch einleuchtend, oder nicht?«, fragte sie.
    »Ja, aber da gibt es einige Dinge …« Er zögerte. Sollte er sich ihr

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